Weitere Blogs von Eduard Heindl

Innovationsblog neue Ideen | Some Science my research | Energiespeicher Bedeutung und Zukunft | Energy Age the big picture (engl.)

Samstag, 1. März 2025

Zusammenfassung des Gesprächs mit Thorsten Künnemann

Das vollständige Gespräch mit Thorsten Künnemann auf YouTube


Einführung und Experimente mit Elektrizität

 

Thorsten Künnemann, Leiter des Technoramas seit 2008, beginnt das Gespräch mit einem praktischen Experiment zur Elektrizität. Er verwendet ein kleines Gerät mit LED-Lichtern, einem Lautsprecher und Elektroden, um zu zeigen, wie ein Stromkreis geschlossen werden kann. Statt eines Kupferdrahts nutzt er einen menschlichen Körper als Leiter, um den Stromkreis zu schließen. Dieses Experiment dient als Einstieg, um zu zeigen, wie Naturphänomene im Alltag erlebbar gemacht werden können. Künnemann erzählt auch von einer Anekdote, in der Schüler aus Dubai aufgrund kultureller Unterschiede Schwierigkeiten hatten, den Stromkreis durch Händchenhalten zu schließen, und wie sie das Problem mit einem Wasserglas lösten.


2. Technorama: Ein Science Center, kein Museum

Künnemann erklärt, dass das Technorama sich bewusst nicht als Museum, sondern als Science Center versteht. Im Gegensatz zu traditionellen Museen, die oft historische Objekte ausstellen, konzentriert sich das Technorama auf interaktive Exponate, die Naturphänomene erlebbar machen. Er betont, dass es nicht darum geht, Wissen zu vermitteln, sondern darum, Erfahrungen zu ermöglichen. Das Technorama hat sich von einem technischen Museum, das Maschinen ausstellte, zu einem Ort entwickelt, der Naturphänomene in den Vordergrund stellt. Künnemann zitiert Thomas Morus: „Tradition ist nicht das Bewahren der Asche, sondern die Weitergabe der Flamme“, um zu verdeutlichen, dass es nicht um die Bewahrung alter Technologien geht, sondern um die Vermittlung von Fähigkeiten, um neue Probleme zu lösen.


3. Entwicklung und Philosophie der Exponate

Das Technorama entwickelt seine Exponate selbst und hat eine eigene Werkstatt, in der Prototypen gebaut und getestet werden. Künnemann beschreibt den Prozess der Exponatentwicklung, bei dem aus 250 Ideen am Ende 30-40 Exponate übrig bleiben, die in die Ausstellung aufgenommen werden. Die Exponate sind so gestaltet, dass sie Fehler tolerieren und den Besuchern die Möglichkeit geben, zu experimentieren. Ein Beispiel ist ein Exponat, das den durchschnittlichen Niederschlag in einem Jahr darstellt und den Mittelwert mechanisch berechnet. Künnemann betont, dass die Exponate nicht nur informieren, sondern auch die Besucher dazu anregen sollen, miteinander zu interagieren und über die Phänomene zu diskutieren.


4. Mathematik und Naturwissenschaften erlebbar machen

Ein besonderer Fokus liegt darauf, Mathematik und Naturwissenschaften auf eine sinnliche und verständliche Art zu vermitteln. Künnemann erklärt, dass viele Menschen Mathematik als abstrakt und schwer verständlich empfinden, weil sie oft nur mit Zahlen und Formeln in Verbindung gebracht wird. Im Technorama werden mathematische Konzepte durch interaktive Exponate wie geometrische Rätsel oder Seifenblasenexperimente erlebbar gemacht. Ein Beispiel ist ein Exponat, das den Durchschnittswert von Niederschlagsdaten durch kommunizierende Röhren mechanisch berechnet. Künnemann betont, dass es darum geht, den Besuchern das Gefühl zu geben, dass Mathematik cool und verständlich ist.


5. Die Rolle des Technoramas in der Gesellschaft

Künnemann sieht das Technorama als einen Ort, der nicht nur Fachkräfte fördert, sondern auch die Gesellschaft insgesamt ermächtigt, sich mit naturwissenschaftlichen Themen auseinanderzusetzen. Er betont, dass es wichtig ist, dass Menschen ein Grundverständnis für Naturphänomene entwickeln, um an gesellschaftlichen Diskussionen teilnehmen zu können, z.B. über Energie oder Technologie. Das Technorama versteht sich als Ort der Aufklärung, der den Besuchern die Möglichkeit gibt, die Welt durch eigenes Verständnis zu begreifen und zu verändern. Künnemann sieht die Zukunft des Technoramas darin, weiterhin analoge Erfahrungen zu ermöglichen, in einer Welt, die zunehmend digital wird. 

Die vollständige Liste aller Energiegespräche finden Sie hier: https://energiespeicher.blogspot.com/p/energiegesprache-mit-eduard-heindl.html

Samstag, 8. Februar 2025

Professor Dr. Franz Josef Radermacher im Energiegespräch



Energiegespräch mit Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. Franz Josef Radermacher

Das vollständige Gespräch mit Professor Dr. Franz Josef Radermacher auf YouTube

1. Einleitung und persönlicher Hintergrund

Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. Franz Josef Radermacher ist Mathematiker, promovierter Wirtschaftswissenschaftler und Informatiker. Er leitete das Forschungsinstitut für anwendungsorientierte Wissensverarbeitung (FAW) und war bis 2018 Professor an der Universität Ulm. Bekannt wurde er vor allem durch seinen Einsatz für eine weltweite ökosoziale Marktwirtschaft und sein Engagement in der Global Marshall-Plan Initiative. Bereits in jungen Jahren (mit etwa 16/17) begann er sich intensiv mit globalen Zukunftsfragen und Ungleichheiten zu beschäftigen. Dabei erkannte er früh die zentrale Rolle von Ökonomie und Finanzsystemen, um große Probleme wie Überbevölkerung, Hunger und Umweltzerstörung anzugehen.

Sein Buch „All In – Energie und Wohlstand in einer wachsenden Welt“ (zusammen mit Bert Beyers) skizziert die Idee einer globalen ökosozialen Marktwirtschaft, in der sozial-ökonomische Entwicklung und Klimaschutz zusammengedacht werden. Entscheidend ist aus seiner Sicht, dass solche Konzepte wissenschaftlich fundiert sowie international tragfähig sind und nicht an kurzsichtigen nationalen Alleingängen scheitern.


2. Globale Ziele und Widersprüche

Die Vereinten Nationen haben mit den 17 Sustainable Development Goals (SDGs) einen ambitionierten Fahrplan für eine gerechtere und nachhaltigere Welt vorgelegt. Prof. Radermacher betont jedoch, dass diese Ziele häufig in sich widersprüchlich („inkonsistent“) sind. So kollidiere beispielsweise das Ziel „Kein Hunger“ (Zero Hunger) mit dem Klimaschutzziel, wenn Entwicklungs- und Schwellenländer nicht mehr CO₂ emittieren dürften, obwohl sie dringend mehr Energie benötigen, um ihre Bevölkerung zu ernähren und aus der Armut zu holen.

