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Donnerstag, 2. Juli 2015

Energiespeicher für das neue Strommarktdesign

Energiespeicher auf allen Ebenen

Die Speicherkonferenz von Management Circle fand dieses Jahr in Waldorf Astoria in Berlin vom 30.6. bis 1.7 2015 statt. Mehrere hochkarätige Referenten haben einen sehr aktuellen Überblick zu Speichern und den vorhandenen Markt für Speicher gegeben. Ein Highlight war der Vortrag des Zukunftsforschers Lars Thomsen.

Von klein bis Groß

Strom kann in kleinsten Mengen gespeichert werden, dazu eignen sich Batterien sehr gut. Es gibt einen Trend zu Hausspeichern, da für diese bereits heute im Haushalt wirtschaftlich sein können, wie Dr. Thomas Unnerstall, N-ERGIE, zeigte. Seine Annahme basierte auf einem Haushalt, der 1800kWh im Jahr verbraucht. Kommt der Strom aus der PV Anlage für 12ct/kWh und ein Speicher, der aufs Jahr umgerechnet 150€ kosten darf, liegt die Einsparung bei 200€/a.
Entwicklung der Strompreise und der Batteriepreise, aus dem Vortrag von Bernhard Schuhmacher

Ähnliche Betrachtungen wurden von mehreren Referenten angeführt, etwa von Berhard Rindt, egrid GmbH, der im Allgäu die Gemeinde Wildpoldsried betreut. Die Frage ist, nach welchem Kriterium entscheidet sich ein Privatkunde für einen Batteriespeicher. Ist es eine rein ökonomische Betrachtung und welche Verzinsung ist dabei relevant. Während Unternehmen bevorzugt zweistellige Renditen bei einer Investition erwarten, genügt dem Endkunden oft eine höhere Verzinsung als bei der Bank, die heute praktisch bei null Prozent liegt.

Ein weiteres Kriterium ist die von Dr. Ulrich Bünger angesprochene „Autarkielust“ der Bürger. Wer eine Batterie hat, kann sich als unabhängig vom Stromnetz empfinden. Dies lässt sich noch steigern, wenn man die aktuelle Technik von Viessmann in Form eines Mikroblockheizkraftwerks installiert, wie Timm Kehler, Vorstand „Zukunft Erdgas e.V.“, betonte. Wer einen Gasnetzanschluss hat, kann sich damit völlig vom Stromnetz abkoppeln. 
Kopplung Wärme und Strommarkt, eine Kombination aus PV und KWK kann sehr gut optimiert werden, aus dem Vortrag von Dr. Frank May
Viele kleine Batterien ergeben einen Schwarm der theoretisch das Stromnetz positiv unterstützen kann. Dr. Norbert Verweyen, RWE Effizienz GmbH, zeigte auf, dass bereits 2018 ein Haus theoretisch ökonomisch ohne Netzanschluss betrieben werden kann. Weiterhin betonte er, dass es durch kluge Elektronik möglich ist, sehr viel effizienter die einzelnen Ressourcen zu nutzen. So kann das Wasser mit einer Wärmepumpe elektrisch aufgeheizt werden, wenn Strom gerade im Überschuss vorhanden ist. Mit einer guten digitalen Vernetzung im Haus und zwischen den Gebäuden lassen sich dann viele Anforderungen aus dem Stromnetz lösen. Dies betrifft nicht nur die Speicherung von Strom sondern auch die Regelung der Frequenz sowie kurzfristige Leistungsspitzen.
Podiumsdiskussion mit Christoph Gatzen, Lars Waldmann, Nils aus dem Moore, Michael Sterner, Bernhard Schuhmacher

Regelenergie mit Batterien

Der Zubau von fluktuierenden erneuerbaren Energien erfordert neuartige Regeltechnik um das Stromnetz stabil zu halten. PV ist eben kein „Pillepalle“, wie Bernhard Fenn, HEAG, aus Darmstadt betonte. In mehreren Forschungsprojekten wie Web2Energy und SolVer wurde versucht, Speicher für verschiedene Systemdienstleistungen einzusetzen um gerade die Störungen des Stromnetzes durch fluktuierende Einspeisung auszugleichen.

Die Problematik hat Clemens Triebel von Younicos sehr plastisch dargestellt. Was bedeutet bevorzugte Einspeisung ins das Netz, wenn das Netz die Energie nicht mehr aufnehmen kann? Das Netz kann das nicht einfach „Wegschwitzen“ wie er sich in seiner plastischen Art ausdrückte. Daraufhin haben die Ingenieure von Younicos das Problem genauer analysiert. Auf der Insel Graciosa fanden Sie dazu ein hervoragendes Testgelände. Dort werden Dieselgeneratoren und Windgeneratoren parallel betrieben. Bereits bei 35% Wind am Energieanteil gibt es massive Probleme, der Diesel fängt zu stottern an. Die Lösung ist das elektronische Einbinden einer Batterie. Die Betreiber des Stromnetzes auf Graciosa hatten das nicht geglaubt, daher hat Triebel das Stromnetz von Graciosa in Berlin in einer Halle (Kosten 10 Mio.€) nachgebaut. Es zeigt sich, dass die Elektronik derart schnell auf Störungen der Frequenz reagiert, dass auch 65% Energie aus Windstrom möglich sind. Dies wurde dann tatsächlich auf der Insel umgesetzt.

