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Samstag, 19. Juli 2025

Estelle Herlyn

 Prof. Dr. Estelle Herlyn

Das vollständige Gespräch mit Prof. Dr. Estelle Herlyn auf YouTube.

Nachhaltigkeit ganzheitlich denken – nicht nur ökologisch

Prof. Dr. Estelle Herlyn macht gleich zu Beginn deutlich: Nachhaltigkeit ist weit mehr als Klimaschutz. In ihrer Forschung und Praxis legt sie großen Wert auf die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit – ökologisch, sozial und ökonomisch – und deren Balance. Sie warnt vor der Engführung aktueller Debatten, die oft einseitig auf CO₂-Faktoren fokussieren, während soziale Gerechtigkeit und wirtschaftliche Tragfähigkeit zu kurz kommen. Besonders in Entwicklungs- und Schwellenländern brauche es differenzierte Strategien, um nachhaltige Transformationen fair und effektiv zu gestalten.


Vom CO₂-Kompensieren zur Transformation: Die Allianz für Entwicklung und Klima

Herlyn schildert die Entstehung und Zielsetzung der „Allianz für Entwicklung und Klima“, die sie zusammen mit BMZ und GIZ initiiert hat. Ziel war es, freiwillige CO₂-Kompensation mit entwicklungspolitischen Maßnahmen zu verbinden. Unternehmen, Institutionen und Städte sollen nicht nur Emissionen ausgleichen, sondern gleichzeitig Entwicklungsprojekte fördern – etwa durch Wiederaufforstung, nachhaltige Landwirtschaft oder Zugang zu Energie. Heute zählt die Allianz über 1400 Unterstützer und wird von einer Stiftung weitergeführt.


Global denken, lokal handeln – und umgekehrt

Ein zentraler Punkt des Gesprächs ist die Frage: Was können wir im globalen Norden tun, um den globalen Süden nicht weiter zu benachteiligen? Herlyn betont, dass Klimaschutzmaßnahmen auch soziale Nebenwirkungen haben. Wenn CO₂-Preise steigen, treffe das Haushalte mit geringem Einkommen besonders hart – in Deutschland wie auch weltweit. Deshalb sei eine sozial ausbalancierte Klimapolitik notwendig, etwa durch Rückverteilung von Einnahmen an Bürger oder gezielte Investitionen in Entwicklungsländer.

Herlyn fordert außerdem eine Reform des Welthandels: Subventionen in der EU führen dazu, dass beispielsweise Tomatenmark in Westafrika billiger verkauft wird als lokal produzierte Ware – mit verheerenden Folgen für die dortige Landwirtschaft. Eine global faire Transformation müsse Handels- und Klimapolitik zusammendenken.


Bildung, Werte und Gemeinwohl neu ausrichten

Für eine langfristige Veränderung brauche es laut Herlyn nicht nur Technologien oder Märkte, sondern auch eine Kultur des Gemeinwohls. Bildung spiele dabei eine zentrale Rolle: Schulen und Hochschulen müssten Nachhaltigkeit nicht nur als Zusatzthema behandeln, sondern als Querschnittskompetenz. Herlyn sieht zudem die Wirtschaft in der Pflicht, sich neu auszurichten: Weg vom reinen Shareholder-Value hin zu Gemeinwohlorientierung, wie sie etwa im „Stiftung Senat der Wirtschaft“ oder in den Prinzipien der Gemeinwohlökonomie vertreten wird.


Wege aus der Polarisierung: Nachhaltigkeit braucht Dialog

Herlyn beobachtet mit Sorge die zunehmende Polarisierung in der Nachhaltigkeitsdebatte – zwischen Klimaklebern und Klimaleugnern, zwischen Wirtschaft und Umweltschutz. Sie plädiert für einen konstruktiven, sachlich fundierten Diskurs, in dem unterschiedliche Interessen anerkannt und integriert werden. Nachhaltigkeit sei ein „Wirkungsraum“, der gemeinsames Gestalten erfordere – über Parteigrenzen, Disziplinen und Länder hinweg. Die Lösung der großen Zukunftsfragen sieht sie in klugen Allianzen und systemischer Kooperation.


Sie finden alle Videos unter:
https://energiespeicher.blogspot.com/p/energiegesprache-mit-eduard-heindl.html


Stichworte: ganzheitliche Nachhaltigkeit, CO₂-Kompensation & Entwicklung, soziale Gerechtigkeit, Gemeinwohlorientierung, systemische Transformation

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