Ähnlich problematisch sei die Finanzierung: Viele UN-Ziele werden zwar feierlich verabschiedet, jedoch ohne hinreichende finanzielle und strukturelle Umsetzung. Ein Beispiel sind die Millenium Development Goals (MDGs) von 2000, die letztlich scheiterten, weil keine ausreichenden Mittel und Mechanismen hinterlegt wurden. In seiner Zusammenarbeit mit dem ehemaligen Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (nun Chef der UNIDO) hebt Radermacher hervor, dass speziell das Ziel „Kein Hunger“ seit 2015 durch Pandemien und Konflikte wie den Ukraine-Krieg noch schwerer zu erreichen sei – die Hungerzahlen steigen sogar wieder an.


3. Entwicklungswege und internationale Vergleiche

China und Indien
China hat in den letzten Jahrzehnten Millionen Menschen aus der Armut geführt. Das gelang unter anderem durch massive Investitionen des Westens und die Integration in globale Wertschöpfungsketten. Gleichzeitig hat China dabei große Umwelt- und Klimabelastungen in Kauf genommen und ist heute für rund ein Drittel der weltweiten CO₂-Emissionen verantwortlich. Auch Indien wächst rasant und strebt eine Klimaneutralität bis 2070 an.

Afrika
Demgegenüber ist Afrika durch Kolonialismus, willkürliche Grenzziehungen und interne Konflikte stark zersplittert. Viele afrikanische Staaten sind wirtschaftlich schwach, haben begrenzte Infrastrukturen und leiden unter anhaltenden Auseinandersetzungen um Ressourcen. Eine eigenständige, übergreifende afrikanische Entwicklungsstrategie ist daher schwer umzusetzen. Dennoch hält Radermacher die industrielle Entwicklung und Armutsbekämpfung für unabdingbar, um soziale Spannungen und Fluchtbewegungen zu reduzieren. Denn nur aus Armut herauszukommen ermöglicht es Ländern, langfristig klimafreundlich zu agieren.


4. Energiepolitik: Stärken und Schwächen aktueller Strategien

All Electric und „Klimanationalismus“
Radermacher kritisiert das deutsche Paradigma „All Electric“ (Strom aus erneuerbaren Quellen soll alle Energiebedarfe ersetzen) als zu teuer, zu instabil und zu eng gedacht. Die Stromerzeugung deckt weltweit nur etwa ein Drittel des gesamten Energiebedarfs ab; rund zwei Drittel beruhen nach wie vor auf Brennstoffen. Zudem erzeugen erneuerbare Energien wie Wind und Sonne volatile Einspeisungen, die große Speicher oder Backup-Systeme erfordern.
Er bemängelt außerdem eine Art „Klimanationalismus“, bei dem Deutschland und andere Staaten klimapolitische Maßnahmen vorrangig im eigenen Land umsetzen wollen, statt global kostengünstigere Optionen zu nutzen. Beispielsweise investiert Deutschland enorme Summen in E-Ladesäulen und Elektromobilität, während die Schweiz ihre Mittel zum Teil in Aufforstungsprojekte in Entwicklungsländern steckt. Dort wird mit wesentlich geringeren Kosten echtes CO₂ gebunden und zudem die Wirtschaft vor Ort belebt.

Carbon Capture und Kernkraft
Ein zentraler Baustein von Radermachers Strategie ist „Fossil mit Carbon Capture“: Fossile Brennstoffe bleiben im Einsatz, das entstehende CO₂ wird jedoch abgeschieden und in geeigneten Gesteinsschichten oder ehemaligen Erdöl-Lagerstätten eingelagert (CCS: Carbon Capture and Storage). So werden die Emissionen vermieden, ohne dass ganze Infrastrukturen und Industrien über Nacht aufgegeben werden müssen. Ein Beispiel dafür sind die USA, die bereits seit Jahrzehnten CO₂ in Pipelines transportieren, um damit in alten Förderstätten den Druck zu erhöhen und zusätzliches Erdöl/-gas zu gewinnen (Enhanced Oil Recovery).
Auch der Ausbau der Kernenergie wird weltweit wieder relevanter: China, die USA oder auch Tech-Konzerne setzen zunehmend auf Atomkraft, um verlässliche, CO₂-arme Stromquellen zu gewährleisten. Deutschland dagegen hat nach Fukushima einen radikalen Atomausstieg beschlossen, was laut Radermacher zu weiteren Kosten für den Stromsektor führt und die Energieversorgung zusätzlich verkompliziert.

Rolle der Biomasse und alternativer Kraftstoffe
Mit Blick auf Verkehr und Schwerlast betont Radermacher die Bedeutung biogener Treibstoffe wie HVO (Hydrotreated Vegetable Oil), das aus Rest- und Abfallfetten hergestellt wird. Dieser Kraftstoff ist fast klimaneutral, solange er aus nachhaltigen Quellen stammt. Zudem sei Biomasse in Form schnell wachsender Hölzer (etwa für Ethanol- oder Methanol-Herstellung) ein wichtiger Baustein, jedoch nicht beliebig skalierbar. Wirklich große CO₂-Senkungspotenziale sieht er in Aufforstung, Humusbildung und Renaturierung in tropischen Regionen.


5. Aufforstung, globale Finanzierungsansätze und die Rolle des Südens

Ein Schlüsselelement in Radermachers Konzept bildet die massive (Wieder-)Aufforstung weltweit: Eine Milliarde Hektar in den Tropen könnte CO₂ in großem Stil binden. Dort ist das Baumwachstum schnell, und zugleich entstünden neue Wertschöpfungsketten in Forst- und Holzwirtschaft. Dies würde nicht nur das globale Klima stabilisieren, sondern auch Armut lindern. Voraussetzung für solche Projekte sind vertragliche Regelungen auf Augenhöhe, damit Mittel aus den Industrieländern nicht als „Almosen“ missverstanden werden, sondern als Bezahlung für reale Klimadienstleistungen.

Bilaterale Verträge statt einseitiger Entwicklungshilfe
Radermacher plädiert für langfristige Verträge zwischen der OECD (als Vertreterin der reichen Staaten) und einzelnen Entwicklungsländern, in denen sich beide Seiten verpflichten: Der globale Süden schützt Waldgebiete, forstet auf oder verbessert Böden („Dekonditionierung“ der Emissionen) und erhält im Gegenzug verbindliche Zahlungen. Diese Gelder sind kein „Freikauf“ – sie ermöglichen die Erschließung wirtschaftlicher Perspektiven. Mit unabhängigen Kontrollmechanismen (z.B. Satellitenbilder) ließe sich sicherstellen, dass Wälder tatsächlich erhalten bleiben oder neu entstehen.

