Samstag, 16. August 2025

Prof. Dr. Sepp Hochreiter

Prof. Dr. Sepp Hochreiter – KI-Pionier und Erfinder des LSTM

Den vollständigen Vortrag finden Sie auf YouTube:

Prof. Dr. Sepp Hochreiter, geboren 1967 in Mühldorf am Inn, leitet an der Johannes Kepler Universität Linz das Institut für Machine Learning und das AI Lab. Seit Februar 2024 ist er Chief Scientist bei NXAI. In diesem Gespräch mit Prof. Dr. Eduard Heindl teilt er Einblicke in seine Pionierarbeit bei neuronalen Netzen, insbesondere der Entwicklung von LSTM (Long Short-Term Memory), und diskutiert aktuelle Fortschritte wie xLSTM sowie die Zukunft der KI. Das Gespräch beleuchtet den Übergang von akademischer Forschung zu industriellen Anwendungen und berührt Themen wie Energieeffizienz und gesellschaftliche Implikationen.

Der Einstieg in die KI und die Erfindung von LSTM

Hochreiter begann sein Informatikstudium an der TU München 1987, zu einer Zeit, als KI noch kein großes Thema war. Er fand klassische Informatikthemen wie Sortieralgorithmen langweilig und wandte sich neuronalen Netzen zu, betreut von Jürgen Schmidhuber. In seiner Diplomarbeit entwickelte er LSTM, um das Problem des "vanishing gradients" in rekurrenten Netzen zu lösen. Dies ermöglichte es, Informationen über längere Zeiträume zu speichern.

Ein illustratives Zitat von Hochreiter: "Ich habe ein neuronales Netz gebaut... und habe ich gesehen, der Gradient... je weiter das zurückgeht in die Zeit, umso kleiner wird der Gradient." Diese Erkenntnis führte zur Memory Cell, die Gradienten konstant hält und Netze für sequentielle Daten wie Sprache oder Zeitreihen geeignet macht. LSTM war bis 2017 in Geräten wie Smartphones für Spracherkennung integriert, bevor Transformer-Modelle übernahmen.

Vom LSTM zu Transformer und xLSTM

Der Übergang zu Transformern erfolgte 2017 mit dem Paper "Attention is All You Need". Transformer parallelisieren besser, was Skalierung ermöglicht, aber LSTM war Vorreiter, z.B. in ELMo, dem ersten Large Language Model. Hochreiter entwickelte xLSTM, um LSTM skalierbar zu machen: "Es geht genauso gut, aber es ist viel schneller... wir sind dann auf zehn mal schneller."

xLSTM kombiniert LSTM mit Attention, ist energieeffizienter und linear in der Komplexität, im Gegensatz zur quadratischen von Transformern. Es eignet sich für Zeitreihen-Foundation-Modelle, die Zeitreihen vorhersagen, ohne Neulernen. Hochreiter betont Vorteile wie State-Tracking: "Der Transformer hat kein Gedächtnis... das LSTM kann im Gedächtnis einfach speichern. Das System ist in dem Zustand."

Anwendungen in Industrie und Zeitreihenanalyse

LSTM und xLSTM finden Anwendung in Zeitreihen, z.B. Aktienkursen, Wettervorhersagen oder Maschinenwartung. Hochreiter: "Zeitreihen kommen in Industrie überall vor... da ist LSTM immer besser gewesen." Bei NXAI entstand ein Zeitreihen-Foundation-Modell mit 50 Millionen Zeitreihen, das Prognosen ohne Retraining liefert.

In der Hydrologie speichert xLSTM Systemzustände wie Wasserspeicherung in Schnee oder Boden. Ähnlich in Robotik: Es merkt Positionen, im Gegensatz zu Transformern, die alles neu berechnen. Dies macht KI energieeffizienter für Edge-Computing in Drohnen oder Maschinen.

KI-Winter, Deep Learning und Skalierung

Hochreiter reflektiert über KI-Phasen: Nach LSTM (1991) kam ein "KI-Winter", wo Support Vector Machines dominierten. Deep Learning startete 2006 mit Geoffrey Hinton, der den Nobelpreis erhielt. Skalierung ermöglichte Große Modelle mit Milliarden Parametern, aber Hochreiter warnt: "Die meisten der besten Lösungen für neuronale Netze sind unentdeckt... weil wir immer den Fehler verbessern müssen."

Er plädiert für Industrialisierung: KI muss kleiner, spezialisiert und effizient werden. Europa fehlt Infrastruktur, aber durch Innovation kann Anschluss gefunden werden. Mentale Unterschiede: In den USA gründet man Startups, in Europa strebt man Professuren an.

Zukunft: Kreativität, Bewusstsein und Ethik

KI fehlt Kreativität: "Es wurde jeder Kreativität beraubt, weil es hat genauso wie Beethoven sein müssen." Bewusstsein entsteht automatisch in komplexen Weltmodellen. Für Ethik: Mensch bleibt im "Fahrersitz", da KI keine Empathie hat. Gefahren: Manipulation in Medien oder Verantwortungsabgabe.

Hochreiter rät zu diversen Quellen gegen Filterblasen. Simulationen mit KI erkennen Makrostrukturen, z.B. in Physik oder Prozessen wie Weizenkorn-Interaktionen, und ermöglichen effiziente Modelle.

Abschluss und Ausblick

Das Gespräch endet mit Optimismus für Europas KI-Rolle durch Industrialisierung. Hochreiter betont Durchlässigkeit zwischen Uni und Industrie.

