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Samstag, 5. Februar 2022

Die vier Probleme der Energiewende

 Die vier Probleme der deutschen Energiewende

Mit der raschen Zunahme der CO₂-Konzentration in der Atmosphäre und bekannten Problem des Klimawandels, ist allen Ländern klar, dass die Emission von CO₂ praktisch völlig eingestellt werden muss.
Deutschland will hier Vorreiter sein und hat daher eine ungewöhnliche Agenda unter der neuen rot-grün-gelben Regierung aufgelegt. Die Energieversorgung soll in wenigen Jahren auf Wind und Sonne umgestellt werden. Geht das? Genau dieser Frage möchte ich in diesem Blog-Post nachgehen.


Die vier Reiter der Apokalypse
von Albrecht Dürer dargestellt.
      • Solarenergie im Winter
      • Windenergie und Flaute
      • Speichertechnik
      • Deutschland und Kernenergie

Solarenergie

Ohne Frage ist die Sonne die wichtigste Energiequelle für die Erde. Doch kann man die Energie auch für die Bedürfnisse eines Landes auf dem 51. Breitengrad nutzen? Zunächst muss man klar feststellen, dass die Umwandlung von Solarenergie in elektrischen Strom in den letzten zwanzig Jahren enorme Fortschritte gemacht hat, insbesondere ist der Preis von Solarmodulen dank Massenfertigung in China drastisch gesunken. 
Ich empfinde Solarenergie als gut!
Hier an einer 10 MW Anlage von Prof. Enebish in der Mongolei

Selbst unter deutschen Wetterbedingungen kann unter günstigen Umständen, Freiflächenanlage in Süddeutschland und niedrige Zinsen, ein Preis von ca. 5 ct/kWh [1] realisiert werden. In diesem Beitrag werde ich nicht auf die letzte Kommastelle eingehen, um die Fragen übersichtlich zu halten.

Das Problem ist der Winter

Der Erzeugungspreis von 5 ct/kWh funktioniert aber nur, wenn jemand den Strom unabhängig vom Bedarf, das ganze Jahr über zu dem Preis abnimmt, genau das tut das EEG. Das führt dazu, dass im Sommer, mittags, in Zukunft wesentlich mehr Strom erzeugt wird als benötigt wird oder das Stromnetz aufnehmen kann. 
Im Winter ist es genau anders, zu dieser Jahreszeit erzeugen die 50 GW Solarzellen, die aktuell in Deutschland installiert sind, nur ein Prozent der in Deutschland benötigten elektrischen Energiemenge. Insbesondere die Monate November, Dezember, Januar, sind das Problem, wie die Abbildung zeigt.

Jahresverlauf der Solarenergieproduktion in Deutschland [2]

Zur Lösung des Problems benötigen wir Stromspeicher, oder wir versuchen es mit Windenergie, die im Winter besser zur Verfügung steht.

Wind ist ein launischer Freund

Wind weht in Europa im Winter stärker als im Sommer, das liegt an der Temperaturdifferenz zwischen den sehr kalten Polarregionen im arktischen Winter und dem relativ warmen Golfstrom sowie komplexen Windmustern auf der Nordhalbkugel. Es sei angemerkt, dass aufgrund der verstärkten Erwärmung der Polarregion die Windgeschwindigkeiten generell auf der Nordhalbkugel abnehmen könnten. Da CO₂ die Wärmeabstrahlung überall behindert, aber die Wärmeeinstrahlung in Richtung Äquator auch in Zukunft hoch bleibt.  
Das Problem mit dem Wind ist weniger der Winter, sondern die Verteilung der Hochdruckgebiete in Europa, die dazu führen können, dass über Wochen kaum Wind weht. 
Eine neun Tage anhaltende Flaute
bei der Windstromerzeugung im November 2021 [3].

In dem Bild sieht man eine typische Flaute von 9 Tagen im November 2021, solche Flauten können aber auch noch etwas länger dauern. Kein aktuell verfügbarer Speicher kann diese Zeit überbrücken, die deutschen Pumpspeicher, die immerhin 40 GWh speichern können, wären nach 30 Minuten leer, wenn man den Strombedarf im Land aktuell decken wollte.

Windkraftwerke moderner Bauart
sind alles andere als eine Zier im Naturpark.