In Deutschland laufen immer noch 30GW an Kraftwerksleistung um das Netz nicht zum Stottern zu bringen indem die rotierenden Massen Regelleistung erbringen. Ein Batteriekraftwerk mit 1 GW Leistung würde die Abschaltung von 10 GW thermischen Kraftwerken (Braunkohlekraftwerke!) erlauben. Um dies im Deutschen Stromnetz zu erproben, hat die WEMAG, wie Jost Broichmann vorstellte, ein Batteriekraftwerk mit 5 MW Leistung aufgebaut. Das System funktioniert sehr gut und verdient sogar Geld, da inzwischen die Regelleistung verkauft werden kann, 210.000 €/MW und Jahr, mit steigender Tendenz. Allerdings gab es einige die große Zweifel haben, ob die Preise für Regelenergie wirklich steigen.

Jenseits von Batterien

Die Kapazität der Gigafactory von Elon Musk liegt bei 50 GWh Batteriekapazität pro Jahr. Um das einzuordnen sei darauf hingewiesen, dass das etwas mehr ist als alle deutschen Pumpspeicherkraftwerke, die 40GWh speichern können. Doch in Europa gibt es viele Speicherkraftwerk, unter anderem in Österreich, die Otto Pirker, vom Verbund in Österreich, vorstellte. Dabei muss man sorgfältig unterscheiden, ein Pumpspeicherkraftwerk kann aktive Wasser hochpumpen wenn günstiger Strom im Netz ist, ein Speicherkraftwerk ist ein Staudamm, hinter dem das zulaufende Wasser gespeichert wird und dann bei Bedarf abgelassen werden kann, Österreich hat Speicherkraftwerke mit 3 TWh Kapazität, in ganz Europa, inklusive Norwegen, Schweiz und Türkei sind es 220 TWh.

Um diese gewaltige Speicherkapazität anzuschließen müssen allerdings Leitungen gebaut werden. So stellte Gunnar Sprengel, Nordlink, eine Stromleitung, die gerade nach Norwegen gebaut wird, vor. Diese Leitung hat eine Kapazität von 1400 MW und ist mit über 500 km durch die Nordsee die längste Leitung in Europa. Was den Laien wundert: Die Isolation basiert  auf ölgetränktem Papier, das die 500.000 Volt Spannung sicher isolieren kann. Mit 2 Mrd. € ist die Leitung nicht ganz billig und die Anschlussanlage mit Umwandlung von Wechselstrom auf Gleichstrom benötigen eine Fläche von jeweils 4 ha an den Enden. Der Wirkungsgrad für einen Zyklus, Windenergie aus Deutschland virtuell eingespeichert, Strom dann aus Norwegen wieder zurück in das deutsche Stromnetz, liegt bei 85%.
Die Einkopplung des Stroms in das Nordlink Kabel, vorgestellt von Gunnar Sprengel
Leitungsbau ist allerdings nicht immer von der Bevölkerung gewünscht, insbesondere wenn die Leitungen durch Bayern gehen, wie Michael Sterner, Professor an der Hochschule in Regensburg, betonte. Das alte Dreieck der Energiewirtschaft, Kosten, Sicherheit, Umwelt, muss um die Gesellschaft erweitert werden. Nur wenn eine Lösung gesellschaftliche Akzeptanz hat, lässt sich eine Lösung wirklich umsetzen.

Die Visionen von Thomson

Der Zukunftsforscher Lars Thomson vom Unternehmen future matters (Videos!), hat uns erst einmal auf den Zeitrahmen eingestimmt, vor neun Jahren gab es eine Fussball WM, an die sich alle erinnern, aber es gab noch keine Apps! Hätte damals jemand gesagt, eine Sonnenfinsternis ist ein Problem für das Stromnetz hätten die Experten aus der Energiewirtschaft gedacht, da hat sich jemand um eine Zehnerpotenz verrechnet. Wer kann sich heute vorstellen, dass die Firma SolarCity in 10 Jahren als Stromunternehmen der vierten Generation den US Strommarkt dominiert.
Fossile Kraftwerke werden in 5 Jahren endgültig die gesellschaftliche Akzeptanz verlieren, was dann?
2026 läuft das letzte Auto mit Verbrennungsmotor vom Band? Die Aussagen waren kühn, aber nicht unrealistisch. Sehr gefreut hat mich, dass er als zukünftige Möglichkeit des Energiespeichers auch den Lageenergiespeicher erwähnt hat!

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