Energiegespräch mit Markus Craul
In diesem Energiegespräch mit Prof. Dr. Eduard Heindl spricht Markus Craul, ein erfahrener Experte im Bereich Energie- und Rohstoffhandel, über die aktuellen Entwicklungen in der Energiewirtschaft, insbesondere über Wasserstoff, Energiehandel und die Herausforderungen der Energiewende. Craul, der nach einer Bankausbildung und Tätigkeiten im Risikomanagement bei Saudi Aramco und RWE die Beratungsfirma Drasdo Collegen & Partner gründete, bietet fundierte Einblicke in die komplexen Zusammenhänge von Energiemärkten und Klimaneutralität.
Wasserstoff: Die Farbenlehre der Energiewende
Ein zentrales Thema des Gesprächs ist Wasserstoff, der als Schlüssel für die Energiewende gilt. Craul erklärt die verschiedenen „Farben“ des Wasserstoffs, die sich nach Herstellungsverfahren und CO₂-Belastung unterscheiden. Grauer Wasserstoff wird durch Dampfreformierung aus Erdgas gewonnen, ein weitverbreitetes, aber CO₂-intensives Verfahren. Blauer Wasserstoff nutzt ebenfalls Erdgas, speichert jedoch das entstehende CO₂ unterirdisch mittels CCS-Technologie (Carbon Capture and Storage). Türkiser Wasserstoff entsteht durch Methanpyrolyse, bei der fester Kohlenstoff anstelle von CO₂ anfällt, was ihn klimafreundlicher macht. Grüner Wasserstoff, der „Champagner der Energiewende“, wird durch Elektrolyse mit Strom aus erneuerbaren Quellen wie Wind oder Sonne hergestellt und ist vollständig CO₂-neutral. Weitere Varianten wie roter (aus Kernenergie) oder gelber Wasserstoff (aus einem unklar definierten Strommix) werden ebenfalls erwähnt. Craul betont, dass grauer Wasserstoff derzeit am günstigsten ist, da er etwa neunmal weniger Strom als grüner Wasserstoff benötigt.
Herausforderungen der Wasserstoffwirtschaft
Die Herstellung und der Transport von Wasserstoff stellen große Herausforderungen dar. Grüner Wasserstoff ist aufgrund hoher Stromkosten und der teuren Elektrolyseure deutlich teurer, mit Produktionskosten von etwa 4,50 bis 8 Euro pro Kilogramm. Für den Transport wird Wasserstoff oft in Ammoniak umgewandelt, was zusätzliche Energie erfordert. In Deutschland würde der importierte Ammoniak wieder in Wasserstoff zurückverwandelt, was die Prozesskette komplex und energieintensiv macht. Craul hebt hervor, dass Wasserstoff besonders in Brennstoffzellen effizient genutzt werden kann, um Strom zu erzeugen, jedoch sind viele Anlagen noch nicht „wasserstoffready“, da Wasserstoff korrosiv ist und Anpassungen erfordert.
Energiemärkte und Preisbildung
Im Bereich des Energiehandels erläutert Craul die Funktionsweise der Strombörse, insbesondere der EEX in Leipzig. Dort werden Terminkontrakte für Strom (Futures) gehandelt, von Jahres- bis Tagesprodukten. Die Preisbildung folgt dem Merit-Order-Modell, bei dem der Preis durch das teuerste eingesetzte Kraftwerk bestimmt wird, oft Gaskraftwerke. Erneuerbare Energien wie Wind und Sonne haben nahezu keine Grenzkosten, was bei hohem Angebot zu negativen Strompreisen führen kann. Dies stellt eine Herausforderung für die Zukunft dar, wenn der Ausbau erneuerbarer Energien weiter zunimmt. Craul betont, dass Speichertechnologien wie Pumpspeicherkraftwerke oder Elektrolyseure notwendig sind, um Überschussstrom sinnvoll zu nutzen.
Klimaneutralität und globale Herausforderungen
Die Diskussion über Klimaneutralität zeigt die globalen Unterschiede auf. Während Deutschland nur etwa 2 % der weltweiten CO₂-Emissionen verursacht, wachsen die Emissionen in Ländern wie China und Indien durch den Ausbau fossiler Kraftwerke. Craul schlägt vor, dass ein globaler CO₂-Preis oder Zölle auf CO₂-intensive Produkte die Wettbewerbsfähigkeit grüner Technologien steigern könnten. Allerdings warnt er vor Handelshemmnissen, die durch solche Maßnahmen entstehen könnten. Die EU fördert klimaneutrale Technologien durch den Green Deal und die EU-Taxonomie, die bestimmte Energiequellen wie Kernkraft und Erdgas unter Auflagen als „grün“ klassifiziert, um Investitionen in nachhaltige Projekte zu lenken.
Zukunft der Energieversorgung
Blickend in die Zukunft (z. B. 2050) glaubt Craul, dass fossile Brennstoffe weiterhin eine Rolle spielen werden, da die globale Umstellung auf erneuerbare Energien Zeit benötigt. Kernenergie wird in vielen Ländern weiter genutzt, da sie eine zuverlässige und CO₂-arme Energiequelle darstellt. Fortschritte in der Kernfusion könnten langfristig eine Rolle spielen, sind aber noch nicht serienreif. Elektromobilität und Wasserstofftechnologien werden zunehmen, doch der Übergang wird von wirtschaftlichen und politischen Anreizen abhängen.
Finanzierung und Investitionen
Die Finanzierung erneuerbarer Energien wird durch die EU-Taxonomie und ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) gefördert. Investoren, darunter große Fonds wie der norwegische Staatsfonds, lenken Kapital zunehmend in nachhaltige Projekte. Dies beeinflusst Unternehmen, nachhaltige Produkte zu entwickeln, um Zugang zu günstigeren Finanzierungen zu erhalten. Craul betont, dass die steigenden Zinsen die Finanzierung großer Infrastrukturprojekte wie Solarparks erschweren, da die Anfangsinvestitionen hoch sind und die Erträge unsicher bleiben.
Sie finden alle Videos unter https://energiespeicher.blogspot.com/p/energiegesprache-mit-eduard-heindl.html
Wichtige Stichworte: Wasserstoff, Energiewende, Energiehandel, Klimaneutralität, EU-Taxonomie
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen