Weitere Blogs von Eduard Heindl

Innovationsblog neue Ideen | Some Science my research | Energiespeicher Bedeutung und Zukunft | Energy Age the big picture (engl.)

Montag, 21. Juli 2025

Dr. Nico Wehrle

Interview mit Dr. Nico Wehrle: Energiespeicher und die Zukunft der Energieversorgung

Das vollständige Gespräch mit Dr. Nico Wehrle auf YouTube.

Einführung und Hintergrund von Dr. Nico Wehrle

Dr. Nico Wehrle, Maschinenbauingenieur und Experte für Energiespeicher, hat in Deutschland zu diesem Thema promoviert. Seine berufliche Laufbahn begann in der Kernenergie, wo er in Heidelberg bei einem Unternehmen für kerntechnische Berechnungen tätig war. Später wechselte er zu einem Hersteller von Wasser- und Wärmemesstechnik im Schwarzwald, wo er sich intensiv mit Energiespeicherung auseinandersetzte, insbesondere mit dem Konzept des Gravity Storage. Sein Interesse an der Kombination von erneuerbaren Energien und Speichersystemen führte zu seiner Dissertation, die sich mit der Ermittlung des Speicherbedarfs und den zugehörigen Kosten in Deutschland beschäftigt.

Herausforderungen der erneuerbaren Energien

Erneuerbare Energien wie Wind- und Solarenergie sind volatil und nicht kontinuierlich verfügbar, im Gegensatz zu fossilen oder nuklearen Energiequellen. Dr. Wehrle betont, dass die Schwankungen dieser Energiequellen – besonders bei Windkraft, die zwischen 18 und 24 Prozent Nutzungsgrad variiert, während Solarenergie stabiler bei 10 bis 11 Prozent liegt – einen erheblichen Speicherbedarf erzeugen. Um diesen Bedarf zu ermitteln, analysierte er öffentlich zugängliche Daten von Übertragungsnetzbetreibern und dem Solaren Forschungsinstitut Freiburg. Diese Daten, die in 15-Minuten- bis stündlichen Intervallen vorliegen, ermöglichen es, den Strombedarf und die Stromerzeugung über das Jahr hinweg zu berechnen und den Speicherbedarf abzuleiten.

Vielfalt der Speichertechnologien

Dr. Wehrle untersuchte verschiedene Speichertechnologien, die jeweils unterschiedliche Anforderungen erfüllen. Lithium-Ionen-Batterien bieten einen hohen Wirkungsgrad (ca. 95 %) und schnelle Reaktionszeiten, sind jedoch für große Kapazitäten teuer. Zink-Luft-Speicher sind kostengünstiger, da Zink ein preiswerter Werkstoff ist, und ermöglichen eine unabhängige Skalierung von Energiewandler und Speicher. Pumpspeichersysteme nutzen komprimierte Luft und thermodynamische Prozesse für große Speicherkapazitäten, sind aber langsamer. Power-to-Gas-Technologien, wie Wasserstoff- oder Methanspeicherung, bieten große Kapazitäten, haben jedoch geringere Wirkungsgrade (33–35 %). Besonders die Methanisierung, bei der Wasserstoff in Methan umgewandelt wird, könnte bestehende Erdgasspeicher mit einer Kapazität von etwa 220 Terawattstunden nutzen.

Kostenfaktoren und Speicherzyklen

Die Kosten eines Speichersystems hängen stark von der Anzahl der Entladezyklen ab. Lithium-Ionen-Batterien, die häufig genutzt werden, sind aufgrund ihrer hohen Zyklenzahl kosteneffizienter, da sich die Investitionskosten auf viele Zyklen verteilen. Im Vergleich dazu sind saisonale Speicher, die nur wenige Zyklen pro Jahr haben, teurer, da die Investitionskosten auf wenige Entladungen umgelegt werden müssen. Dr. Wehrle schätzt, dass die Speicherkosten bei einer vollständigen Versorgung durch erneuerbare Energien das Drei- bis Vierfache der Stromerzeugungskosten betragen könnten. Der Strompreis könnte somit von 5–6 Cent pro Kilowattstunde auf 15–20 Cent steigen, wenn Speichertechnologien eingesetzt werden.

Integration von Kernenergie und anderen Quellen

Dr. Wehrle sieht in der Kernenergie ein großes Potenzial, um die Grundlast abzusichern und den Speicherbedarf zu reduzieren. Er plädiert für eine nüchterne Diskussion über Kernenergie, da sie im Vergleich zu fossilen Brennstoffen wie Kohle deutlich weniger gesundheitsschädlich ist. Neue Technologien wie kleine modulare Reaktoren auf Thorium-Basis könnten kostengünstiger und flexibler sein. Eine Mischung aus 50–60 % Kernenergie und 40–50 % erneuerbaren Energien mit einem gut dimensionierten Speichersystem könnte ein stabiles und kosteneffizientes Energiesystem ermöglichen. Er betont, dass eine vollständige Abhängigkeit von erneuerbaren Energien den Speicherbedarf vervierfachen oder verfünffachen würde.

Zukunft der Energieversorgung

Blickt man in die Zukunft, ist Dr. Wehrle optimistisch. Er glaubt, dass Kernenergie, insbesondere durch Fortschritte bei modularen Reaktoren oder Kernfusion, eine zentrale Rolle spielen wird. Gleichzeitig sollten erneuerbare Energien weiter ausgebaut werden, um fossile Brennstoffe zu ersetzen. Er sieht Potenzial in dezentralen Lösungen wie Solaranlagen mit Wärmepumpen, die den Netzbedarf reduzieren können. Importe von Wasserstoff aus Ländern wie Australien hält er für möglich, aber nicht ideal, da die Abhängigkeit von externen Quellen vermieden werden sollte. Langfristig plädiert er für eine Kombination aus lokalen Lösungen und einer Reduktion der Verbrennungstechnologien, um die Umweltbelastung zu minimieren.

Sie finden alle Videos unter https://energiespeicher.blogspot.com/p/energiegesprache-mit-eduard-heindl.html

Stichworte: Energiespeicher, erneuerbare Energien, Kernenergie, Speichertechnologien, Stromkosten

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen