Hauke Rathjen
Vom Kind der Region zum Standortkommunikator
Hauke Rathjen ist in Sichtweite des Kernkraftwerks Brokdorf aufgewachsen. Als 14-Jähriger fuhr er mit dem Fahrrad am Kraftwerk vorbei und fragte sich, was unter der Kuppel passiert. 2007 wurde er Standortkommunikator – ein Beruf, der Öffentlichkeitsarbeit mit lokaler Verwurzelung verbindet. Rathjen kennt die Region, die Menschen – und die Geschichte des Kraftwerks.
Ein Druckwasserreaktor mit Weltrekorden
Brokdorf ist ein Druckwasserreaktor, 1986 ans Netz gegangen – direkt nach dem Unfall in Tschernobyl. Mit bis zu 12 Milliarden Kilowattstunden pro Jahr versorgte es ganz Hamburg einschließlich der Industrie. Das Kraftwerk war zwei Mal Weltmeister in der Jahresstromproduktion und wurde regelmäßig gewartet, dabei jährlich ca. 50 von 193 Brennelementen ausgetauscht. Die Anlage galt als hoch flexibel: Seit 2000 regelte sie ihre Leistung netzstabilisierend entsprechend der Windstärke.
Sicherheit, Transparenz und Nullereignisse
Brokdorf hatte keine kerntechnischen Unfälle. Das Sicherheitssystem war redundant und streng überwacht. Sogenannte „Nullereignisse“, oft minimale Abweichungen ohne sicherheitstechnische Relevanz, wurden trotzdem gemeldet – eine Praxis, die für andere Industrien unüblich ist. Auch auf Pandemien, Naturereignisse und Stromausfälle war die Anlage vorbereitet.
Kosten, Rückbau und politischer Wille
Entgegen verbreiteter Kritik war die Kernenergie in Brokdorf wirtschaftlich erfolgreich. Es gab keine Subventionen, aber steuerliche Erleichterungen beim Aufbau. Der Rückbau begann nach der Abschaltung am 31.12.2021 und soll bis 2039 abgeschlossen sein. Ziel ist die „Brennstofffreiheit“ – 99 % der Radioaktivität lagern in den Brennelementen. Diese werden im Zwischenlager in der Nähe verwahrt.
Rückbau statt Reaktivierung
Ein Wiedereinstieg in den Betrieb wäre theoretisch machbar, praktisch jedoch unwahrscheinlich: Politischer Wille, rechtlicher Rahmen, Fachkräfte und Know-how fehlen zunehmend. Der Reaktordruckbehälter wurde bereits beprobt, erste Rückbauschritte sind erfolgt.
Vom Atomstrom zur Batterie
Die Zukunft des Geländes liegt in der Stromspeicherung: Ein Batteriespeicher mit bis zu 1.600 Megawattstunden Kapazität ist geplant. Ein symbolischer Wandel – vom Kraftwerk für Grundlaststrom zur Pufferbatterie für ein volatiles Energiesystem.
Dank geht an den Verein Nuklearia e.V. (www.nuklearia.de), der das Gespräch vermittelt hat.
Sie finden alle Videos unter
https://energiespeicher.blogspot.com/p/energiegesprache-mit-eduard-heindl.html
Stichworte: Brokdorf, Kernkraftwerk, Rückbau, Netzstabilität, Brennelemente
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