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Montag, 4. August 2025

Paul van Son

 

Gespräch mit Paul van Son: Erneuerbare Energien und die Desertec-Vision

Das vollständige Gespräch mit Paul van Son auf YouTube:

Paul van Son, Präsident der Dii Desert Energy Initiative, teilt in diesem Energiegespräch mit Prof. Dr. Eduard Heindl seine langjährige Expertise im Bereich erneuerbarer Energien und die Entwicklung der Desertec-Idee. Von seinen Anfängen in der Elektrotechnik über die Einführung des grünen Stroms in den Niederlanden bis hin zur Vision, Wüstenenergie global zu nutzen, gibt van Son Einblicke in die Herausforderungen und Chancen der Energiewende.

Werdegang und Einstieg in die Energiewelt

Paul van Son begann seine Karriere mit einem Studium der Elektrotechnik an der Technischen Universität in den Niederlanden, wo er sich früh mit Energietechnik und sogar Kernenergie beschäftigte. Nach Stationen bei Siemens in Erlangen und München, wo er an Netzleitertechnik und der Einführung von Prozessrechnern arbeitete, zog es ihn zurück in die Niederlande. Dort war er maßgeblich an einem Projekt zur Lastverteilung im Stromnetz beteiligt und wurde später Betriebsführer eines Netzbetreibers. In den 1990er Jahren baute er für ein amerikanisches Beratungsunternehmen den Bereich Netzführung und -strategie in Europa auf, bevor er bei Essent in den Energiehandel einstieg. Dort war er an der Einführung des grünen Stroms beteiligt, einer Innovation, die in den Niederlanden ihren Ursprung hatte.

Die Geburt des grünen Stroms

Van Son erzählt, wie die Idee des grünen Stroms in den Niederlanden entstand, inspiriert von „Öko-Eiern“, bei denen das Produkt selbst (Eier oder Elektronen) gleich bleibt, aber die Produktionsweise umweltfreundlicher ist. 1998 wurde ein Zertifizierungssystem für grünen Strom entwickelt, die sogenannte „Garantie of Origin“. Dieses System stellte sicher, dass Strom aus erneuerbaren Quellen wie Wind, Sonne oder Biomasse nachverfolgbar ist. In den Niederlanden führte dies zu steuerlichen Vorteilen für Verbraucher von grünem Strom, was den Ausbau erneuerbarer Energien förderte. In Deutschland hingegen stieß der Handel mit grünem Strom zunächst auf Skepsis, da man Missbrauch und Betrug fürchtete. Dennoch zeigte sich, dass solche Zertifikate die Energiewende beschleunigen konnten, wie es in den Niederlanden, Skandinavien und Großbritannien erfolgreich umgesetzt wurde.

Die Desertec-Idee: Energie aus der Wüste

Die Desertec-Initiative, die van Son seit 2009 als Geschäftsführer leitet, entstand aus der Vision, die enorme Sonneneinstrahlung in Wüstenregionen, insbesondere Nordafrika, für die Energieversorgung Europas zu nutzen. Anfangs konzentrierte sich das Projekt auf Solarthermie-Kraftwerke, da Photovoltaik (PV) damals noch zu teuer war. Studien zeigten, dass die Wüsten genug Energie liefern könnten, um den Bedarf Europas zu decken, doch die Kosten und die technische Umsetzung waren Herausforderungen. Van Son erkannte, dass der Fokus zunächst auf den lokalen Energiebedarf in Ländern wie Marokko liegen sollte, die keine eigenen fossilen Ressourcen haben und von Importen abhängig sind. Marokko wurde so zu einem Vorreiter im Ausbau von Solar- und Windenergie.

Evolution der Technologie: Von Solarthermie zu Photovoltaik

Zu Beginn der 2000er Jahre galt Solarthermie als die vielversprechendste Technologie für Wüstenregionen, da sie besser für direkte Sonneneinstrahlung geeignet schien. Doch die Kosten für Photovoltaik sanken rapide, und heute liegt die Stromerzeugung aus PV bei etwa 1 Cent pro Kilowattstunde in vielen Regionen. Windenergie, insbesondere in Küstengebieten wie Marokko oder Ägypten, ergänzt die Solarenergie, da sie auch nachts verfügbar ist. Diese Entwicklung hat die ursprüngliche Desertec-Idee verändert: Statt nur Strom nach Europa zu exportieren, liegt der Fokus nun auf der lokalen Nutzung erneuerbarer Energien, kombiniert mit der Produktion von Wasserstoff und Ammoniak für industrielle Anwendungen.

Herausforderungen und Chancen in Nordafrika und Nahost

Länder wie Ägypten, Oman und Saudi-Arabien treiben den Ausbau erneuerbarer Energien voran, während andere, wie Algerien und Libyen, aufgrund politischer Instabilität zurückbleiben. Van Son betont, dass stabile Länder wie Marokko und Saudi-Arabien von den wirtschaftlichen Vorteilen profitieren, da Solar- und Windprojekte Arbeitsplätze schaffen und die Abhängigkeit von fossilen Importen reduzieren. Große Projekte wie die Wasserstoff- und Ammoniakproduktion in Saudi-Arabiens Neom-Stadt zeigen, wie erneuerbare Energien industrielle Innovationen fördern. Die Finanzierung solcher Projekte erfolgt zunehmend durch internationale Banken, während lokale Förderbanken und Ölreserven eine wichtige Rolle spielen.

Die Zukunft: Globale Energiewende und CO2-Reduktion

Van Son ist überzeugt, dass die Energiewende weltweit voranschreitet, getrieben durch die niedrigen Kosten erneuerbarer Energien. Doch um die CO2-Emissionen schnell genug zu reduzieren, braucht es zusätzlichen Druck durch CO2-Preise oder -Abgaben. Er plädiert für einen globalen Klimaklub, der CO2-Preise einführt und Länder schrittweise einbindet. Erneuerbare Energien werden aufgrund ihrer Wirtschaftlichkeit die Energieversorgung dominieren, doch staatliche Anreize wie Zertifikate für grünen Strom oder Vorgaben für erneuerbare Energien können den Prozess beschleunigen. Van Son sieht die internationale Zusammenarbeit, etwa durch Klimakonferenzen wie COP28 in Dubai, als entscheidend, um die globale Energiewende voranzutreiben.

Sie finden alle Videos unter https://energiespeicher.blogspot.com/p/energiegesprache-mit-eduard-heindl.html

Stichworte: Erneuerbare Energien, Desertec, grüner Strom, Solarthermie, Wasserstoffproduktion

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