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Samstag, 24. Juni 2017

Unterirdische Pumpspeicher

Unsichtbar: Unterirdische Pumpspeicher

Wie bereits mehrfach erwähnt, sind Pumpspeicher die verbreitetste Methode elektrische Energie in großer Menge abzuspeichern. Leider hat diese Technologie einige Nachteile, die gerade für die globale Energiewende problematisch sind. 

Damit ein Pumpspeicherkraftwerk arbeitet, benötigt man deutliche Höhenunterschiede, mindestens 400 Meter, besser mehr. Zudem sollte man große Täler haben, die man mit Staudämmen absperren darf und fluten kann, nicht optimal umweltverträglich.
Nicht zu vergessen, Fotovoltaik spielt sich in vielen Gegenden auf der Welt in der Wüste ab, nicht gerade mit Wasser gesegnet. Was tun?

Alte Bergwerke fluten

Eine erste Idee ist, alte Bergwerke zu fluten und dann das Wasser wieder hoch zu pumpen. Dabei wird die überschüssige  Energie von den Pumpen absorbiert und bei Bedarf kann man das Wasser wieder in die Tiefe stürzen lassen und über eine Turbine leiten. 
Je nach Anordnung benötigt man nur ein Oberbecken oder man nutzt zwei, unterschiedlich tiefe liegende Stollen und ist damit vollständig unterirdisch. Klingt verlockend, hat aber einen Haken: 

Bergwerke sind nicht gerade für das Speichern von Wasser ausgelegt. Die Stollen sind nur so gut stabilisiert, dass man Bergbau betreiben kann. Wasser regelmäßig einfüllen und abzupumpen erfordert eine sehr gute Abdichtung, damit keine Chemikalien aus dem umliegenden Gestein gelöst werden die das Wasser stark verschmutzen oder gar den Stollen zerstören.

Pumpspeicherkraftwerk, untertägig

Rechnet man die Sache durch, sieht man auch, dass die Energiemengen überschaubar bleiben. Angenommen man hat 1 km Stollen mit 20m² Querschnitt, einmal in 200m Tiefe und einmal in 700m Tiefe, dann kann man damit 

E = 20m² × 1000 m × 500 m × 1000 kg/m³ × 9,81 N/kg / 3.600.000 kW/J

E = 27.250 kWh = 27 MWh

einspeichern. 

Das klingt zwar gut, aber wenn man weiß, dass ein übliches Pumpkraftwerk 8.000 MWh speichern kann, ist es nicht sehr beeindruckend. Insbesondere, wenn man bedenkt mit welchem Aufwand die Stollen abgedichtet werden müssen. 

Würde man solch ein Kraftwerk neu bauen und einfach annehmen, dass die Herstellung von Volumen unter Tage ca. 800 Euro/m³ kosten, dann findet man einen Preis von 43,2 Mio. Euro, was umgelegt auf die Speicherkapazität 1600 Euro/kWh bedeutet, ohne Zubehör wie Pumpen und Turbinen.

Kraftwerk im Schacht

Eine Alternative ist, den Schacht zu nutzen, der ist ja oft sehr tief. Wird im Schacht, in halber Tiefe, eine Decke eingezogen, der die obere Hälfte von der Unteren trennt, dann kann man Wasser in die untere Hälfte füllen, über eine Pumpe in die obere Hälfte pumpen und genau wie oben beschrieben, elektrische Energie speichern und wieder gewinnen.

Schacht-Pumpkraftwerk

Auch hier wieder eine Energiebetrachtung:
Der Schacht soll 1000 m tief sein, nicht unüblich im Bergbau, und einen Durchmesser von 20 m haben.