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Stichworte: LSTM, künstliche Intelligenz, Transformer, Zeitreihen, Bewusstsein

Freitag, 8. August 2025

Prof. Dr. Simone Walker-Hertkorn

Gespräch mit Prof. Dr. Simone Walker Hertkorn

Prof. Dr. Simone Walker Hertkorn ist seit 1999 in der Geothermie aktiv und als Expertin hochgeschätzt. Ihr thematischer Schwerpunkt ist die Wärmepumpentechnik. Sie gilt als Koryphäe der Branche und hat mit ihrer Expertise viele Industriepartner bei komplexen Wärmepumpen-Projekten beratend begleitet. Als Mitglied der Geschäftsführung der tewag GmbH erkannte sie schon früh die Synergieeffekte von Solarenergie und Geothermie. Gemeinsam mit ihrem Team ermöglichte sie wegweisende, innovative Wärmeprojekte. Ihr Buch "Arbeitshilfen Geothermie: Grundlagen für oberflächennahe Erdwärmesondenbohrungen" (ISBN 9783895541674) dient als Standardwerk. Mehr zur tewag GmbH: https://www.tewag.de/unternehmen.html.

Das vollständige Gespräch mit Prof. Dr. Simone Walker Hertkorn auf YouTube.

Weg zur Geologie und Geothermie

Simone Walker Hertkorn, promovierte Geologin und Expertin für oberflächennahe Geothermie, erzählt von ihrer Faszination für Steine und Fossilien in der Kindheit. Durch Schulausflüge und das Studium in Tübingen vertiefte sie sich in Paläontologie und Geowissenschaften. Heute leitet sie Projekte zur Wärmegewinnung aus dem Boden und engagiert sich in Gremien wie dem VDI-Richtlinienausschuss. Sie hat die Patricius-Medaille erhalten und ist eine der wenigen Frauen in diesem Bereich. Ihr Fokus liegt auf praktischen Anwendungen der Geologie in der Energiewende, insbesondere bei Wärmepumpen und Erdwärme.

Funktionsweise von Wärmepumpen

Eine Wärmepumpe nutzt niedrige Temperaturen aus der Umwelt, um höherwertige Wärme zu erzeugen. Im Boden herrschen konstante Temperaturen ab etwa 10 Metern Tiefe, die durch Sonnenenergie gespeichert werden. Das System arbeitet mit einem Kältemittel, das bei niedrigen Temperaturen verdampft, komprimiert wird und Wärme abgibt. Elektrische Verdichter heben die Temperatur auf 50–70 Grad für Heizung und Warmwasser. Moderne Hochtemperatur-Wärmepumpen erreichen bis 120 Grad. Wärmepumpen können auch kühlen und Abwärme nutzen. In städtischen Gebieten wie Stuttgart oder Berlin sind Temperaturen höher durch urbane Wärmeinseln.

Erdwärmesonden: Installation und Nachhaltigkeit

Erdwärmesonden sind schmale Bohrungen (ca. 12 cm Durchmesser) bis 250 Meter Tiefe, in die Kunststoffrohre eingebaut werden. Ein Wasser-Glykol-Gemisch zirkuliert, angetrieben von einer Umwälzpumpe, und entnimmt Wärme. Die Planung berücksichtigt Regeneration des Bodens durch natürliche Prozesse oder Rückführung von Wärme im Sommer. In Deutschland gelten strenge Normen, z. B. die LQS in Baden-Württemberg, an deren Entwicklung Walker Hertkorn mitwirkte. Für größere Projekte wie Quartiere werden mehrere Sonden gebohrt, unter Berücksichtigung von Abständen und Grundwasserschutz. Grundwasser kann als Quelle genutzt werden, ist aber wartungsintensiv. Alternativen sind Flächenkollektoren, die horizontal verlegt werden und selbst gebaut werden können.

Kosten, Hindernisse und Wirtschaftlichkeit

Für ein Einfamilienhaus mit 120–130 Bohrmetern kosten Sonden ca. 15.000–16.000 Euro netto. Größere Projekte erfordern mehr Bohrungen und berücksichtigen Geologie und Schutzgebiete. Hindernisse: Wenige Bohrfirmen (ca. 300 in Deutschland), Fachkräftemangel und bürokratische Genehmigungen, die je Bundesland variieren. 25 % der Fläche in Baden-Württemberg sind Wasserschutzgebiete. Sonden halten Generationen (über 100 Jahre), überdauern mehrere Wärmepumpen und steigern den Grundstückswert. Luftwärmepumpen sind günstiger, aber weniger effizient. Preise steigen durch Marktdruck, doch langfristig sparen sie Energie.

Zukunftsperspektiven und Innovationen

Der Markt wächst stark, doch Strompreise müssen niedrig bleiben, um Wärmepumpen attraktiv zu halten. Walker Hertkorn plädiert für Ausbau von Kapazitäten und Ausbildung junger Fachkräfte. Innovationen umfassen kalte Nahwärmenetze, Integration von Solar und Abwärme sowie Eisspeicher. In Skandinavien und der Schweiz sind öffentliche Flächen nutzbar. CO2-Bilanz ist günstig durch geringe Dieselverbräuche bei Bohrungen. Fernwärme kann ergänzt werden, z. B. in Megawatt-Projekten. Walker Hertkorn betont Nachhaltigkeit und Synergien für die Energiewende.

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Wärmepumpe, Geothermie, Erdwärmesonden, Nachhaltigkeit, Energiewende

Donnerstag, 7. August 2025

Bernward Janzing

Gespräch mit Bernward Janzing: Energiewende und Klimawandel

Das vollständige Gespräch mit Bernward Janzing auf YouTube:

In diesem Energiegespräch spricht Prof. Dr. Eduard Heindl mit Bernward Janzing, einem renommierten Energiejournalisten und Buchautor, über die Entwicklung der Energiewende, die Rolle erneuerbarer Energien und die Herausforderungen des Klimawandels. Janzing, der seit Jahrzehnten die Energiewende verfolgt, teilt seine Einblicke aus seiner Arbeit als Journalist und Autor von Standardwerken wie Solare Zeiten und Baden unter Strom. Das Gespräch beleuchtet die historischen Wurzeln der Energiewende, die Bedeutung von CO2-Reduktion und die Notwendigkeit eines ausgewogenen Marktansatzes für eine nachhaltige Energiepolitik.

