In der aktuellen
Diskussion über die Einführung der erneuerbaren Energien ist die Frage der
Stromspeicherung völlig ungeklärt. Warum ist es so schwierig, dieses Problem zu
quantifizieren und zu lösen.
Bisherige Entwicklung des Speicherbedarfs
Bis vor zehn
Jahren war die Stromwelt relativ einfach. Es gab einige riesige thermische
Kraftwerke, insbesondere Kernkraftwerke und Braunkohlekraftwerke. Diese lies
man immerzu laufen und wenn niemand den Strom benötigt hat, etwa in der Nacht,
dann hat man den Strom billig abgegeben. Manche haben damit ihre
Nachtspeicherheizung betrieben, andere haben damit die Speicherseen der
Pumpspeicherkraftwerke gefüllt.
Am Tag, wenn der
Bedarf angestiegen ist, wurden einige Kohlekraftwerke hochgefahren, wenn es eng
wurde auch noch einige Gaskraftwerke und die Turbinen bei den
Speicherkraftwerken wurden angeworfen. Für dieses Konzept ist unser
Leitungsnetz, unsere Speicherkapazität und unser Stromtarif ausgelegt.
Plötzlich kommt die Sonne ins Spiel
Die Sonne hat
bekanntlich die Eigenschaft, dass sie nie nachts scheint. Daher ändert sich
zunächst in der Nacht für die Stromversorgung nichts. Anders am Tag, dann
scheint die Sonne und Photovoltaikanlagen auf den Dächern der Häuser und Scheunen
liefern Strom. Strom wird seltener knapp, da die zusätzliche Stromproduktion im
Wesentlichen den zusätzlichen Strombedarf an Tag abdeckt.
Stromverbrauch: Stromquellen: Grau ist konventionell, Grün aus Wind und Gelb aus der Photovoltaik. (Bildquelle: eex) |
Das hat aber zwei
fatale Konsequenzen, die Betreiber der Gaskraftwerke müssen ihre Gasturbinen
nur noch selten zuschalten. Da diese aber nach geliefertem Strom bezahlt
werden, verlieren sie Einnahmen. Gaskraftwerke werden unökonomisch, manche
denken schon an das vollständige Abschalten, keiner an den Bau neuer
Gaskraftwerke. Ähnlich ergeht es den Speicherkraftwerken. Auch sie werden
weniger gebraucht und der Preisunterschied auf dem Strommarkt ist zwischen Tag
und Nacht sehr gering, so dass die Betreiber von Pumpspeichern wenig Freude
haben und kaum an die Investition in neue Kapazitäten denken.
Wann werden dann die Speicher notwendig?
In der aktuellen
Situation sind Speicher nicht notwendig, wie auch der VDE in einerPresserklärung mitgeteilt hat. Erst ab etwa 40% erneuerbare Energien am Netz
lohnen sich Speicher. Aktuell sind genau 20% erneuerbare Energien am Netz. Die
wirklich schwierige Frage lautet daher, wann werden es 40% sein? Eine sehr
simple Betrachtung wäre, in den letzten 20 Jahren sind etwa 15% erneuerbare an
das Netz gegangen, dann werden in den nächsten 20 Jahren weitere 15% an das
Netz gehen und alle Probleme liegen in weiter Ferne.
Eine genauere
Betrachtung ergibt allerdings, dass vor fünf Jahren der Anteil der erneuerbaren
Energien nur halb so hoch war. Erwartet man innerhalb der nächsten fünf Jahre
eine weitere Verdopplung der erneuerbaren Energien, dann ist bereits vor 2020
ein erhebliches Speicherproblem vorhanden. Und genau da liegt das
Prognoseproblem. Man kann für die Prognose zwei verschiedene Annahmen treffen,
die erste ist, dass das Wachstum von 15% pro Jahr, das in den letzten zehn
Jahren sehr stabil war anhält. Dafür spricht, dass die Preise für Solaranlagen
und für Windkraftwerke zurückgehen und damit sich die Investition immer mehr
lohnt, auch ohne Subventionen.
Eine alternative Betrachtung geht davon aus, dass durch den politisch gewollten Stopp aller Subventionen der Zubau praktisch zum Stillstand kommt und damit keine Speicherrelevanten Strommengen auf dem Markt auftauchen. In diesem Fall muss am Stromsystem zunächst wenig geändert werden, allerdings ist aktuell kaum erkennbar, dass die Bevölkerung an einem Ausstieg aus den erneuerbaren Energien interessiert ist.