Finanzierung und globaler Handel mit Emissionen
Schon das Kyoto-Protokoll von 1997 sah mit dem „Clean Development Mechanism“ (CDM) vor, dass Industriestaaten Teile ihrer Emissionsminderungen im Ausland durch Projekte erzielen können. Allerdings blieb das Volumen gering. Im Pariser Abkommen (Artikel 6.4) wird dies erneut aufgegriffen und ermöglicht den Handel von CO₂-Minderungszertifikaten auf globaler Ebene. Während einige Länder (z.B. Schweiz, Japan) bereits erfolgreich in Aufforstung investieren, sperrt sich speziell Deutschland gegen diese Form der Kompensation und setzt lieber auf „Inlandsprojekte“.
Radermacher hält diesen national orientierten Ansatz für zu teuer und wenig wirksam. Internationale Emissionsmärkte könnten stattdessen Entwicklungen im Süden anstoßen, die gleichzeitig die CO₂-Bindung verbessern, Hunger lindern und den Lebensstandard heben. Wichtig sei, dass die reiche Welt endlich große Summen bereitstellt, um den notwendigen Strukturwandel zu finanzieren – dann wären viele Länder des globalen Südens willige Partner, zum beiderseitigen Vorteil.


Fazit
Prof. Franz Josef Radermacher verdeutlicht in diesem Gespräch, dass Klimaschutz untrennbar mit Armutsbekämpfung und globalen Wirtschaftsstrukturen verbunden ist. Er kritisiert eindimensional gedachte, rein nationale Strategien (All Electric, vollständiger Verzicht auf fossile Energieträger, Klimaschutz nur im eigenen Land) und spricht sich für mehrere parallele Ansätze aus:

  • Erneuerbare Energien, aber nur bis zu einer verlässlichen 50-%-Quote im Stromsektor.
  • Nuklearenergie und Carbon Capture als wichtige Bausteine, um verlässliche Energie zu sichern.
  • Aufforstung und Bodenverbesserung im Globalen Süden, um CO₂ zu binden und zugleich neue Märkte sowie Beschäftigung zu schaffen.
  • Verbindliche Verträge zwischen OECD-Staaten und Entwicklungsländern, sodass gezahlte Mittel nicht als „Entwicklungshilfe“, sondern als Gegenleistung für konkrete Klimadienstleistungen gelten.

Nur so ließe sich ein globaler Ausgleich organisieren, in dem Wohlstand und Klimaschutz Hand in Hand gehen. Letztlich müssen die „Spielregeln“ des internationalen Systems so verändert werden, dass alle Beteiligten einen Nutzen haben – im Idealfall bis 2070 mit einer CO₂-neutralen Welt, die trotzdem wirtschaftlich dynamisch wächst und den Menschen ein gutes Leben ermöglicht.

Die vollständige Liste aller Energiegespräche finden Sie hier: https://energiespeicher.blogspot.com/p/energiegesprache-mit-eduard-heindl.html


Samstag, 1. Februar 2025

Prof. Dr. Maximilian Fichtner im Energiegespräch

 

Zusammenfassung des Gesprächs Prof. Dr. Maximilian Fichtner

Das vollständige Energiegespräch mit Prof. Dr. Maximilian Fichtner auf YouTube.

Einleitung und Hintergrund von Prof. Dr. Maximilian Fichtner 

Prof. Dr. Maximilian Fichtner, ein führender Batterieforscher, wurde 1961 in Heidelberg geboren und ist seit 2013 Professor für Festkörperchemie an der Universität Ulm. Er ist wissenschaftlicher Direktor des Helmholtz-Instituts Ulm für elektrochemische Energiespeicherung und Leiter des Exzellenzclusters "Post-Lithium-Speicher" (POLiS). Fichtner hat eine lange wissenschaftliche Karriere hinter sich, die ihn von der Radiochemie über die Wasserstoffforschung bis hin zur Batterieforschung geführt hat. Er betont, dass die Batterieforschung in Deutschland in den 2000er Jahren einen starken Aufschwung erlebte, nachdem die Elektrochemie in den 1990er Jahren eher vernachlässigt wurde.

Probleme mit Wasserstoff als Energieträger 

Fichtner erklärt, dass Wasserstoff als Energieträger zwar vielversprechend ist, aber erhebliche Herausforderungen mit sich bringt. Die Speicherung von Wasserstoff ist aufgrund seiner geringen Dichte schwierig, und die Herstellung von grünem Wasserstoff durch Elektrolyse ist derzeit noch zu teuer. Zudem wird der Großteil des Wasserstoffs heute aus Erdgas gewonnen, was CO₂-Emissionen verursacht. Fichtner betont, dass Wasserstoff in bestimmten Bereichen wie der Ammoniak- oder Methanolherstellung unverzichtbar ist, aber für Anwendungen wie die Raumheizung oder den Verkehr nicht wettbewerbsfähig ist.

Entwicklung und Zukunft der Batterietechnologie 

Fichtner geht ausführlich auf die Entwicklung der Lithium-Ionen-Batterien ein, die seit den 1990er Jahren eine enorme Steigerung der Speicherkapazität und eine drastische Senkung der Preise erfahren haben. Er erwähnt, dass neue Batterietypen wie Natrium-Ionen-Batterien und Eisen-Luft-Batterien in der Entwicklung sind, die potenziell kostengünstiger und nachhaltiger sein könnten. Fichtner betont, dass die Verpackung und das Design der Batterien genauso wichtig sind wie die chemischen Materialien selbst, um die Energiedichte zu erhöhen.

Herausforderungen in der Batterieproduktion und Forschung 

Ein großes Problem in der Batterieproduktion ist der hohe Energieverbrauch bei der Trocknung der Elektroden. Fichtner erwähnt, dass neue Technologien wie KI-gestützte Prozesse die Produktionseffizienz verbessern können. Er kritisiert jedoch die mangelnde Geduld der deutschen Industrie bei der Entwicklung neuer Technologien. Im Gegensatz zu China, das trotz anfänglicher Schwierigkeiten langfristig in die Batterieproduktion investierte, habe Deutschland oft zu früh aufgegeben.

Zukunft der Energieversorgung und Speicherung

Fichtner diskutiert die Rolle von Batteriespeichern in der zukünftigen Energieversorgung. Er betont, dass große Batteriespeicher, wie sie in den USA und China gebaut werden, eine wichtige Rolle bei der Stabilisierung der Stromnetze spielen können. In Deutschland sieht er Potenzial für den Ausbau von Batteriespeichern, um Gaskraftwerke zu ersetzen und die Strompreise zu senken. Er ist jedoch skeptisch gegenüber der Kernenergie, da die Kosten für den Bau neuer Kernkraftwerke in Europa explodiert sind und die Uranressourcen begrenzt sind.

Fazit

Prof. Dr. Maximilian Fichtner betont die Notwendigkeit, langfristig in die Entwicklung neuer Energiespeichertechnologien zu investieren. Er kritisiert die kurzfristige Denkweise in Deutschland und plädiert für mehr Geduld und Durchhaltevermögen, um in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Batterieforschung und -produktion sieht er als Schlüsseltechnologie für die Energiewende, während er Wasserstoff und Kernenergie eher kritisch betrachtet.