Klimawandel und CO2: Ein komplexes Problem

Janzing betont, dass der Klimawandel ein ernsthaftes Problem ist, das jedoch nüchtern und differenziert betrachtet werden muss. Mit seinem Hintergrund in Geographie und Klimatologie erklärt er, dass die physikalischen Grundlagen der Erderwärmung durch CO2 unstrittig sind. Die Absorptionsbanden von CO2 führen zu einer Rückstrahlung der Wärme, was die globale Erwärmung antreibt. Er warnt jedoch vor Alarmismus und plädiert für eine sachliche Herangehensweise. Besonders komplex seien Kipppunkte im Klimasystem, wie das Schmelzen des arktischen Eises, die selbstverstärkende Effekte haben können. Dennoch sieht er die Prognosen der Klimaforschung, die bereits vor 30–40 Jahren erstellt wurden, als weitgehend bestätigt an.

Die Rolle Deutschlands in der Energiewende

Deutschland hat laut Janzing eine Vorreiterrolle in der Entwicklung erneuerbarer Energien, insbesondere der Photovoltaik, gespielt. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) war ein entscheidendes Instrument, um Technologien wie Solar- und Windenergie marktfähig zu machen. Durch feste Einspeisevergütungen wurde die industrielle Produktion von Solaranlagen angeschoben, was die Kosten drastisch senkte. Janzing kritisiert jedoch, dass Deutschland den Übergang zu einer CO2-Steuer versäumt hat, um den Markt nachhaltig zu steuern. Stattdessen setzt das Land weiterhin auf regulatorische Maßnahmen, was langfristig ineffizient sein könnte.

Historische Wurzeln der Energiewende

Die Energiewende in Deutschland hat ihre Wurzeln in der Anti-Atomkraft-Bewegung der 1970er Jahre, insbesondere in der Region Freiburg und am Kaiserstuhl. Janzing beschreibt, wie Bürgerinitiativen gegen Atomkraftwerke nicht nur Widerstand leisteten, sondern auch kreative Alternativen wie Solarthermie und Photovoltaik entwickelten. Das Öko-Institut, gegründet aus dieser Bewegung, spielte eine Schlüsselrolle bei der Schaffung von Kompetenzen für erneuerbare Energien. Diese kreative Phase führte zur Gründung von Firmen und zur Entwicklung von Technologien wie Windkraft, die ihren Ursprung in Baden-Württemberg hat.

Herausforderungen der Speicherung und Marktmechanismen

Ein zentrales Thema des Gesprächs ist die Speicherung von Energie und die Anpassung des Strommarkts. Janzing hebt hervor, dass die zunehmende Produktion von Solar- und Windenergie zu Überschüssen führt, die durch Speichertechnologien wie Wasserstoff oder Pumpspeicherkraftwerke aufgefangen werden müssen. Er kritisiert die ineffiziente Nutzung von Überschussstrom, etwa durch Elektrolyseure in Regionen mit Stromknappheit wie Baden-Württemberg. Ein flexiblerer Strommarkt mit regional unterschiedlichen Preisen und einem höheren CO2-Preis könnte diese Probleme lösen und die Energiewende effizienter gestalten.

Die Rolle der Medien und Verantwortung des Journalismus

Als Journalist betont Janzing die Verantwortung, sachlich und fundiert über Energiefragen zu berichten. Er hat in verschiedenen Medienhäusern wie der taz, der Financial Times Deutschland und dem Spiegel gearbeitet und nutzt unterschiedliche Plattformen, um ein breites Publikum zu erreichen. Sein Ziel ist es, komplexe Themen verständlich zu machen und langfristige Zusammenhänge aufzuzeigen. Dies spiegelt sich auch in seinen Büchern wider, die die Geschichte der Elektrifizierung und der erneuerbaren Energien dokumentieren.

Ausblick: Marktsteuerung statt politischer Vorgaben

Janzing plädiert für eine stärkere Marktsteuerung durch einen CO2-Preis, anstatt Technologien politisch vorzuschreiben. Er sieht die Gefahr, dass zu starke staatliche Eingriffe Innovationen behindern könnten. Die Elektrifizierung von Bereichen wie Mobilität und Wärme sei wichtig, doch müsse sie flexibel bleiben, um neue Technologien nicht auszuschließen. Ein ausgewogenes Zusammenspiel von Marktmechanismen und staatlicher Regulierung sei der Schlüssel für eine erfolgreiche Energiewende.


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Stichworte: Energiewende, Klimawandel, CO2-Reduktion, Photovoltaik, Marktmechanismen

Mittwoch, 6. August 2025

Prof. Dr. Eike Weber

Gespräch mit Prof. Dr. Eike Weber

Das vollständige Gespräch mit Prof. Dr. Eike Weber auf YouTube:

Einführung und Hintergrund

Im Energiegespräch mit Prof. Dr. Eduard Heindl spricht Prof. Dr. Eike Weber, eine Koryphäe in der Siliziumforschung und ehemaliger Leiter des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg, über die Bedeutung von Silizium in der Photovoltaik und Mikroelektronik. Weber, der 23 Jahre an der University of California, Berkeley, forschte und von 2006 bis 2016 das ISE leitete, teilt seine Einblicke in die Entwicklung der Solartechnologie und die Herausforderungen der Energiewende. Das Gespräch beleuchtet die einzigartigen Eigenschaften von Silizium, die Kostenentwicklung der Solarenergie und die Zukunft der Energiespeicherung.

Silizium: Das Wundermaterial

Silizium ist das Rückgrat der Photovoltaik und Mikroelektronik, da es ein Halbleiter mit idealen elektronischen Eigenschaften ist. Weber erklärt, dass Silizium durch Licht Ladungsträger erzeugt, die zur Stromproduktion genutzt werden können. Im Vergleich zu anderen Materialien wie Cadmiumtellurid oder Galliumarsenid hat sich Silizium aufgrund seiner Stabilität, Häufigkeit und Kosteneffizienz durchgesetzt. Trotz eines theoretischen Wirkungsgradlimits von etwa 30 %, vergleichbar mit Verbrennungsmotoren, bleibt Silizium die beste Wahl für kostengünstige Solarstromproduktion auf der Erde. Tandemstrukturen, die verschiedene Halbleitermaterialien kombinieren, erreichen zwar höhere Effizienzen (bis zu 47,6 %), sind jedoch vor allem für Weltraumanwendungen relevant.

