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Samstag, 29. Juni 2024

Dr. ir. André Wakker

Energiegespräch mit Dr. ir. André Wakker

Einführung und historischer Hintergrund

Dr. Ingenieur Andrej Wakker ist ein langjähriger Befürworter der Kernenergie und hat in verschiedenen Positionen, unter anderem bei ECN und Shell, gearbeitet. In den Jahren 2005 bis 2009 leitete er eine Gruppe, die die niederländische Regierung in Fragen der erneuerbaren Energiepolitik beriet. Bereits zu dieser Zeit warnte er vor den hohen Kosten und der Ineffizienz erneuerbarer Energien und setzte sich stattdessen für die Kernenergie ein. Er argumentiert, dass die Energiedichte und der Kapazitätsfaktor der Kernenergie überlegen sind und dass die Debatte über Kernenergie mehr ideologisch als technisch ist​​.


Dr. Ing. André Wakker im Energiegespräch auf YouTube.

Die Entwicklung der Energiequellen

Historisch gesehen begann die Menschheit mit der Nutzung von Holz als Energiequelle, das als CO₂-neutral gilt. Mit der industriellen Revolution stieg der Bedarf an Energie, und die Gesellschaft wechselte zu Kohle, da Holz nicht mehr ausreichte. Später wurde Öl bevorzugt, da es eine höhere Energiedichte und vielfältigere Anwendungsmöglichkeiten bietet. Seit den 1960er-Jahren ist die Kernenergie aufgrund ihrer hohen Energiedichte die bevorzugte Energiequelle. Die Umstellung auf verschiedene Energiequellen war stets durch das Prinzip der Energiedichte und Effizienz getrieben​​.

Sicherheitsfragen und Katastrophen

Die Sicherheit von Kernkraftwerken ist ein zentrales Thema in der Diskussion um Kernenergie. Es gab in der Geschichte drei große Unfälle: Tschernobyl, Three Mile Island und Fukushima. Tschernobyl war aufgrund eines fehlerhaften Designs und mangelnder Sicherheitsvorkehrungen katastrophal. Three Mile Island zeigte, dass die Sicherheitsmechanismen funktionierten, da trotz eines Kühlmittelausfalls keine radioaktive Freisetzung in die Umwelt stattfand. Fukushima war eine Folge eines Tsunamis, der die Notstromversorgung zerstörte, was zu einem Kernschmelzunfall führte. Trotz der Freisetzung von Radioaktivität waren die Auswirkungen auf die Umwelt relativ gering.

Klimawandel und die Rolle der Kernenergie

Dr. Wakker ist überzeugt, dass der Anstieg von CO₂ in der Atmosphäre real ist und zu einer globalen Erwärmung führt. Allerdings sieht er dies nicht als Katastrophe, sondern als Herausforderung, die durch Anpassung und technologische Lösungen gemeistert werden kann. Er kritisiert die Schließung von Kernkraftwerken in Anbetracht des Klimawandels als unlogisch und heuchlerisch. Die Kernenergie bietet eine emissionsarme Alternative, die wesentlich zur Reduktion von CO₂ beitragen kann. Anpassungsstrategien, wie sie in den Niederlanden bei der Wasserinfrastruktur angewendet werden, könnten weltweit helfen, den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen.

Zukunftsaussichten und technologische Innovation

In der Zukunft sieht Dr. Wakker eine verstärkte Nutzung der Kernenergie als Hauptquelle der Energieversorgung. Er glaubt, dass die Innovation in der Nukleartechnologie, einschließlich kleinerer Reaktoren und Thorium-Flüssigsalzreaktoren, weiter voranschreiten wird. Diese Technologien könnten nicht nur Elektrizität, sondern auch industrielle Prozesse effizienter gestalten. Zudem sieht er das Potenzial für eine verstärkte Nutzung von Wasserstoff aus Kernkraftwerken. Langfristig wird die Mehrheit der Energieversorgung durch Kernenergie gedeckt sein, unterstützt durch erneuerbare Energien in einigen Regionen. Der Fortschritt in der Kernfusion wird zwar weiter erforscht, jedoch wird er nicht als kurzfristige Lösung gesehen.

Schlussfolgerung

Die Diskussion um die Zukunft der Energieversorgung ist stark von ideologischen und politischen Überzeugungen geprägt. Dr. Wakker plädiert für eine pragmatische Herangehensweise, die auf wissenschaftlichen Fakten und technologischen Innovationen basiert. Er fordert mehr sachliche Diskussionen und weniger ideologisch getriebene Entscheidungen, um die Herausforderungen des Klimawandels und der Energieversorgung nachhaltig zu bewältigen.

