Prof. Wolfgang Braun
1. Frühe Prägung und Weg an die Hochschule Furtwangen
Wolfgang Braun beginnt seine Laufbahn mit einer Ausbildung zum Nachrichtenelektroniker und erhält die Möglichkeit, an der Hochschule Furtwangen zu studieren. In dieser Zeit trifft er auf ein Bildungssystem, das größtenteils auf konventionelle Wissensvermittlung setzt, jedoch wenig auf Begeisterung oder individuelles Talent eingeht. Braun erlebt die Ausbildung als eher von Angst und Leistungsdruck geprägt. Dennoch nutzt er diese Phase, um „lernen zu lernen“ und entwickelt ein hohes Durchhaltevermögen. Seine jugendliche Leidenschaft für den Leistungssport – er war in der württembergischen Auswahl in der Nordischen Kombination – lehrt ihn zusätzlich Disziplin, Zielstrebigkeit und den Umgang mit Rückschlägen.
In Furtwangen erwirbt er zudem erste technische Fertigkeiten, baut eigene Schaltungen, programmiert unter engen Ressourcen und erkennt, dass ihm das Ingenieurdenken in Fleisch und Blut übergeht. Gleichzeitig arbeitet er an seiner persönlichen Weiterentwicklung, entdeckt Methoden des Zeit- und Selbstmanagements (etwa nach der „Löhnmethode“) und beginnt, über reine Technik hinauszudenken. Der Kontakt mit Professoren, Gastdozenten und neuen Denkansätzen in Bereichen wie Parapsychologie oder Traumforschung öffnet seinen Horizont. Er lernt, dass effektives Lernen, Projektarbeit und Neugier zentrale Bausteine für künftigen Erfolg sein können.
2. Aufbruch in die USA und prägende Erfahrungen am MIT
Ein Fulbright-Stipendium führt Braun in die USA. Dort studiert er am MIT, lernt andere Kulturen, Denkweisen und vor allem ein völlig anderes Bildungsklima kennen: weg von hierarchischer Stoffvermittlung hin zu einer Kultur der Selbstentfaltung, der kritischen Diskussion und des gegenseitigen Befruchtens mit Ideen. Am MIT begegnet er führenden Köpfen aus der Informatik, künstlichen Intelligenz, Systemtheorie und Robotik.
Diese Zeit ist für ihn ein prägender Schritt, denn er erfährt, wie Innovation entsteht, wenn man Menschen Freiräume, Ressourcen und intellektuelle Herausforderungen bietet. Das amerikanische System fördert Querdenker, nutzt interdisziplinäre Teams und ist offen für ungewöhnliche Lösungsansätze. Braun lernt hier nicht nur technische Fähigkeiten, sondern auch, wie wichtig kulturelle Offenheit, Teamarbeit und konsequente Umsetzung sind. Die Zeit in den USA legt den Grundstein für seine spätere Karriere: Sie vermittelt ihm ein Verständnis davon, wie Führung, Management und Technologietransfer in globalen Unternehmen funktionieren könnten – wenn man Mut zu Neuem hat.
3. Karriere in der IT-Branche: Von HP über DEC bis zur debis/Daimler-Welt
Nach dem Studium steigt Braun bei Hewlett-Packard (HP) ein. Dort erlebt er ein unternehmerisches Klima, in dem Teamleistung über individuelle Eitelkeiten gestellt wird. HP fördert aktiv die Mitarbeiterentwicklung, setzt auf horizontale Vernetzung, Mentoring und daran geknüpfte finanzielle Anreize. Braun merkt schnell: Wenn man Mitarbeiter fördert und ihre Karriere voranbringt, kommt das gesamte Team und letztlich das Unternehmen voran.
Diese Erfahrungen prägen ihn für spätere Stationen, etwa bei Digital Equipment (DEC) und schließlich bei Daimler. Bei der Gründung des debis Systemhauses (Daimler-Benz InterServices) findet er sich in einer gänzlich anderen Unternehmenskultur wieder. Das Ziel, 50% Umsatz von außerhalb des Konzerns zu generieren, führt dazu, dass Braun M&A-Prozesse forciert, externe Firmen einkauft und komplexe Integrationsprojekte bewältigen muss. So sammelt er Know-how im Bereich globaler Unternehmensentwicklung, Change Management und strategischen Verkaufsgesprächen.