E = 3,14  × 10 × 10m² × 500 m × 500 m × 1000 kg/m³ × 9,81 N/kg / 3.600.000 kW/J

E = 214.020 kWh = 214 MWh

Das Kraftwerk kann immerhin eine nennenswerte Energiemenge speichern! Allerdings ist der Bau von Schächten nicht wirklich billig, geht man von Baukosten im Bereich von 250 Mio. € aus, dann kostet die Speicherkapazität 1.168 Euro/kWh. Allerdings ist hier noch keinerlei Maschinen gekauft, zudem benötigt man eine zweiten Schacht um an die Pumpe und Turbine zu kommen. 

Gravity Power mit Betonkolben

Eine Alternative ist es, in dem Schacht statt Wasser einen Betonkolben hydraulisch auf- und absteigen zu lassen. Dies hat die Firma Gravity Power sehr weit entwickelt. 

Dort wird in einem Schacht ein Betonkolben einbetoniert und gegen die Umgebung abgedichtet. Die Dichtung muss bei 500 m Kolbenhöhe etwa 80 Bar Druck standhalten. Den unebenen Schachtwänden muss die Dichtung geeignet folgen. 

Schacht-Kolben-PSW nach Gravity Power

Während des Betriebs wird beim Einspeichern von Strom mit der Pumpe Wasser unter den Kolben gepumpt und dieser damit angehoben, bei der Rückgewinnung drückt der Kolben Wasser über die Turbine und sinkt dabei ab.

Nimmt man wieder einen Schacht mit 20 m Durchmesser und 1000 m Tiefe kann man damit bei einer Betondichte von 2600 kg/m³ folgende Menge Energie speichern:

E = 3,14 × 10 × 10m² × 500 m × 500 m × (2600 - 1000) kg/m³ × 9,81 N/kg / 3.600.000 kW/J

E = 342.433 kWh = 342 MWh

Speichern. Dabei ist allerdings der Systempreis etwas höher, da man ja den Betonzylinder herstellen muss. Dieser besteht auch 157.000 t Beton, den man optimistisch für 300 € pro Tonne hergestellt und verarbeitet bekommt. Damit kostet der Kolben 47 Mio. Euro. Die Baukosten liegen daher bei dieser Variante bei ca. 297 Mio. Euro. Damit kostet die Speicherkapazität 867 Euro/kWh. Dieser Preis liegt etwas unterhalb des reinen Schachtkraftwerks, allerdings handelt man sich damit ein nicht unerhebliches Problem beim Abdichten ein. 

Lageenergiespeicher vom Typ Gravity Storage

Eine weitere fast unterirdische Lösung ist ein Speicher, bei dem ein Felskolben aus dem umliegenden Gestein ausgeschnitten wird und ebenfalls mit Wasserdruck angehoben wird. 

Der Speicher arbeitet, indem bei Stromüberschuss eine Pumpe Wasser aus einem "Unterbecken" unter den Felskolben leitet und diesen dabei anhebt. Bei Strombedarf presst der Felskolben das Wasser wieder über eine Turbine und Strom wird mit einem Generator erzeugt.

Lageenergiespeicher nach dem Verfahren von Heindl

Auch für dieses Kraftwerk sollen, analog zu den vorherigen Rechnungen, die Kapazität und Kosten eingeschätzt werden. Nimmt man einen Durchmesser und Tiefe von 250 Meter für den Felskolben und eine Hubhöhe von 100 Meter, kann man bei einer Gesteinsdichte von 2600 kg/m³ folgende Energiemenge speichern:

E = Energie Kolben - Energie Wasser

E = (3,14 × 125 × 125 m² × 250 m × 100 m × 2600 kg/m³ - 3,14 × 125 × 125 m² × 100 m × 200 m × 1000 kg/m³) × 9,81 N/kg / 3.600.000 kW/J

E = 6.016.289 kWh = 6.016 MWh

Diese Energiemenge liegt im typischen Bereich eines Pumpspeicherwerks, aber wie teuer wird der Bau eines solchen Speichers? 