Die vollständige Liste aller Energiegespräche finden Sie hier: https://energiespeicher.blogspot.com/p/energiegesprache-mit-eduard-heindl.html

Dienstag, 28. Januar 2025

deepseek: Zusammenfassung des Gesprächs mit Prof. Gerd Ganteför  

Das vollständige Gespräch mit Prof. Dr. Gerd Ganteför auf YouTube

Zusammenfassung von deepseek:

 1. Akademischer Hintergrund und Energieperspektiven  

Prof. Gerd Ganteför begann seine Karriere in der Kernphysik und Astrophysik, beschäftigt sich jedoch heute mit Nanotechnologie. Durch seine Lehrtätigkeit in Kernphysik und Energietechnik entwickelte er ein breites Verständnis für globale Energieherausforderungen. Er betont, dass Physiker stets mit Energie zu tun haben, kritisiert aber die ideologische Polarisierung der Debatte in Deutschland.  

2. Deutschlands Energiewende: Zwischen Ideologie und Realität  

Ganteför hinterfragt die deutsche Energiestrategie, insbesondere den Atomausstieg und die Vernachlässigung von Erdgas als Übergangslösung. Erdgas reduziert CO₂-Emissionen im Vergleich zu Kohle um zwei Drittel, doch Deutschlands Fokus auf Wind- und Solarenergie sei ohne ausreichende Speicherlösungen unrealistisch. Die aktuelle Gasknappheit und hohe Strompreise seien Folge politischer Fehlentscheidungen, etwa fehlender LNG-Terminals und Fracking-Verbote.  

 3. Globale Energiebedürfnisse vs. deutsche Sonderwege  

Während Deutschland auf teure Ökostrom-Tarife setzt, nutzen Länder wie Indien oder China weiterhin Kohle, um Armut zu bekämpfen. Ganteför betont: Klimaschutz muss global gedacht werden. Entwicklungsländer benötigen bezahlbare Energie, um grundlegende Infrastruktur aufzubauen. Eine einseitige Fixierung auf deutsche Lösungen ignoriere die Realität von 8 Milliarden Menschen, deren Energiebedarf wächst.  

 4. Klimawandel: Zwischen Panik und Pragmatismus  

Ganteför anerkennt den menschengemachten Klimawandel, warnt aber vor Alarmismus. Eine Reduktion der CO₂-Emissionen um 50% könnte das Problem stabilisieren, da Ozeane und Pflanzen die Hälfte des CO₂ absorbieren. Langfristig seien Anpassungen (z. B. Deichbau) und technologische Innovationen nötig. Geo-Engineering-Methoden wie Wolkenmanagement oder CO₂-Extraktion seien theoretisch möglich, aber politisch und gesellschaftlich umstritten.  

5. Demokratie, Technologie und Zukunftsvisionen  

Ganteför plädiert für demokratische Lösungen statt Verbote: Aufklärung und Freiheit seien Schlüssel zur Akzeptanz von Klimamaßnahmen. Technologisch sieht er Potenzial in Fusionsenergie, Small Modular Reactors (SMRs) und supraleitenden Stromnetzen. Kritisch äußert er sich zu Deutschlands Innovationsabstinenz in der Kernforschung. Abschließend hofft er, dass neue Energiequellen – ähnlich wie der Übergang von Pferdekutschen zu Flugzeugen – die Welt bis 2100 nachhaltig verändern werden.  

Umfang: ~5.900 Zeichen.  

Hinweis: Die Zusammenfassung konzentriert sich auf Kernaussagen, streicht Redundanzen und persönliche Anekdoten zugunsten einer strukturierten Darstellung.

(Hinweis von mir: die Zeichenzahl war 5900 aber ich habe interne Kommentare von deepseek entfernt)

Übersicht alle Energiegespräche: https://energiespeicher.blogspot.com/p/energiegesprache-mit-eduard-heindl.html

Samstag, 25. Januar 2025

Mario Liebensteiner im Energiegespräch

Prof. Dr. Mario Liebensteiner im Energiegespräch

Das vollständige Gespräch mit Prof. Dr. Mario Liebensteiner finden sie bei YouTube

1. Einleitung: Höhere Strompreise und neue Herausforderungen

Das zentrale Ergebnis des Gesprächs zwischen Prof. Heindl und Prof. Dr. Mario Liebensteiner lautet: In den kommenden Jahren bis 2030 dürfte der Strompreis in Deutschland und Europa voraussichtlich deutlich höher liegen als vor der Energiekrise – etwa um den Faktor drei. Zusätzlich wird die Preisdynamik zunehmen, was zu einer stärkeren Volatilität führt. Dahinter stehen mehrere Ursachen:

  1. Wegfall günstiger Kraftwerke
    Nach dem Ausstieg aus der Kernenergie in Deutschland und den geplanten Stilllegungen von Kohlekraftwerken entfällt ein Teil grundlastfähiger, verhältnismäßig preisgünstiger Stromerzeugung.
  2. Steigende Brennstoff- und CO₂-Kosten
    Die Kosten für Gasimporte sind nach der Abkehr von russischem Pipeline-Gas tendenziell höher, und die CO₂-Preise im europäischen Emissionshandel (EU ETS) dürften weiter anziehen.
  3. Zunahme wetterabhängiger Erzeugung
    Der Anteil von Wind- und Solarstrom steigt stark, was bei gleichzeitig fehlendem adäquatem Netzausbau zu kräftigen Preisschwankungen führen kann.

Liebensteiner betont, dass insbesondere die Volatilität des Börsenstrompreises – also starke Schwankungen zwischen sehr niedrigen (teilweise sogar negativen) und sehr hohen Werten – in Zukunft noch ausgeprägter sein werde. Für Unternehmen wie auch für Privathaushalte werde das größere Flexibilität bedeuten: Wer zum Beispiel Lasten verschieben kann oder eigene Speicherkapazitäten besitzt, wird Vorteile haben.


2. Marktmechanismen: Merit-Order, Börsenpreis und negative Preise

Ein zentrales Thema des Gesprächs ist das „Merit-Order“-Prinzip, das im öffentlichen Diskurs häufig kritisiert wird. Prof. Liebensteiner stellt jedoch klar, dass dies ein normales marktwirtschaftliches Verfahren ist, bei dem das zuletzt noch benötigte Kraftwerk mit den höchsten Grenzkosten den allgemeinen Börsenpreis setzt. Die wichtigsten Punkte:

  • Merit-Order als Standard
    Ob Weizen oder Strom: In allen börslichen Märkten wird nach dem Grundsatz „von billig zu teuer“ angeboten. Das letzte, zur Bedarfsdeckung herangezogene Angebot bestimmt den Preis für alle Anbieter, was keinesfalls eine Strommarkt-Spezialität, sondern ein generelles Marktprinzip ist.