Kostenentwicklung der Photovoltaik

Die Kosten für Solarstrom sind in den letzten Jahrzehnten drastisch gesunken. Weber erinnert an die Zeit um 2000, als Solarstrom noch 50 Cent pro Kilowattstunde kostete, während der Haushaltsstrompreis unter 20 Cent lag. Heute ist in sonnenreichen Regionen ein Preis von einem Cent pro Kilowattstunde möglich, was Solarenergie zur günstigsten Stromquelle macht. Diese Entwicklung wurde maßgeblich durch China vorangetrieben, das mit Kreditgarantien in Höhe von 50 Milliarden Dollar die Solarindustrie aufbaute. In Europa fehlte hingegen die Unterstützung für eine eigene Produktion, was dazu führte, dass viele Maschinen aus Deutschland nach China exportiert wurden.

Herausforderungen und Innovationen

Ein Problem der Silizium-Photovoltaik ist der hohe Materialverlust beim Sägen von Wafern. Weber hebt die innovative Technologie der Firma NexWafe hervor, die Dünnschicht-Wafer auf porösen Siliziumträgern abscheidet, wodurch der Materialverbrauch halbiert wird. Diese Methode könnte die Produktionskosten weiter senken und die Abhängigkeit von Polysilizium reduzieren. Zudem wird die Kontaktierung mit Silber minimiert, um Kosten zu sparen, während Kupfer durch Diffusionsbarrieren kontrolliert wird, um Verunreinigungen zu verhindern. Bifaziale Module, die Licht von beiden Seiten nutzen, erhöhen die Effizienz zusätzlich.

Wasserstoff und Energiespeicherung

Weber betont, dass die Speicherung von überschüssigem Solarstrom ein Schlüssel zur Energiewende ist. Wasserstoffproduktion durch Elektrolyse ist eine bewährte Technologie, die jedoch noch kostengünstiger werden muss. Er schlägt vor, kleinere Elektrolyseure mit Batteriespeichern zu kombinieren, um Schwankungen der Solarenergie auszugleichen. Second-Life-Batterien aus Elektroautos könnten zudem kostengünstige Speicherlösungen bieten. In Deutschland könnten überschüssige 5–6 Terawattstunden Strom jährlich in Wasserstoff umgewandelt werden, anstatt abgeschaltet zu werden, was ein ökonomisches Modell mit Wasserstoffpreisen von etwa 5 Euro pro Kilogramm ermöglicht.

Zukunft der Energiewende

Weber sieht die Kombination von Sonne und Wind als Vorteil für Deutschland, da sie die Einspeisung erneuerbarer Energien auf bis zu 4000 Stunden pro Jahr erhöht. Dezentraler Ausbau, etwa auf Hausdächern, und große PV-Anlagen für die Industrie ergänzen sich. Er kritisiert die frühere Bremsung des PV-Ausbaus durch politische Entscheidungen, etwa unter Minister Altmaier, und plädiert für eine stärkere heimische Solarindustrie, um Abhängigkeiten zu vermeiden. Kernenergie hält er für riskant und ungeeignet, während die Fusionstechnologie trotz spannender Forschung keine kostengünstige Lösung für die Stromerzeugung bieten wird.

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Wichtige Stichworte: Silizium, Photovoltaik, Energiewende, Wasserstoff, Kostenentwicklung

Dienstag, 5. August 2025

Vince Ebert

Gespräch mit Vince Ebert: Physik, Kabarett und die Rolle der Wissenschaft

Das vollständige Gespräch mit Vince Ebert auf YouTube:

In diesem Energiegespräch spricht Prof. Dr. Eduard Heindl mit Vince Ebert, einem Physiker und Kabarettisten, der mit seinem Buch Lichtblick statt Blackout auf der Spiegel-Bestsellerliste landete. Ebert verbindet wissenschaftliche Expertise mit humorvoller Kommunikation, um komplexe Themen wie Energie, Fortschritt und gesellschaftliche Herausforderungen einem breiten Publikum näherzubringen. Das Gespräch beleuchtet seine Karriere, die Bedeutung der Wissenschaft und die Herausforderungen der Technologieakzeptanz in Deutschland.

Vom Physiker zum Kabarettisten

Vince Ebert studierte Physik und arbeitete zunächst in der Festkörperphysik, fand jedoch in der Forschung keine Erfüllung. Nach einigen Jahren in der Unternehmensberatung, die er als unbefriedigend empfand, ermutigte ihn seine damalige Freundin, seine Fähigkeit, komplexe Themen humorvoll zu erklären, auf der Bühne einzusetzen. So begann seine Karriere als Kabarettist, in der er Wissenschaft emotionalisiert und verständlich macht. Sein Ziel ist es, die Faszination für physikalische Zusammenhänge zu wecken, ohne trockene Formeln zu präsentieren.

Wissenschaft als Schlüssel zur Weltverbesserung

Ebert betont die Bedeutung der wissenschaftlichen Methode, die erst vor etwa 300 Jahren mit Experimenten und Falsifizierbarkeit etabliert wurde. Diese Herangehensweise ermöglicht es, die Welt zu verstehen und Technologien zu entwickeln, die das Leben verbessern. Er sieht Wissenschaft als Werkzeug, um Fortschritt zu gestalten, sei es durch längere Lebensdauer, bessere Ernährung oder Unterhaltung. Doch er kritisiert, dass viele den Nutzen der Wissenschaft nur in Krisensituationen wie bei medizinischen Notfällen schätzen, während sie sonst romantischen Vorstellungen von Naturverbundenheit nachhängen.

Deutsche Romantik und Technologie-Skepsis

In Deutschland prägt eine romantische Weltsicht die Einstellung zu Technologie, die oft als unnatürlich wahrgenommen wird. Ebert verweist auf die Vorstellung, dass Natur beseelt sei, wie etwa in Peter Wohllebens Buch über das „geheime Leben der Bäume“. Diese Romantik führt zu einer Skepsis gegenüber Technologien wie Kernenergie oder Gentechnik. Gleichzeitig beobachtet er eine paradoxe Haltung: Während Technologie im Alltag genutzt wird, träumen viele von einer vermeintlich harmonischeren Vergangenheit. Diese Ambivalenz erschwert es, Jugendliche für Ingenieurwissenschaften zu begeistern.