Diese Zeit konfrontiert ihn auch mit Widerständen: deutsche Konzerne sind schwerfälliger, hierarchischer, weniger offen für Kritik und Veränderungen als das dynamische Silicon Valley. Dennoch kann er durch beharrliches Vorgehen, interne Netzwerke, Visionen und viel Risikobereitschaft erfolgreiche Strategien einführen. Er entwickelt beim debis Systemhaus leistungsfähige Prozesse, schafft Outsourcing- und Beratungsmodelle und zeigt, dass inkrementelle Innovation nicht reicht – manchmal braucht es radikale, mutige Schritte.
4. Innovation, Krisenmanagement und Corporate University bei Daimler
Braun widmet sich bei Daimler weiteren Großprojekten: Er unterstützt die Transformation des Konzerns, treibt globale Strategien voran, setzt auf offene Standards und versucht, Daimler im internationalen Wettbewerb neu zu positionieren.
Eine besondere Herausforderung ist das Krisenmanagement rund um die A-Klasse und den sogenannten Elchtest. Braun erkennt hier, dass technische Exzellenz allein nicht genügt; Kommunikation, glaubwürdiger Auftritt vor der Öffentlichkeit und schnelles Umdenken sind ebenso wichtig. Ein Einsatz von ESP als Serienausstattung und clevere Schachzüge im Umgang mit Wettbewerbern wie Volkswagen helfen, das Vertrauen der Kunden zurückzugewinnen.
Zudem baut Braun bei Daimler eine Corporate University auf. Ziel ist es, in kurzer Zeit Top-Führungskräfte auf globale Finanz- und Managementstandards, Strategie- und Veränderungsprozesse vorzubereiten. Er holt internationale Professoren und interne Praktiker zusammen, entwickelt maßgeschneiderte Lernformate und nutzt erstmals satellitenbasierte Schulungen, um weltweit Wissen zu vermitteln. Dieser innovative, praxisnahe Ansatz beim Management-Development wird zum Vorbild in der deutschen Industrie.
5. Blick auf die Automobilindustrie, kulturelle Hürden und Zukunft des Lernens
Braun zeigt in seinen Erzählungen, wie konservativ die europäische Automobilindustrie lange agierte: Innovationspotenziale wie Elektroantriebe, Software-Engineering oder autonome Systeme wurden früher bei Daimler durchaus erkannt, aber wegen interner Widerstände und Kurzsichtigkeit verschmäht oder ausgelagert. Über Kooperationen mit Tesla und andere Start-ups sind viele bahnbrechende Ideen aus Stuttgart letztlich anderswo in erfolgreiche Produkte eingeflossen.
Das Problem sieht Braun in mentalen Barrieren, mangelnder Risikobereitschaft und in eingefahrenen Strukturen. Während er in den USA und später im asiatischen Raum ein hohes Tempo, mutige Entscheidungen und flache Hierarchien erlebt, herrscht in Deutschland oft ein starres Korsett aus Bürokratie, internen Rivalitäten und fehlendem Willen, sich neu zu erfinden. Viel Wissen und Können verschwindet so im Nirgendwo. Gleichzeitig mahnt Braun, dass Bildung und Unternehmensführung von Anfang an Freude am Lernen, Teamgeist und die Fähigkeit zur flexiblen Selbstorganisation vermitteln müssen. Nur so lassen sich globale Herausforderungen meistern, radikale Innovationen umsetzen und sinnstiftende Karrieren für kommende Generationen ermöglichen.
In seiner jahrzehntelangen Laufbahn hat Wolfgang Braun gelernt, dass konsequentes Lernen, kulturelle Offenheit, Mut zur Veränderung und ein intelligentes Zusammenspiel von Teamarbeit, Technologie und Strategie entscheidend sind. Er zeigt an vielen Beispielen, wie nötig es ist, starre Denkweisen aufzubrechen, die richtigen Menschen zu fördern und eine Organisation so zu gestalten, dass sie auf globale Märkte und rasanten technologischen Wandel reagieren kann. Das Vermächtnis seines Berufswegs ist die Erkenntnis, dass Ingenieurskunst, Management-Know-how und menschliche Faktoren zusammenkommen müssen, um echte Transformation zu bewirken.
Die vollständige Liste aller Energiegespräche finden Sie hier: https://energiespeicher.blogspot.com/p/energiegesprache-mit-eduard-heindl.html
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