Speicher sind teuer

Viele Leser des Speicherblogs werden den Preis von Speichern kennen, er ist hoch. Batterien kosten unter günstigen Umständen 100 €/kWh. Um damit einen Tag deutschen Strombedarf zu überbrücken, müsste man eine Kapazität von 2.000 GWh, was 2.000.000.000 kWh entspricht, aufbauen. Das würde 200 Mrd. kosten, mehr als die, nicht ganz billige, Energiewende bisher gekostet hat. Um aber eine echte Dunkelflaute zu bewältigen, müsste man diesen Wert nochmals verzehnfachen.

Könnte der Lageenergiespeicher eine Alternative sein?
Noch hat sich kein Investor gefunden.


Alternativen sind Wasserstoff  oder synthetisches Methan. Elektrolytisch Wasserstoff im GW-Bereich herzustellen, hat noch keiner realisiert, typische Anlagen sind um den Faktor tausend kleiner und liegen im MW-Bereich. Die Pläne, das in 10 Jahren umzusetzen, ist neben den Kosten der Anlagen, den Bedarf an speziellen Rohstoffen, Platin, und der Schwierigkeit der Skalierung zumindest sehr sportlich.

Doch das Problem bei Wasserstoff ist noch schwerwiegender, der System-Wirkungsgrad liegt unter 50%, was enorme zusätzliche Konverter auf Basis von Solar- und Windkraftanlagen erfordert.
Zudem ist Wasserstoff nicht leicht zu speichern und noch schwerer zu transportieren, es bedarf also noch einer weiteren Infrastruktur. Die Alternative auf Methan auszuweichen, verschlechtert den Wirkungsgrad auf 25%, mit entsprechenden Folgen für den Strombedarf entsprechender Anlagen.

Drei komplette Energiesysteme

Die Energiewende erfordert eigentlich drei komplett neue Energiesysteme: Zunächst die Stromgeneratoren auf Wind und Sonnenbasis, die um den Faktor 10 ausgebaut werden müssen.
Dann ein System, das den Solarstrom im Sommer vom Tag in die Nacht verschiebt, also Batterien mit einer Kapazität von 2000 TWh. Und als Drittes ein komplettes Backup auf Erdgasbasis, das es gewährleistet, dass in einem Industrieland auch im kalten Winter die Energieversorgung gesichert ist. Dazu muss die Kapazität der Erdgaskraftwerke um den Faktor 10 auf mindestens 100 GW ausgebaut werden. Diese Kraftwerke haben dann eine Belegschaft, die nur wenige Wochen im Jahr benötigt wird, neben der Arbeitsplatzpsychologie, ein teures Vergnügen.
In der Summe findet man, so in der Dissertation von Nico Wehrle nachzulesen, dass der Strompreis auf 19 ct/kWh ab Kraftwerk steigt, der bisher bei 5 ct/kWh lag. Steuern und diverse Abgaben sind hier nicht berücksichtigt.

Deutschland und Kernenergie

Die ganze CO₂-Problematik wäre mit Kernenergie leichter zu lösen. Kernenergie ist die sicherste und umweltfreundlichste Energie. Das ist aber in Deutschland praktisch nicht zu vermitteln. Ich will es trotzdem versuchen. Zur Frage der Sicherheit ist es sinnvoll einen Vergleich der Todesopfer pro erzeugter TWh Strom anzustellen. Das Resultat verblüfft:

Die Kernenergie hat mit 0,04 Todesopfer pro TWh das geringste Risiko [4].

Bisher sind bei dem Reaktorunfall in Tschernobyl weniger als 200 Menschen zu Tode gekommen. Sieht man pessimistisch weitere 4000 Tote infolge von Krebs, hat man praktisch alle Todesopfer der Kernenergie berücksichtigt. Allen die Luftverschmutzung der Kohlekraftwerke und anderer Emittenten, hat in Europa in den letzten zehn Jahren 500.000 Todesopfer gefordert.
Was hier meist übersehen wird, ist die enorme Energiemenge, die weltweit 400 Kernkraftwerke kontinuierlich liefern.

Auch die CO₂-Bilanz ist hervorragend:

Kernenergie hat die geringsten CO₂-Emissionen
aller steuerbaren Energiequellen [5].

Mit 25 Gram pro kWh liegt die Kernenergie weit vor Erdgas, aber auch vor Fotovoltaik, Biogas und Holz. Die Studie stammt aus der Schweiz, international findet man auch Studien, die der Kernenergie nur 4 Gramm pro kWh zuordnen.

Warum ist dann Kernenergie ein Problem?
  • Zur Zeit der Entstehung der Antiatombewegung, in den '70er-Jahren des 20. Jahrhunderts, war noch nicht klar, wie gut Kernenergie beherrscht wird. Viele hatten mit mehr Unfällen und wesentlich schlimmeren Folgen bei den Unfällen gerechnet. Die Menschen hatten die Atombomben noch vor Augen, von denen bis dahin die unglaubliche Zahl von 2000 gezündet wurden [6]!
  • Das CO₂-Problem war nicht präsent, der Club of Rome Bericht "Limits to Growth" aus dem Jahre 1972 [6] hat es noch nicht einmal erwähnt. Die Angst war damals das Ende der Rohstoffe, von Blei bis Öl sollte fast alles bis zum Jahr 2000 ausgehen.
Doch inzwischen sind 50 Jahre in das Land gegangen und wir sollten uns auf die Kernenergie rückbesinnen, moderne Reaktoren bauen und nicht das Industrieland Deutschland mit einer überhasteten Energiewende überfordern.

Sonst endet das wieder einmal, um mit Mephisto in Goethes Faust zu sprechen: 
"Ich bin ein Teil von jener Kraft,
die stets das böse will und stets das gute schafft,..."

Nein, wir machen es umgekehrt hierzulande:
"Wir sind ein Teil von jener Kraft, 
die stets das Gute will und stets das Böse schafft!"

Weitere Blogbeiträge:

Quellen:

[1] Bundesnetzagentur durchschnittlicher Zuschlag für Fotovoltaik Freiflächenanlagen 2021
[2] ZSW, BDEW, Stand 12/2021
[3] Fraunhofer ISA, Energy-Charts
[5] PSI/ESU Services 2012, Werte für die Schweiz
[6] Anzahl der Atomwaffentests nach Wikipedia
[7] Club of Rome https://www.clubofrome.org/publication/the-limits-to-growth/

3 Kommentare:

  1. Nach wie vor revolutionär, und revolutionär einfach. Interessant allerdings, wie schnell auch Akkus in den Terawattstundenbereich vorgedrungen sind:
    https://teslamag.de/news/terawattstunde-batterie-speicher-weltweit-2030-europa-prognose-verdoppelt-53586

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  2. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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  3. Als Gamechanger werden Natrium-Ionen- & Solid-State-Akkus sowie Redox-Flow Systeme etc. immer billiger, z.B. CERENERGY® Natrium-Festkörperbatterien als Stationärspeicher... ➡️ https://www.ikts.fraunhofer.de/de/presse/pressemitteilungen/2024_3_27_n_ueberzeugende_machbarkeitsstudie_bestaetigt_potenzial_von_cerenergy.html

    Aktuell noch ≈ 200~300 €/kWh Systemkosten für große Akku-Batteriespeicher:
    ➯ ca. 4~5 Mio.€ für ≈ 2 Megawattstunden (LiFePO > 10.000 Zyklen / 20 Jahre Lebensdauer) als Plug-In-Modul im 40"-Container inkl. Netzanbindung + Wechselrichter
    (liefert bis zu 250 kW für 8 Stunden).

    ➯ Massenproduktion skalierbar tendenziell < 100 €/kWh Systemkosten (nach heutiger Kaufkraft als realistisches Ziel in den kommenden 5 Jahren): auch als dezentrale Heimspeicher + on-site für Freiflächen-Solaranlagen (FSA) zur Lastverschiebung von PV-Leistung bis in die Morgenstunden...

    ➯ Auslegung für bis zu 20 Stunden (= quasi Grundlast rund um die Uhr) ist auch in unseren Breiten von Februar bis Oktober fast durchgängig aus PV-Speisung vorstellbar – sonst in sonnen-schwachen Zeiten nutzbar zur Speicherung von temporären Windenergie-Überschüssen (v.a. nachts), so dass eine notwendige Reserve an Gaskraftwerken & BHKW nur für wenige hundert Stunden im Jahr einspringen muss und sich deren Abwärme v.a. in Wintermonaten sinnvoll nutzen lässt, wenn sie gebraucht wird.

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