Kernenergie: Fakten versus Emotionen

Ein zentrales Thema des Gesprächs ist die Kernenergie, die in Deutschland stark kontrovers diskutiert wird. Ebert hebt hervor, dass die Risiken der Kernenergie im Vergleich zu anderen Energieträgern wie Kohle oder Öl wissenschaftlich gesehen minimal sind. So verursacht Kernenergie kaum Todesfälle, und selbst das Problem des Atommülls wird übertrieben wahrgenommen – etwa im Vergleich zu Millionen Tonnen hochgiftiger Chemieabfälle. Dennoch dominiert in Deutschland eine emotional geprägte Ablehnung, die durch eine starke Anti-Atomkraftbewegung verstärkt wird. Ebert plädiert für eine faktenbasierte Diskussion und kritisiert die moralische Bewertung von Energieformen.

Herausforderungen der Energiewende

Ebert sieht in der deutschen Energiewende ein planwirtschaftliches Konstrukt, das Innovationen durch Vorgaben hemmt. Anstatt ergebnisoffene Rahmenbedingungen zu schaffen, setzt die Politik auf bestimmte Technologien wie Wind- und Solarenergie, während andere wie Kernenergie ausgeklammert werden. Dies führt zu hohen Strompreisen und ineffizienten Lösungen, etwa wenn Kohlekraftwerke bei Windstille weiterlaufen. Er fordert eine Gesamtökobilanz, die alle Faktoren wie Materialverbrauch oder CO₂-Emissionen berücksichtigt, und kritisiert die einseitige Fokussierung auf einzelne Parameter.

Wissenschaftskommunikation und gesellschaftlicher Wandel

Ebert betont die Notwendigkeit, Wissenschaft nicht nur rational, sondern auch emotional zu vermitteln. Seine Auftritte zielen darauf ab, Vorurteile über die „kalte“ Wissenschaft zu entkräften und ihre Ästhetik und Euphorie zu zeigen. Gleichzeitig warnt er vor einer Vermischung von Wissenschaft und politischer Agenda in den Medien, die die Neutralität untergräbt. Er plädiert für eine aufgeklärte Gesellschaft, die Technologien wie KI oder Gentechnik nicht aus Angst ablehnt, sondern ihre Chancen nutzt. Humor sei dabei ein Schlüssel, um komplexe Themen zugänglich zu machen.

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Stichworte: Wissenschaftskommunikation, Kernenergie, Technologie-Skepsis, Energiewende, Romantik

Montag, 4. August 2025

Paul van Son

 

Gespräch mit Paul van Son: Erneuerbare Energien und die Desertec-Vision

Das vollständige Gespräch mit Paul van Son auf YouTube:

Paul van Son, Präsident der Dii Desert Energy Initiative, teilt in diesem Energiegespräch mit Prof. Dr. Eduard Heindl seine langjährige Expertise im Bereich erneuerbarer Energien und die Entwicklung der Desertec-Idee. Von seinen Anfängen in der Elektrotechnik über die Einführung des grünen Stroms in den Niederlanden bis hin zur Vision, Wüstenenergie global zu nutzen, gibt van Son Einblicke in die Herausforderungen und Chancen der Energiewende.

Werdegang und Einstieg in die Energiewelt

Paul van Son begann seine Karriere mit einem Studium der Elektrotechnik an der Technischen Universität in den Niederlanden, wo er sich früh mit Energietechnik und sogar Kernenergie beschäftigte. Nach Stationen bei Siemens in Erlangen und München, wo er an Netzleitertechnik und der Einführung von Prozessrechnern arbeitete, zog es ihn zurück in die Niederlande. Dort war er maßgeblich an einem Projekt zur Lastverteilung im Stromnetz beteiligt und wurde später Betriebsführer eines Netzbetreibers. In den 1990er Jahren baute er für ein amerikanisches Beratungsunternehmen den Bereich Netzführung und -strategie in Europa auf, bevor er bei Essent in den Energiehandel einstieg. Dort war er an der Einführung des grünen Stroms beteiligt, einer Innovation, die in den Niederlanden ihren Ursprung hatte.

Die Geburt des grünen Stroms

Van Son erzählt, wie die Idee des grünen Stroms in den Niederlanden entstand, inspiriert von „Öko-Eiern“, bei denen das Produkt selbst (Eier oder Elektronen) gleich bleibt, aber die Produktionsweise umweltfreundlicher ist. 1998 wurde ein Zertifizierungssystem für grünen Strom entwickelt, die sogenannte „Garantie of Origin“. Dieses System stellte sicher, dass Strom aus erneuerbaren Quellen wie Wind, Sonne oder Biomasse nachverfolgbar ist. In den Niederlanden führte dies zu steuerlichen Vorteilen für Verbraucher von grünem Strom, was den Ausbau erneuerbarer Energien förderte. In Deutschland hingegen stieß der Handel mit grünem Strom zunächst auf Skepsis, da man Missbrauch und Betrug fürchtete. Dennoch zeigte sich, dass solche Zertifikate die Energiewende beschleunigen konnten, wie es in den Niederlanden, Skandinavien und Großbritannien erfolgreich umgesetzt wurde.

Die Desertec-Idee: Energie aus der Wüste

Die Desertec-Initiative, die van Son seit 2009 als Geschäftsführer leitet, entstand aus der Vision, die enorme Sonneneinstrahlung in Wüstenregionen, insbesondere Nordafrika, für die Energieversorgung Europas zu nutzen. Anfangs konzentrierte sich das Projekt auf Solarthermie-Kraftwerke, da Photovoltaik (PV) damals noch zu teuer war. Studien zeigten, dass die Wüsten genug Energie liefern könnten, um den Bedarf Europas zu decken, doch die Kosten und die technische Umsetzung waren Herausforderungen. Van Son erkannte, dass der Fokus zunächst auf den lokalen Energiebedarf in Ländern wie Marokko liegen sollte, die keine eigenen fossilen Ressourcen haben und von Importen abhängig sind. Marokko wurde so zu einem Vorreiter im Ausbau von Solar- und Windenergie.