Eine Liste aller Beiträge finden Sie hier:

https://energiespeicher.blogspot.com/p/energiegesprache-mit-eduard-heindl.html

Samstag, 22. Juni 2024

Prof. Dr. Albert Moser

Stromnetze und Strombörsen in Europa

Einführung

Im Rahmen der Energiegespräche besuchte ich Professor Dr. Albert Moser an der RWTH Aachen. Er ist ein erfahrener Experte auf dem Gebiet der Elektrotechnik und Energiewirtschaft, und seine Einblicke in die Herausforderungen und Entwicklungen der Stromnetze sind von unschätzbarem Wert. Dieser Beitrag fasst das Gespräch zusammen und beleuchtet wichtige Themen wie die Geschichte und den aktuellen Zustand der Stromnetze, Herausforderungen der Energiewende, und technische sowie wirtschaftliche Aspekte der Netzbetreiber.

Der Weg in die Elektrotechnik

Professor Moser erzählte von seinem persönlichen Werdegang und wie er zur Elektrotechnik gekommen ist. Seine Begeisterung für Mathematik und Physik in der Schule und das Vorbild seines älteren Bruders, der Elektroingenieur ist, waren ausschlaggebend. Auch die Zeit bei der Bundeswehr, wo er mit technischen Anlagen arbeitete, verstärkte sein Interesse an diesem Bereich. Diese persönlichen Einblicke betonen, wie wichtig frühe Einflüsse und praktische Erfahrungen für die Berufswahl sein können.

Aufgaben und Forschung am Institut

Das Institut für Elektrische Anlagen und Netze, Digitalisierung und Energiewirtschaft an der RWTH Aachen, in dem Professor Moser tätig ist, ist in drei Lehrstühle unterteilt. Einer davon ist der Lehrstuhl für Übertragungsnetze und Energiewirtschaft, den Professor Moser leitet. Hier werden Themen wie die Planung und der Betrieb von Übertragungsnetzen sowie energiewirtschaftliche Fragestellungen behandelt. Die anderen Lehrstühle befassen sich mit aktiven Energieverteilnetzen und Hochspannungstechnologie. Die Forschung ist eng mit den aktuellen Herausforderungen der Energiewende verknüpft, insbesondere in Bezug auf Smart Grids und innovative Übertragungstechnologien wie Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ).

Die Entwicklung der Stromnetze

Professor Moser erläuterte die historische Entwicklung der Stromnetze in Deutschland. Anfangs dominierten Großkraftwerke, die ihre Energie strahlenförmig verteilten. Mit der Zeit entstand eine komplexe Infrastruktur, die durch gesetzliche und technische Entwicklungen geprägt wurde. Heute stehen wir vor der Herausforderung, diese historisch gewachsene Struktur an die Anforderungen der Energiewende anzupassen. Dies bedeutet vor allem, eine klimaneutrale Energieversorgung zu ermöglichen und die Netze entsprechend zu transformieren.

Herausforderungen und Lösungen der Energiewende

Die Energiewende stellt Netzbetreiber vor große Herausforderungen. Insbesondere der Ausbau der erneuerbaren Energien wie Wind- und Solarenergie erfordert eine Anpassung der Netze. Neue Leitungen müssen geplant und gebaut werden, um die Energie effizient zu transportieren. Hierbei spielen sowohl Wechselstrom- als auch Gleichstromtechnologien eine Rolle. Ein bedeutendes Thema ist auch das Engpassmanagement, bei dem Netzbetreiber Maßnahmen ergreifen, um Überlastungen zu vermeiden und die Netzstabilität zu gewährleisten. Professor Moser betonte die Wichtigkeit einer koordinierten Netzplanung auf nationaler und europäischer Ebene.

Technologische und wirtschaftliche Aspekte

Technologische Innovationen wie Smart Grids und netzbildende Umrichter sind entscheidend für die Zukunft der Stromnetze. Diese Technologien ermöglichen eine bessere Integration erneuerbarer Energien und erhöhen die Netzstabilität. Wirtschaftlich gesehen spielt der Stromhandel an Börsen eine wichtige Rolle. Hier werden Angebot und Nachfrage europaweit gematcht, um die effizienteste Nutzung der verfügbaren Kapazitäten zu gewährleisten. Die Netzbetreiber müssen zudem die Kosten für Netzverluste und Engpassmanagement tragen, was sich letztlich auch auf die Verbraucherpreise auswirkt.