  • Erneuerbare als Grenzkosten-Null-Technologien
    Wind- und PV-Anlagen haben sehr geringe laufende Brennstoffkosten (die „Sonne schickt keine Rechnung“). Sie bieten daher zu niedrigen Preisen an und drücken so häufig das Strompreisniveau. Allerdings ist ihre Verfügbarkeit wetterabhängig – fehlt Wind oder Sonne, steigen die Preise, weil dann teure Reservekraftwerke (häufig Gaskraftwerke) zum Einsatz kommen.

  • Negative Preise
    Negative Strompreise entstehen zu Zeiten eines Überangebots, etwa wenn extrem viel Strom aus Wind- oder Solaranlagen produziert wird, während die Nachfrage gering ist und einige Kraftwerke (etwa Kohleblöcke) aus technischen Gründen nicht schnell heruntergefahren werden können. Dann erhalten Abnehmer Geld dafür, dass sie den Strom abnehmen. Allerdings profitieren davon in der Praxis weniger Haushalte als vielmehr Akteure im Großhandelsmarkt.

  • Volatilität durch fluktuierende Erzeugung
    Weil erneuerbare Energien kein Grundlastverhalten aufweisen, entstehen stark schwankende Preise – an windstarken Tagen mit geringem Bedarf tendieren die Börsenpreise nach unten, während sie in wind- und sonnenarmen Zeiten hochschnellen können.


3. Netzausbau, Kapazitätsmärkte und das Problem der Versorgungssicherheit

Wenn Kohle- und Kernkraftwerke vom Netz gehen und Gaskraftwerke oft nur wenige Stunden im Jahr laufen sollen, um Spitzenlasten auszugleichen, stellt sich die Frage nach Wirtschaftlichkeit und Versorgungssicherheit. Wesentliche Punkte:

  • Netzengpässe und Redispatch
    Obwohl viel Strom aus dem windreichen Norden stammt, fehlen ausreichende Leitungen in den verbrauchsstarken Süden. Bei Überlastung müssen Windanlagen abgeregelt werden („Abregelung“), während man im Süden Kohlestrom anwirft. Das führt zu paradoxen Situationen, in denen trotz Überangebots im Norden teure und emissionsintensive Kraftwerke im Süden laufen. Ein grundsätzlicher Umbau des Marktdesigns in verschiedene Preiszonen wäre denkbar, ist politisch aber umstritten.

  • Kapazitätsmarkt vs. Energy-Only-Markt
    Gegenwärtig herrscht der „Energy-Only-Markt“: Ein Kraftwerksbetreiber verdient nur dann Geld, wenn er Strom produziert und verkauft. Gaskraftwerke, die nur wenige Tage oder Stunden laufen, müssten bei hohen Börsenpreisen ihre gesamten Fixkosten decken können, damit sich die Investition lohnt. Das würde extrem schwankende – bisweilen sehr hohe – Preise bedeuten. Aus politischen Gründen könnte ein „Kapazitätsmarkt“ eingeführt werden, bei dem Stromerzeuger eine Prämie allein für das Bereithalten (die Kapazität) erhalten. Dies verringert Preisextreme, ist aber weniger markteffizient und verursacht zusätzliche Kosten.

  • Stromausfallrisiko und Versicherungsmodelle
    In der Diskussion wurde auch erörtert, ob man den Blackout über Versicherungsmodelle in private Verantwortung legen könnte. Derzeit lösen jedoch staatliche Netzbetreiber und Regulierung diese Aufgabe. Für Großverbraucher wie Aluminiumwerke existieren bereits Entschädigungsmodelle, wenn sie den Verbrauch bei Engpässen drosseln („Demand-Side-Management“).


4. Klimapolitik, CO₂-Bepreisung und internationale Wechselwirkungen

Das Gespräch widmete sich außerdem der europäischen Klimapolitik: Ob CO₂-Handel oder CO₂-Steuer, ob Subventionen für erneuerbare Energien oder Effekte des sogenannten grünen Paradoxons – das Zusammenspiel von Markt und Regulierung ist hochkomplex.

  • EU-Emissionshandel und „Wasserbetteffekt“
    Innerhalb des EU-ETS (Emissionshandelssystems) existiert ein oberes Limit (Cap) für die Gesamtmenge an Emissionen. Wer CO₂ verursacht, muss ein Zertifikat erwerben. Gleichzeitig führt jede zusätzliche freiwillige Emissionsminderung in einem Land nur bedingt zu einer Minderung auf EU-Ebene, da die frei werdenden Emissionszertifikate in anderen Sektoren oder Ländern genutzt werden können (Wasserbetteffekt). Freiwilliger Klimaschutz in Deutschland hat also innerhalb des EU-ETS nur begrenzte Wirkung.

  • Grünes Paradoxon nach H.-W. Sinn
    Global betrachtet kann ein sinkender Verbrauch in Europa den Ölpreis senken und damit die Ölnachfrage in anderen Weltregionen erhöhen, wenn das Angebot sich nicht entsprechend verringert. Dieses Phänomen spricht dafür, dass nationale Alleingänge wenig globale CO₂-Einsparungen bewirken, solange kein weltweit koordinierter Emissionspfad existiert.

  • Kostendegression bei Solartechnik
    Ein positiver Effekt des deutschen EEG-Systems war allerdings, dass die internationale Photovoltaik-Herstellung stark skaliert und die Preise für Solarzellen drastisch gesunken sind. Damit wird diese Technologie für Schwellen- und Entwicklungsländer erschwinglich. Allerdings ist unklar, ob und in welchem Ausmaß das allein die globale Energiewende beschleunigt, solange fossile Energieträger weiter verfügbar und preisgünstig sind.

  • Rolle der Kernenergie
    Während Deutschland aus der Kernenergie ausgestiegen ist, setzen Nachbarstaaten wie Frankreich oder Polen auf Neu- oder Ausbau von Atomkraftwerken. Auf dem europäischen Strommarkt könnte das den Börsenstrompreis tendenziell senken. Deutschland profitiert dann als Stromimporteur von preiswertem Atomstrom, ohne die Risiken der eigenen Kernkraftnutzung zu tragen. Langfristig jedoch bleibt die Frage der Endlagerung und der Akzeptanz bestehen.


5. Perspektiven: Vom Smart Meter bis zur zukünftigen Preisgestaltung

Smart Meter und flexible Tarife
Eine wesentliche Diskussion betrifft die Frage, wie Endkunden – insbesondere Haushalte – durch Preissignale zu einem zeitlich angepassten Stromverbrauch animiert werden können. Mit Smart Metern und dynamischen Tarifen könnte man Spitzenlasten glätten und mittags bei hoher Solarproduktion günstigen Strom verbrauchen, während abends oder an windstillen Tagen höhere Preise gelten. Dazu ist eine Anpassung der Netzentgelte nötig, denn derzeit machen Steuern, Abgaben und Fixkosten den größeren Teil des Strompreises aus, während die rein marktbasierten Energiekosten oft nur ein Viertel oder ein Drittel ausmachen.