Evolution der Technologie: Von Solarthermie zu Photovoltaik

Zu Beginn der 2000er Jahre galt Solarthermie als die vielversprechendste Technologie für Wüstenregionen, da sie besser für direkte Sonneneinstrahlung geeignet schien. Doch die Kosten für Photovoltaik sanken rapide, und heute liegt die Stromerzeugung aus PV bei etwa 1 Cent pro Kilowattstunde in vielen Regionen. Windenergie, insbesondere in Küstengebieten wie Marokko oder Ägypten, ergänzt die Solarenergie, da sie auch nachts verfügbar ist. Diese Entwicklung hat die ursprüngliche Desertec-Idee verändert: Statt nur Strom nach Europa zu exportieren, liegt der Fokus nun auf der lokalen Nutzung erneuerbarer Energien, kombiniert mit der Produktion von Wasserstoff und Ammoniak für industrielle Anwendungen.

Herausforderungen und Chancen in Nordafrika und Nahost

Länder wie Ägypten, Oman und Saudi-Arabien treiben den Ausbau erneuerbarer Energien voran, während andere, wie Algerien und Libyen, aufgrund politischer Instabilität zurückbleiben. Van Son betont, dass stabile Länder wie Marokko und Saudi-Arabien von den wirtschaftlichen Vorteilen profitieren, da Solar- und Windprojekte Arbeitsplätze schaffen und die Abhängigkeit von fossilen Importen reduzieren. Große Projekte wie die Wasserstoff- und Ammoniakproduktion in Saudi-Arabiens Neom-Stadt zeigen, wie erneuerbare Energien industrielle Innovationen fördern. Die Finanzierung solcher Projekte erfolgt zunehmend durch internationale Banken, während lokale Förderbanken und Ölreserven eine wichtige Rolle spielen.

Die Zukunft: Globale Energiewende und CO2-Reduktion

Van Son ist überzeugt, dass die Energiewende weltweit voranschreitet, getrieben durch die niedrigen Kosten erneuerbarer Energien. Doch um die CO2-Emissionen schnell genug zu reduzieren, braucht es zusätzlichen Druck durch CO2-Preise oder -Abgaben. Er plädiert für einen globalen Klimaklub, der CO2-Preise einführt und Länder schrittweise einbindet. Erneuerbare Energien werden aufgrund ihrer Wirtschaftlichkeit die Energieversorgung dominieren, doch staatliche Anreize wie Zertifikate für grünen Strom oder Vorgaben für erneuerbare Energien können den Prozess beschleunigen. Van Son sieht die internationale Zusammenarbeit, etwa durch Klimakonferenzen wie COP28 in Dubai, als entscheidend, um die globale Energiewende voranzutreiben.

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Stichworte: Erneuerbare Energien, Desertec, grüner Strom, Solarthermie, Wasserstoffproduktion

Sonntag, 3. August 2025

Prof. Dr. Dirk Uwe Sauer

 

Energiegespräch mit Prof. Dr. Dirk Uwe Sauer

Das vollständige Gespräch mit Prof. Dr. Dirk Uwe Sauer auf YouTube:

Im Energiegespräch mit Prof. Dr. Eduard Heindl teilt Prof. Dr. Dirk Uwe Sauer, führender Experte für Batterietechnologien, Einblicke in die Entwicklung und Anwendung von Speichersystemen. Das Gespräch beleuchtet den Übergang von traditionellen Blei-Batterien zu modernen Lithium-Ionen-Systemen, zukünftige Alternativen und die Rolle von Speichern in der Energiewende.

Blei-Batterien: Zuverlässig und etabliert

Blei-Batterien dominieren weiterhin in Anwendungen wie Starterbatterien in Fahrzeugen aufgrund ihrer hohen Zuverlässigkeit und einfachen Handhabung ohne Elektronik. Sauer erklärt, dass Blei ein stabiler Katalysator ist, der die Selbstentladung minimiert, und weltweit recycelbar. Trotz einer globalen Kapazität von etwa einer Terawattstunde verlieren sie in stationären Speichern an Boden, da der Wirkungsgrad niedriger und die Lebensdauer kürzer ist als bei Lithium-Systemen. Früher machten sie zwei Drittel der Hausspeicher aus, heute sind es fast nur noch Lithium-Batterien durch Economies of Scale aus der Elektronikbranche.

Lithium-Ionen-Batterien: Funktionsweise und Vorteile

Lithium-Ionen-Batterien basieren auf Interkalation, bei der Lithium-Ionen zwischen Kristallstrukturen wandern, ohne die Elektroden aufzulösen – im Gegensatz zu Blei-Systemen. Dies ermöglicht höhere Energiedichten und Langlebigkeit. Sauer beschreibt den Elektrolyten als organische Lösungsmittel, die brennbar sind, aber sicherer als metallisches Lithium. Probleme wie Volumenausdehnung (bis 10%) führen zu Alterung, besonders bei tiefen Entladungen. Im Vergleich zu Blei eignen sie sich besser für mobile Anwendungen, wo Gewicht und Volumen entscheidend sind, und erreichen Wirkungsgrade von über 90%.

Zukünftige Technologien: Festkörper und Natrium-Ionen

Festkörperbatterien versprechen höhere Sicherheit durch nicht-brennbare Elektrolyte, ermöglichen aber nur bei hohen Temperaturen (z. B. 80°C) gute Leitfähigkeit. Sauer skeptisch: Produktion ist komplex, da dünne Keramikschichten fehlerfrei sein müssen. Natrium-Ionen-Batterien, ähnlich zu Lithium, nutzen günstiges Natrium und vermeiden Kobalt/Nickel; sie eignen sich für mittlere Reichweiten (300-350 km) und stationäre Speicher. Andere Ansätze wie Lithium-Luft oder Zink-Batterien scheitern oft an niedrigen Wirkungsgraden und Aufladbarkeit.