Welche Speicher sind wirtschaftlich?
Wie
wirtschaftlich ein Speicher ist, hängt von mehreren Größen ab, erstens, wie
teuer die Kapazität von einer kWh Energie ist (SP), wie oft der Speicher pro
Jahr gefüllt und entleert wird, das ist die Zahl der Speicherzyklen (Zy).
Weiterhin, wie stark der Strompreis schwankt, die sogenannte Volatilität(Vo)
und dem minimalen Einkaufspreis (Pmin). Und
nicht zu unterschätzen ist der Wirkungsgrad der Speicher (Wi).
Damit kann man
die Einnahmen errechnen, wie lange in Jahre (Ta) es dauert bis der Speicher
seine eigenen Kosten erwirtschaftet hat. Die Gleichung lautet:
Ta = SP/((((Pmin+Vo)*Wi)-Pmin)*Zy)
Nimmt man eine Bleibatterie (70% Wirkungsgrad) mit einem Speicherpreis von SP=150€, geht von einem minimalen Strompreis von 0,02€/kWh aus und hofft auf eine Volatilität von 0,10€/kWh, mit Tageszyklen Zy=365 pro Jahr, der bei einer Photovoltaikanlage möglich erscheint, so erhält man:
Ta = 150 € / ( ( (
(0,02 €/kWh + 0,10 €/kWh ) * 0,7 ) - 0,02 €/kWh ) * 365 )
Ta = 6,4 Jahre
Die Rückzahlzeit für Speicher hängt sowohl von der Volatilität auf dem Markt als auch vom Wirkungsgrad ab. (Zum Vergrößern anklicken) |
Nach gut sechs
Jahren ist die Investition in die Bleibatterie zurückgelaufen, allerdings ohne
Berücksichtigung von Zinsen. Allerdings gibt es ein viel größeres Problem, die
Bleibatterie ist nach etwa 1000 Ladezyklen so geschwächt, dass sie nicht mehr
die gewünschte Leistung bringt und ausgetauscht werden muss, somit erreicht
dieses System nie die Wirtschaftlichkeit unter den beschriebenen Annahmen.
Rücklaufzeit einer Investition in Stromspeicher bei einem unteren Preis von 0,02€/kWh und mit 365 Zyklen im Jahr. (Zum Vergrößern anklicken) |
Erst wenn der Speicherpreis
auf deutlich unter 100€/kWh sinkt und die Lebensdauer weit über 3000 Zyklen
liegt, werden Speicher wirtschaftlich. Unklar ist, mit welcher Technologie dies
erreicht werden kann, aber vermutlich sind Pumpspeicherkraftwerke gute
Kandidaten, da diese bereits heute wirtschaftlich arbeiten. Für Batterien, die
auf teuren Rohstoffen basieren ist es nur in Ausnahmefällen ökonomisch sinnvoll
diese für die stationäre Stromspeicherung einzusetzen. Für mobile Anwendungen, wie
Fahrräder und Autos ist die Situation natürlich völlig anders.
Lieber Herr Heindl,
AntwortenLöschenvielen Dank für Ihren interessanten Blogeintrag. Dazu würde ich gerne etwa fragen: ich habe kürzlich mit Kollegen diskutiert, ob man nicht unter Verwendung neuer Speichertechnologien (z.B. Li-Ionen Batterien wie neulich von Siemens präsentiert, Link: goo.gl/Xrf0c ) in der Lage wäre, tägliche Strompreisschwankungen auszunutzen - im Sinne von: Netzstrom in Batterien speichern wenn er gerade günstig ist (z.B. nachts), verbrauchen wenn er teuer ist oder zur Vermeidung von teuren Leistungspreisen während Lastspitzen.
Ihre Rechnung im Blogeintrag ist ja denke ich eine entsprechende Abschätzung. Wie sehen sie die Thematik in der näheren Zukunft, in Anbetracht von Weiterentwicklungen bei Batterie-Technologien und der weiteren Verbreitung von erneuerbaren Energien (Solar) in Europa?
Vielen Dank, ihre Einschätzung würde mich sehr interessieren!
MF
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