Zunehmende Bedeutung von Speicher und Eigenversorgung
Um in Zeiten negativer oder sehr niedriger Preise Strom aufzunehmen und ihn bei hohen Preisen abzugeben, könnten Speicher – von Batteriespeichern bis zu potenziellen Wasserstoffanlagen – wirtschaftlich interessanter werden. Darüber hinaus besteht weiterhin Handlungsbedarf beim Netzausbau, um Transportengpässe zu beheben, sowie in der europäischen Koordination, damit grenzüberschreitende Lieferungen effizienter ablaufen.

Fazit
Das Gespräch zwischen Prof. Heindl und Prof. Dr. Liebensteiner verdeutlicht, wie stark die Energiewelt bereits im Umbruch ist. Obwohl erneuerbare Energien auf dem Vormarsch sind, wird der Durchschnittsstrompreis absehbar steigen, da flexibel einsetzbare Kraftwerke – vor allem Gas- oder später wasserstoffbetriebene Anlagen – die Versorgungssicherheit gewährleisten müssen. Die politischen Diskussionen bewegen sich zwischen Marktlösungen und staatlicher Regulierung, etwa über Kapazitätsmärkte und Subventionen. Für Verbraucher wie Industrie ist eine steigende Preisdynamik zu erwarten, die nicht nur Anpassungsdruck, sondern auch Chancen für innovative Geschäftsmodelle und Technologien schafft. Mittel- bis langfristig bleibt der Ausbau der erneuerbaren Energien, kombiniert mit Flexibilität und Speichertechnologien, der Schlüssel für eine bezahlbare und nachhaltige Stromversorgung – nur wird dies teurer und komplizierter, als noch vor wenigen Jahren angenommen.

Die vollständige Liste aller Energiegespräche finden Sie hier: https://energiespeicher.blogspot.com/p/energiegesprache-mit-eduard-heindl.html


Samstag, 18. Januar 2025

Tom Klein im Energiegespräch

Zusammenfassung des Energiegesprächs mit Tom Klein

Das vollständige Energiegespräch mit Tom Klein auf YouTube.

1. Tom Kleins Weg von Kanada nach Deutschland

Tom Klein, geboren und aufgewachsen in Toronto, kommt als Kind von deutschen Auswanderern bereits früh mit der deutschen Sprache und Kultur in Kontakt. Obwohl er in Kanada zunächst eine akademische Laufbahn einschlägt – studiert u. a. Psychologie, Politik, Philosophie und Literatur und doziert an der Universität – zieht es ihn 1989 nach Deutschland. Hierzulande findet er schließlich sein berufliches Zuhause als Coach und Transformationsberater für Unternehmen.
Seine Entscheidung, Kanada zu verlassen, ist vorwiegend durch ein anhaltendes Gefühl geprägt, in Nordamerika „anders“ zu sein. Dieses „Anderssein“ führt er auf die kulturelle Prägung durch seine Eltern und deren Sprache zurück. Anders als viele Akademiker in Deutschland, die klassisch „topdown“ unterrichten, versucht er stets, sein Wissen in partizipativen Lehr- und Coaching-Formen zu vermitteln. Seine berufliche Tätigkeit ermöglicht es ihm, Elemente beider Kulturen zu verbinden: die Offenheit und Dynamik Kanadas mit der gründlichen, strukturierten Denkkultur Deutschlands.

2. Was ist Transformation? – Zwischen evolutionärer Verbesserung und Systemwechsel
Ein zentrales Motiv in Tom Kleins Arbeit ist die Begleitung und Initiierung von Transformationsprozessen. Er unterscheidet dabei zwischen Veränderungen „erster Ordnung“ und Veränderungen „zweiter Ordnung“. Letztere beschreibt er als systemische Transformation: Sie erfordert das Loslassen alter Muster, um gänzlich neue Wege zu gehen. Genau darin liegt die eigentliche Herausforderung für Unternehmen, aber auch für politische Systeme.
In seinen Ausführungen wird deutlich, wie oft Veränderungsbemühungen in Unternehmen an widerstrebenden Strukturen oder festgefahrenen Denkmustern scheitern. Etwa wenn eine IT-Abteilung bereits agil und schnell reagieren möchte, aber Controlling, Personalwesen (HR) und Vorstand nach wie vor klassisch-hierarchische Methoden anwenden. Das Resultat sind oftmals Blockaden und Inkompatibilitäten. Klein betont, dass ein wahrer Transformationsimpuls zwar häufig „top down“ initiiert wird, die eigentliche Dynamik jedoch von unten her – also „bottom-up“ – wachsen muss.

3. Digitale Disruption, Unternehmenskultur und politische Steuerung
Ein Schlüsselbeispiel für tiefgreifende Transformationen bildet die Autoindustrie: Lange Zeit galten deutsche Hersteller weltweit als vorbildlich für Ingenieurskunst und Qualitätsstandards. Doch mit dem Aufkommen von Tesla sowie digitaler Vernetzung und Software-getriebenen Geschäftsmodellen haben viele deutsche Autobauer den Anschluss an neue Technologien, insbesondere die Digitalisierung, verschlafen. Die bestehenden linearen Denk- und Planungsprozesse – basierend auf inkrementellen Verbesserungen – treffen auf eine exponentielle Veränderungsgeschwindigkeit, der mit herkömmlichen Methoden kaum beizukommen ist.
Klein verweist auf die Versäumnisse in Deutschland, die bereits mit dem Internet- und Laptop-Boom begannen. Die großen Hardware-Wellen, Social-Media-Plattformen und nun die dritte Welle Künstlicher Intelligenz fanden und finden meist anderswo statt. Obwohl hierzulande Spitzenforschung betrieben wird, fehlt häufig das politische und wirtschaftliche Ökosystem, um aus Innovation auch marktstarke Produkte zu formen. Deutlich wird zudem, dass Kontrollbestrebungen seitens Politik und Management – etwa durch immer neue Kennzahlen, Auflagen und Verbote – in Zeiten hoher Komplexität kontraproduktiv sein können. Sie erzeugen mehr Gegenkräfte und lähmen die eigentliche Vitalität und Innovationskraft der jeweiligen Organisation oder Gesellschaft.

4. Energiepolitik und deutsche Industrie: Ein kritischer Blick
Im Gespräch geht es ausführlich um die deutsche Energiewende. Aus Kleins Sicht krankt sie an einem angstgetriebenen Narrativ und einem autoritär anmutenden Vorgehen von oben. Statt einer praxisorientierten „Phasen-Lösung“ mit parallel voranschreitendem Ausbau verschiedener Technologien (einschließlich Kernenergie als emissionsarme Grundlastquelle) habe Deutschland auf einen radikalen Ausstieg aus der Kernkraft gesetzt. Gleichzeitig bleiben zentrale Fragen der Netzstabilität und bezahlbaren Energie ungelöst.
Das Resultat seien hohe Strompreise und Unsicherheit: Wichtige Industrien wie Chemie, Stahl, Automobilproduktion und Maschinenbau – alle basierend auf günstiger und verlässlicher Energie – geraten zunehmend unter Druck. Als besonders problematisch beurteilt Klein, dass eine Vielzahl der neuen Technologien (Solaranlagen, Batterien etc.) nicht in Deutschland, sondern im Ausland hergestellt wird. Damit ist kein nationaler Aufschwung verbunden, sondern oftmals eine Netto-Belastung durch teure Importe und zusätzliche Verschuldung für Subventionen.
Daran zeigt sich nach Kleins Einschätzung auch ein Mangel an angemessenem Umgang mit Komplexität: Ein (politischer) Glaube, durch immer mehr Vorschriften und Verbote könne man Großsysteme wie Wirtschaft und Gesellschaft kontrollieren, offenbart sich in der Praxis als Irrglaube. Es fehle an pragmatischen, gestaltenden Impulsen und einer breiten Einbindung sämtlicher Akteure.

5. Chancen, Risiken und Perspektiven – Vom Freiraum zur Vitalität
Trotz der kritischen Diagnose benennt Klein Ansätze, die Mut machen können. Er greift das Bild einer „somatischen Psychologie“ auf, nach der jedes System – ob Mensch, Unternehmen oder Gesellschaft – grundsätzlich voller Vitalität ist. Die entscheidende Frage lautet: „Wie viel Kraft, wie viel Vitalität ist das System bereit auszuhalten?“
Dafür müssten jedoch „Pflöcke der Kontrolle“, also überbordende Vorschriften und Angst-gesteuerte Verbotsmentalität, gelockert oder beseitigt werden. Statt topdown-Steuerung und rigoroser Markteingriffe bräuchte es Raum für Experimente, dezentrale Innovation und pragmatische Umsetzungen. Im Idealfall setzt man gezielt Anreize (z. B. kostengünstiger Strom, steuerliche Erleichterungen für Forschung), ohne die Wirtschaft mit Verboten und Bürokratie zu ersticken.
Gerade in hochkomplexen Fragestellungen wie der Klimapolitik oder Digitalisierung plädiert Klein für eine verantwortungsvolle, aber weniger angstgeleitete Haltung: Der Staat solle eher Impulse anstoßen, Rahmenbedingungen vereinfachen und „Sammelbewegungen“ erlauben, bei denen Forschung, Industrie und Gesellschaft gemeinsame Visionen entwickeln. Verbote und strenge Kontrolle seien langfristig kontraproduktiv und würden Abwanderung, Populismus und Spaltung fördern.

Abschließend bleibt der Appell, dass es möglich ist, Transformationsprozesse zum Gelingen zu bringen. Hierfür müssten einerseits Politik und Verwaltung ihre allzu enge Steuerungsmentalität aufgeben, andererseits Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen die Verantwortung für Gestaltung und Innovation selbstbewusster annehmen. So wie der einzelne Mensch durch riskante Erfahrungen wachsen kann, so können Wirtschaft und Gesellschaft jenseits starrer Vorschriften eine neue Form von Vitalität erlangen – sofern man sie lässt.

Die vollständige Liste aller Energiegespräche finden Sie hier: https://energiespeicher.blogspot.com/p/energiegesprache-mit-eduard-heindl.html

Samstag, 4. Januar 2025

Joscha Bach im Gespräch

Dr. Dr. h.c. Joscha Bach im Gespräch mit Eduard Heindl 

Das vollständige Gespräch mit Joscha Bach auf YouTube


1. Kindheit in der DDR und Weg in die KI-Forschung

Joscha Bach, in Weimar in der ehemaligen DDR geboren, schildert zu Beginn des Gesprächs seine Kindheits- und Jugenderfahrungen. Er sei die letzte Generation, die noch voll in der DDR sozialisiert worden sei und habe als Jugendlicher mit großem Idealismus an den politischen Veränderungen teilgenommen. Das Ende der DDR empfand er zunächst als Verlust der erhofften gesellschaftlichen Neuerungen. Dennoch erkennt er später, dass der Anschluss an die Bundesrepublik und der damit verbundene Zugewinn an Freiheiten ihm beruflich Türen geöffnet haben.
Nach dem Mauerfall studierte er an der Humboldt-Universität und forschte unter anderem am MIT und in Harvard. Dabei verfolgte er eine Leidenschaft, die in Deutschland damals nicht stark etabliert war: das Streben nach „starker KI“, also das Ergründen und Nachbauen des menschlichen Geistes in Computerform. Er schildert, wie er sich nach den USA orientiert hat, da er dort auf mehr Offenheit für radikale Forschungsansätze stieß. Während seiner Dissertation wurde ihm in Deutschland mehrfach gesagt, sein Thema sei „zu groß“ und nicht in die geförderten Forschungsrahmen zu integrieren. In den USA, so Bach, habe er jedoch mehr Freiraum gefunden, um seine Vision einer wirklich umfassenden Kognitionsarchitektur weiterzuverfolgen.

2. Was ist Intelligenz? Lernprozesse bei Mensch und Maschine
Ein Kernstück des Gesprächs bildet die Frage, wie man Intelligenz überhaupt definiert. Klassisch verstehe man darunter oft die Fähigkeit zum Problemlösen. Bach allerdings betont, dass die menschliche Intelligenz mehr sei als nur Problemlösung: Sie zeige sich in der Fähigkeit, komplexe Modelle von Weltzusammenhängen zu bilden, Muster zu erkennen und Bedeutungen in größere Kontexte einzubetten.
Im Bereich Künstlicher Intelligenz gebe es heute eine „Skalierungshypothese“: Je mehr Daten und Rechenleistung ein (statistisches) Lernmodell hat, desto besser würden die Resultate. Diese Methode habe zu riesigen Sprachmodellen (LLMs) wie GPT geführt, die aus Abermillionen Texten statistische Zusammenhänge lernen und in gewissem Maße „Verständnis“ simulieren. Bach weist aber darauf hin, dass Menschen weit weniger Daten benötigen, um Sprache, Objekte oder Interaktionen zu meistern. Während ein Kleinkind in wenigen Lebensjahren intuitiv lernt, seine Umgebung zu deuten, benötigen KI-Systeme noch Unmengen an Trainingsmaterial. Dies könne darauf hinweisen, dass beim Menschen andere und effizientere Lernmechanismen, möglicherweise mit starken Rekurrenzen und selbstorganisierenden Prozessen, zum Tragen kommen.
Zudem verweist Bach auf grundlegende Unterschiede in der Organisation biologischer Neuronen gegenüber künstlichen Netzen: In der Biologie entstünden vielschichtige Schleifen, Rückkopplungen und Selbstorganisation, die man in heutigen KI-Architekturen nicht oder nur vereinfacht abbilde. Die traditionellen Feedforward-Netze mit Backpropagation deckten nur einen Bruchteil möglicher selbstorganisierender Lernprozesse ab.