Speicherung in der Energiewende: Batterien vs. Wasserstoff

Batterien eignen sich für tägliche Fluktuationen (Wirkungsgrad bis 97%), während Wasserstoff für saisonale Speicherung (z. B. Dunkelflauten) mit 40% Wirkungsgrad dient. Sauer trennt klar: Kurzfristig Batterien, langfristig Wasserstoff in Kavernen (günstig bei 0,50 €/kWh). Pumpspeicher konkurrieren, aber dezentrale Batterien (z. B. aus E-Autos) bieten Netzentlastung. Flow-Batterien sind teurer und weniger effizient. Insgesamt: Bis 50% Erneuerbare kein Bedarf an Speichern, darüber hinaus wirtschaftlich notwendig.

Rohstoffe, Recycling und globale Herausforderungen

Rohstoffengpässe bei Lithium und Kobalt drohen kurzfristig durch Minenbauverzögerungen, aber Reserven wachsen mit Preisen. Recycling ist machbar (100% bei Lithium), doch bis 2035 nur 25% aus Altmaterial. Sauer betont Economies of Scale in China (95% Produktion) und Europas Aufholjagd (z. B. VW-Fabriken). Energiewende bis 2030: 80% Erneuerbare machbar, aber mit Gas-Übergang und Importen (z. B. aus Südeuropa). Kernenergie sieht er ökonomisch unrentabel.

Ausblick: Erneuerbare Dominanz bis 2100

Bis 2050 dominieren Erneuerbare durch Geschwindigkeit; Fusion oder Kernkraft zu langsam und teuer. 2100: Photovoltaik als Hauptquelle, effizienter Stromnutzung priorisiert. Batterien decken Speicherbedarf, ergänzt durch Wasserstoff für Industrie und Fernverkehr.

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Batterietechnologien, Lithium-Ionen, Energiewende, Wasserstoff, Recycling

Samstag, 2. August 2025

Stimmt das Badewannenmodel

Einführung in das Badewannenmodell

Prof. Dr. Eduard Heindl, Physiker und Professor für Wirtschaftsinformatik, analysiert in seinem Vortrag das Badewannenmodell, das ursprünglich von Professor Wolfgang Eberhard entwickelt wurde und von Professor Ganteför popularisiert wurde. Dieses Modell beschreibt, wie CO2-Emissionen die Atmosphäre beeinflussen und wie natürliche Senken wie die Biosphäre und Ozeane diese Emissionen teilweise absorbieren. Ziel des Vortrags ist es, die physikalischen Grundlagen des Modells verständlich zu machen und die Zuschauer zu einer eigenen Bewertung anzuregen. „Nur wenn man versteht, was dahinter steckt, können wir das beurteilen und jeder kann natürlich sich selbst sein Urteil bilden“, betont Heindl.

Den vollständigen Vortrag finden Sie auf YouTube: 


Grundprinzip des Modells

Das Badewannenmodell vergleicht die Atmosphäre mit einer Badewanne, in die jährlich etwa 40 Milliarden Tonnen CO2 durch menschliche Emissionen eingeleitet werden. Gleichzeitig gibt es zwei „Abläufe“: die Biosphäre (Bäume, Pflanzen) und die Ozeane, die CO2 aufnehmen. Laut Heindl absorbieren die Biosphäre und die Ozeane jeweils etwa 10 Milliarden Tonnen CO2 pro Jahr, sodass nur 20 Milliarden Tonnen in der Atmosphäre verbleiben. Diese Zahlen sind durch Messungen der CO2-Konzentration und der verbrannten fossilen Brennstoffe gut belegt. Das Modell zeigt somit, dass die Atmosphäre nicht die gesamte CO2-Menge speichert, sondern natürliche Prozesse die Konzentration dämpfen.

Kritik am Modell

Kritiker des Badewannenmodells argumentieren, dass die Absorptionsfähigkeit der Senken von den Emissionen abhängt: Weniger Emissionen führen zu geringerer Absorption, mehr Emissionen zu höherer. Zudem wird diskutiert, ob die Senken irgendwann erschöpft sein könnten, was ein Kohlenstoffbudget notwendig machen würde – eine strikte Obergrenze für CO2-Emissionen. Heindl weist darauf hin, dass solche Diskussionen oft politisch-ideologisch geprägt sind: „Manche sagen, diese Reduktion um 50%, die wirkt ja verharmlosend und dann sieht man ja gar nicht, wie schlimm es ist.“ Er betont jedoch, dass sein Fokus auf der Physik liegt, nicht auf ideologischen Debatten.

Erweiterung des Modells

Heindl erweitert das Badewannenmodell, indem er drei „Gefäße“ betrachtet: die Atmosphäre (3200 Gigatonnen CO2), die Biosphäre (9000 Gigatonnen gebundenes CO2) und die Ozeane (140.000 Gigatonnen gelöstes CO2). Diese Gefäße stehen in einem ständigen Austausch. Die Ozeane, die 72% der Erdoberfläche bedecken, haben eine enorme Kapazität zur CO2-Aufnahme, da CO2 als Carbonat gespeichert wird. Die Biosphäre profitiert von höheren CO2-Konzentrationen durch besseres Pflanzenwachstum, was jedoch langfristig durch Sättigung begrenzt sein könnte. „Die Ozeane sind ja im Schnitt um die 5000 m tief. Das heißt, die Wassermenge des Ozeans ist extrem groß“, erklärt Heindl.

Szenarien: Reduktion oder Stillstand?

Heindl untersucht zwei Szenarien: eine radikale Reduktion der CO2-Emissionen auf null und eine Halbierung auf 20 Gigatonnen pro Jahr, wie von Ganteför vorgeschlagen. Bei einem Emissionsstopp würde sich nach etwa 100 Jahren ein Gleichgewicht einstellen, bei dem die CO2-Konzentration in der Atmosphäre auf etwa 282 ppm sinkt. Bei einer Halbierung der Emissionen bleibt die Konzentration stabil, da die Senken die verbleibenden 20 Gigatonnen absorbieren. Langfristig könnten jedoch die Biosphäre und die Ozeane an ihre Grenzen stoßen, insbesondere die Biosphäre durch Prozesse wie Verrottung.