Hier wird die massiven Vereinfachung angenommen, dass analoge Preise pro Kubikmeter unter Tage gelten, wie oben verwendet. Dies waren ca. 800 Euro/m³ Baukosten für Schachtvolumen.
Im Lageenergiespeicher wird jetzt eine Schlitzbreite von drei Metern in allen Richtungen angenommen. Damit erhält man für das "Schachtvolumen" V = Wand × Boden

V = 3,14 × 250 m × 250 m × 3 m + 3,14 × 125² m² × 3 m

V = 736.000 m³

und damit Baukosten von 589 Millionen Euro, das ergibt Kosten pro kWh Speicherkapazität von 97 Euro pro kWh. Wie bei allen anderen Rechnungen wurde auch hier Pumpe, Turbine und all die anderen Sachen, die solch ein Kraftwerk teuer machen können, nicht berücksichtigt. Es geht um die reine Analyse der prinzipiell möglichen Geometrien von Pumpspeichern, die im wesentlichen unterirdisch arbeiten.

Fazit

Unterirdische Speicherkraftwerke sind von den Kosten nicht in einer anderen Welt als Batterien oder obertägige Pumpspeicher. Allerdings gibt es je nach Technologie erhebliche unterschiedliche technische Probleme und spezifische Kosten. 

Am kostengünstigsten erscheint mir der Lageenergiespeicher "Gravity Storage", allerdings muss ich zugeben, dass ich in diesem Fall voreingenommen bin. Gerne lasse ich mich aber von anderen Rechnungen überzeugen. 

Auf jeden Fall sind alle vorgestellten Technologien auch in trockenen Gebieten für lange Zeit nachhaltig einsetzbar. Aspekte die bei Batterien, Lebensdauer, Rohstoffe, bisher eine Schwäche darstellen.

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7 Kommentare:

  1. Der entscheidende Punkt wird doch sein, welche der Lösungen praktisch realisierbar ist. Auf den ersten Blick sieht das bei den ersten beiden Varianten so aus. Beim Gravity Storage vermute ich einige technische Probleme. Kann so ein großes und schweres Gebilde angehoben werden ohne die Gefahr, dass der Kolben zerbricht und der Storage katastrophal versagt.
    Muss das Material des Kobens nicht sehr homogen sein, so dass keine Schieflage durch unterschiedliche Gewichtsverteilung innerhalb des Kolbens auftritt?
    Trotzdem sollte es natürlich versucht werden solch einen Speicher zu bauen. Da es hier um große Risiken geht, sollte wie damals beim Aufbau der Atomwirtschaft mit öffentlichen Geldern unterstützt werden, weil die sichere Energieversorgung ja auch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist. Private Investoren sind ja eher Risikoscheu, wenn die Machbarkeit noch nicht nachgewiesen ist. Wenn das Energiesystem zu möglichst geringen Kosten aufgebaut werden soll, müssen solche Großspeicher realisiert werden.
    Das Energiesystem muss dann nach der Umstellung auf quasi 100% regenerative Energie sehr lange in Betrieb gehalten werden.
    Wie das mit dieser Perspektive auf Dauer realisierbar sein wird kann man wohl noch nicht abschätzen. Sind es wenige Großanlagen wie z.B. der Gravity Storage oder wird es auf viele kleinere Anlagen z.B. für die Erzeugung von Methan hinauslaufen.
    Es bleibt spannend.

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  2. Tesla wird einen relativ großen Batteriespeicher in Australien installieren. Leistung 100 MW, Energieinhalt 129 kWh.
    https://www.tesla.com/de_DE/blog/tesla-powerpack-enable-large-scale-sustainable-energy-south-australia?redirect=no
    Bin gespannt ob dieses Projekt in Time/Budget realisiert werden kann.

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  4. Hallo und vielen Dank für den interessanten Artikel. Der Energiespeicher für Photovoltaik ist ja meiste das Netz. Umso interessanter ist diese Idee eines Pumpspeichers. Ich hoffe, dass sich das in der Praxis auch durchsetzt.

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  5. Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.

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