Fazit

Professor Mosers Einblicke zeigen, dass die Entwicklung und der Betrieb von Stromnetzen komplexe Aufgaben sind, die technisches Wissen, wirtschaftliches Verständnis und eine gute Koordination erfordern. Die Energiewende stellt hierbei eine große Herausforderung dar, bietet aber auch Chancen für technologische Innovationen und eine nachhaltigere Energieversorgung. Gesellschaftliche Akzeptanz und der Fachkräftemangel sind weitere wichtige Themen, die angegangen werden müssen, um die Ziele der Energiewende zu erreichen.

Eine Liste aller Beiträge finden Sie hier:
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Samstag, 15. Juni 2024

Professor Dr. Detlef Stolten

Das Energiegespräch mit Professor Dr. Detlev Stolten über die Herausforderungen und Perspektiven der Energiewende, insbesondere im Kontext von Wasserstoff und Elektroantrieb. Prof. Stolten leitet das Institut für Energie- und Klimaforschung in Jülich und hat umfangreiche Erfahrungen in der Industrie und Forschung. 



Hier sind die wichtigsten Punkte:

Kritik an Elektroantrieb und Monokultur in der Volkswirtschaft

- Prof. Stolten hält es für riskant, die Volkswirtschaft auf nur ein Material, wie Lithium, zu stützen. Alternativen seien notwendig, um nicht abhängig von einem einzelnen Rohstoff zu werden, ähnlich wie bei der Abhängigkeit von russischem Gas.

Geschichte und Entwicklung der Energie- und Wasserstoffforschung

Prof. Stolten begann seine Forschung 1989 mit keramischen Materialien für die Elektrolyse und übernahm 1998 das Institut in Jülich. Eine bedeutende Dissertation 2009 zeigte, dass ein wirtschaftliches Wasserstoffnetz in Deutschland möglich wäre.

Systemanalyse und Modellierung

Die Systemanalyse umfasst techno-ökonomische Modelle, die zukünftige Szenarien simulieren. Diese Modelle berücksichtigen die Energiewende, neue Techniken und fluktuierenden Energieinput. Daten werden aus der Literatur und aktuellen Wetterdaten extrapoliert.

Kosten und Speicherbedarf

Die Modelle zeigen, dass die Energiewende etwa 1,2 % des Bruttoinlandsprodukts kosten würde. Speicherbedarf wird stündlich berechnet, um den Energiebedarf auch bei fluktuierendem Input zu decken.

Wind- und Solarenergie

Prof. Stolten erläutert, wie Wind- und Solarenergie in den Modellen berücksichtigt werden, einschließlich Ausschlusskriterien für Windkraftanlagen und den spezifischen Kosten der verschiedenen Energieerzeugungstechnologien.

Brennstoffzellen und Wasserstoff

Für den Ferntransport sieht Prof. Stolten Wasserstoff-Lkws als sinnvoll an. Er warnt jedoch davor, die gesamte Volkswirtschaft auf ein einziges Material wie Lithium zu setzen.

Importe und globale Perspektiven

Wasserstoffimporte könnten aus vielen verschiedenen Ländern kommen, und die Kosten dafür sind global relativ gleich. Länder wie Saudi-Arabien könnten theoretisch den Weltbedarf decken.

Kritikalität von Rohstoffen

Prof. Stolten erkennt die Notwendigkeit, die Verfügbarkeit und Kritikalität von Rohstoffen wie Platin und Iridium zu berücksichtigen, insbesondere für Elektrolyseure.

Speicherung und Netzinfrastruktur

Ein großer Teil der Energie muss möglicherweise abgeschaltet werden, wenn die Erzeugung die Nachfrage übersteigt. Eine kostenoptimale Infrastruktur ist entscheidend.

CO2-Abscheidung und Klimaneutralität

Techniken zur CO₂-Abscheidung aus der Luft könnten notwendig werden, um die Klimaziele zu erreichen, vornehmlich für unvermeidbare Emissionen.

Schlussfolgerung

Die techno-ökonomischen Analysen und Modelle liefern wichtige Daten, um die Energiewende zu planen und umzusetzen. Dabei sind sowohl Kosten als auch technologische und politische Rahmenbedingungen entscheidend. 

Prof. Stolten betont die Bedeutung von Diversifikation und die Notwendigkeit, flexible und robuste Energiesysteme zu entwickeln.

Eine vollständige Liste aller Energiegespräche:
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