3. Bewusstsein, Wille und die Metaphysik des Geistes
Ein weiterer Schwerpunkt ist der Begriff des Bewusstseins. Im westlichen Diskurs werde oft zwischen Physischem und Geistigem getrennt. Historisch gehe das auf René Descartes zurück, der „res extensa“ (die ausgedehnte Welt) von „res cogitans“ (dem denkenden Geist) unterschieden habe. Bach kritisiert jedoch die Gleichsetzung, als sei unsere sinnlich erfahrbare Welt identisch mit der physikalischen Welt „da draußen“. Tatsächlich sei alles, was wir wahrnehmen, eine Konstruktion des Gehirns, das aus Sinnesreizen ein stimmiges Modell generiere. Farben, Töne, Schmerz- und Willenserleben seien psychologische Realitäten, die in mathematischen Beschreibungen oder in den quantenmechanischen Formeln der Physik keinen direkten Widerhall fänden.
Der „freie Wille“ sei ebenfalls kein physikalischer, sondern ein psychologischer Begriff: Aus subjektiver Perspektive fühlen wir uns frei, solange wir unsere Handlungen nicht vorhersagen können. Die Physik hingegen kennt nur deterministische oder probabilistische Prozesse, nicht jedoch einen Willensbegriff. Bach deutet an, dass es sich vielmehr um verschiedene „Ebenen“ oder „Sprachen“ handle: eine Ebene der Physik, eine der kausalen Abläufe und eine der subjektiven Erfahrungen, die sich teilweise überschneiden, aber nicht aufeinander zurückführen lassen.
In diesem Kontext verweist Bach auf den altgriechischen Philosophiebegriff des „Logos“: Es gebe eine Form, in der Denkprozesse, Bedeutungen und Logik in einem gemeinsamen Bezugsrahmen eingebettet seien. Die Moderne habe jedoch den Blick auf diese umfassende Metaphysik teilweise verloren oder diskreditiert, weil man in den Wissenschaften nur noch falsifizierbare Theorien gelten lassen wollte.

4. Selbstorganisation, Gesellschaft und Ethik
Bach reflektiert, dass es nicht ausreiche, KI-Systeme einfach in politische oder technokratische Schablonen zu pressen. Es gehe um eine tiefergehende Idee von Gesellschaft und Verantwortung. Er zieht Parallelen zwischen biologischer Selbstorganisation und gesellschaftlichen Prozessen:

  • Gesellschaftlicher Wandel: Imperien sind wie Organismen, die wachsen und wieder zerfallen. Kein Imperium habe je dauerhaft Bestand gehabt, jede Hochkultur habe ihre Zyklen. Auch gegenwärtige Großmächte seien in dieser Dynamik gefangen. Fortschritt und Niedergang könnten sich rasch ablösen.
  • Komplexität und Integration: Eine Zivilisation funktioniere nur, wenn genügend Menschen die nötige Expertise integrieren. So sei etwa die moderne Chipfertigung ein hochkomplexer Verbund von Ingenieurleistungen, die kein Einzelner mehr überblicken könne. Auch in der Wissenschaft wirke häufig ein Gruppendenken, das zwar inkrementell voranschreite, aber riskieren könne, neue Paradigmen zu verschlafen.
  • Werte und Zielsetzungen: Viele Menschen, die sich rein sozial an Mehrheitsmeinungen orientieren, fürchten, KI könne „falsche“ Inhalte erzeugen oder manipulative Ideologien verbreiten. Rationalistisch denkende Menschen hingegen suchen nach besseren Algorithmen und Daten. Eine noch höhere Entwicklungsstufe (Stufe 5 nach Robert Kegan) setze voraus, dass man erkannt habe, wie Identität form- und wandelbar ist.

Gerade beim Thema Ethik für KI-Systeme betont Bach, dass wir Menschen eigentlich noch gar keine konsistente, logisch fundierte Ethik entwickelt hätten, die sich formal in Algorithmen gießen ließe. Die Religionen seien lange Zeit ein sozial tragfähiger Rahmen gewesen, aber mit der Säkularisierung seien bestimmte Werte verloren gegangen oder unklar geworden. Ein reiner „Utilitarismus“ reiche ebenso wenig wie rein regelbasierte Moralvorstellungen.

5. Ausblick: Zwischen Quantencomputern und planetarer Zukunft
Zum Ende des Gesprächs spannt sich der Bogen noch weiter auf:

  • Quantenphysik und Quantencomputer
    Bach beschreibt, wie Quantencomputer letztlich die Church-Turing-These nicht aushebeln, sondern lediglich andere Ressourcen im „Fundament“ der Physik anzapfen. Da alles auf quantenmechanischen Feldern basiere, stelle sich die Frage, wie diese Vielzweck-Rechenschicht auf fundamentaler Ebene genau organisiert ist. Die Quantenmechanik sei für menschliche Intuition schwer fassbar, weil wir mit unserer Alltagswelt nur deterministische oder grob statistische Vorgänge verknüpfen.
  • Menschheit am Scheideweg
    Die Diskussion streift die Idee, ob unsere industrialisierte Welt nachhaltig ist oder ob sie in einen Kollaps führen muss. Bach vergleicht manche politischen Umbrüche mit dem Zusammenbruch der DDR und sieht zugleich eine gewisse Richtungslosigkeit. Die Menscheit könne technisch zwar noch weiter skalieren – bis hin zu multiplanetaren Siedlungen –, gleichzeitig bestehe jedoch das Risiko, dass soziale, ökologische und ethische Systeme dem Tempo nicht folgen könnten.
  • Der Wert des Wissens
    Wie kann die Gesellschaft verhindern, dass hochspezialisierte Gruppen zu einer intransparenten „Priesterkaste“ werden, die Wissen hortet und so Macht ausübt? Die Organisation von Technologie, die Speicherung von Kultur, die Bildung künftiger Generationen: All dies verlangt nach kohärenten Rahmenbedingungen. KI-Systeme könnten, so Bach, helfen, Wissen zu ordnen. Doch sie werfen ebenso Fragen nach Kreativität, Ursprung neuer Ideen und menschlicher Identität auf.

Am Schluss unterstreicht Bach die Wichtigkeit, Metaphysik, Psychologie, Technologie und Physik nicht jeweils als isolierte Inseln zu betrachten. Vielmehr sollten wir versuchen, einen umfassenden, konsistenten Bezugsrahmen zu schaffen – einer, in dem sowohl moderne KI-Systeme als auch uralte Fragen über Bewusstsein, Freiheit und Sinn gebührend Platz finden. Nur so gelinge es, eine Welt zu gestalten, in der künstliche Intelligenz nicht bloß Datenmuster vervollständigt, sondern mit zu einer lebensfreundlichen Zukunft beiträgt.

Die vollständige Liste aller Energiegespräche finden Sie hier: https://energiespeicher.blogspot.com/p/energiegesprache-mit-eduard-heindl.html