Fazit und Ausblick

Das Badewannenmodell zeigt, dass eine Halbierung der Emissionen die CO2-Konzentration in der Atmosphäre stabilisieren könnte, während ein vollständiger Emissionsstopp die Konzentration senken würde. Heindl betont, dass die physikalischen Prozesse gut verstanden sind, aber die Umsetzung ambitionierter Reduktionen schwierig ist, da unsere Zivilisation stark von fossilen Brennstoffen abhängt. Er plädiert dafür, die Diskussion auf wissenschaftliche Fakten zu stützen und Spekulationen über ferne Zukunftszenarien zu vermeiden. Der Vortrag regt dazu an, die komplexen Zusammenhänge zwischen Emissionen, Senken und Klima selbst zu bewerten.

Den vollständigen Vortrag finden Sie auf YouTube: [Link zum Video]

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Stichworte: Badewannenmodell, CO2-Emissionen, Biosphäre, Ozeane, Kohlenstoffbudget

Wilfried Hahn

 

Gespräch mit Wilfried Hahn

Das vollständige Gespräch mit Wilfried Hahn auf YouTube:


Prof. Dr. Eduard Heindl spricht mit Wilfried Hahn, einem erfolgreichen Unternehmer und ehemaligen Leiter des Handwerkzeugherstellers Wiha, über die Herausforderungen der Energieversorgung in der Industrie, die Bedeutung stabiler Energiequellen und die vielversprechende Zukunft von Thorium-basierten Molten-Salt-Reaktoren. Hahn, der inzwischen im Aufsichtsrat von Copenhagen Atomics tätig ist, teilt seine Einblicke aus seiner unternehmerischen Erfahrung und seinem Engagement für innovative Energielösungen.

Energieversorgung in der Industrie: Herausforderungen und Kosten

Wilfried Hahn betont, wie essenziell eine zuverlässige und kostengünstige Energieversorgung für die Industrie ist. Sein Unternehmen Wiha, ein weltweit führender Hersteller von Handwerkzeugen, betreibt energieintensive Prozesse wie Härtereien und Spritzgussanlagen. Diese Prozesse erfordern stabile Strom- und Gasquellen. In Deutschland sind die Energiekosten in den letzten Jahren stark gestiegen, was die Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt, insbesondere im Vergleich zu Ländern wie Polen oder Vietnam, wo Energiekosten deutlich niedriger sind. Hahn hebt hervor, dass die Energiekrise und die Abhängigkeit von Gas die Produktionskosten erheblich erhöht haben. Eine Unterbrechung der Stromversorgung wäre für ein Unternehmen wie Wiha katastrophal, da Produktion und Kommunikation vollständig zum Erliegen kämen.

Globale Standorte und Energiepolitik

Wiha betreibt Produktionsstätten nicht nur in Deutschland, sondern auch in Polen und Vietnam. Hahn erklärt, dass die Energieversorgung in Vietnam zwar verbessert wurde, aber immer noch nicht die Stabilität westlicher Länder erreicht. Dennoch ist Vietnam ein attraktiver Standort, da viele Unternehmen aufgrund steigender Löhne in China dorthin ausweichen. In Deutschland hingegen ist die Versorgungssicherheit derzeit noch hoch, doch die hohen Energiepreise belasten die Industrie. Hahn betont, dass eine stabile Energiepolitik entscheidend ist, um im globalen Wettbewerb mit Ländern wie den USA oder China konkurrenzfähig zu bleiben, wo Energie oft günstiger verfügbar ist.

Der Atomausstieg in Deutschland: Eine kritische Betrachtung

Hahn kritisiert den deutschen Atomausstieg, der nach dem Fukushima-Unfall 2011 beschleunigt wurde. Er sieht darin eine Entscheidung, die unter gesellschaftlichem und medialem Druck gefällt wurde, obwohl Deutschland über einige der sichersten Kernkraftwerke der Welt verfügte. Die Abschaltung dieser Kraftwerke ohne adäquaten Ersatz durch erneuerbare Energien oder andere zuverlässEnergieversorgung, Industrie, Thorium-Reaktoren, Atomausstieg, Copenhagen Atomicsige Quellen gefährdet laut Hahn die langfristige Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands als Industriestandort. Er plädiert dafür, die verbleibenden Kernkraftwerke wieder in Betrieb zu nehmen, da sie eine sichere und effiziente Energiequelle darstellen.

Thorium-Reaktoren: Eine nachhaltige Zukunft?

Ein zentrales Thema des Gesprächs ist Hahns Engagement bei Copenhagen Atomics, einem Unternehmen, das Molten-Salt-Reaktoren mit Thorium entwickelt. Diese Technologie, die in den 1960er Jahren in den USA erforscht, aber aus politischen Gründen eingestellt wurde, bietet mehrere Vorteile: Thorium ist 500-mal häufiger als spaltbares Uran, die Reaktoren produzieren kein Plutonium (was die Gefahr der Waffenproduktion reduziert), und sie können sogar langlebigen Atommüll verbrennen. Hahn erklärt, dass die Reaktoren kompakt (Container-Größe), in Serie produzierbar und kostengünstig sind. Copenhagen Atomics zielt darauf ab, Strom zu weniger als zwei Cent pro Kilowattstunde zu liefern, was die Technologie wirtschaftlich attraktiv macht. Zudem sind die Reaktoren sicherer, da sie unter Normaldruck arbeiten und im Notfall die Reaktion automatisch stoppt.

Anwendungen und Visionen für Thorium-Reaktoren

Die Reaktoren von Copenhagen Atomics könnten vielseitig eingesetzt werden, etwa zur Wasserstoff- und Ammoniakproduktion, als Ersatz für Kohlekraftwerke oder sogar zur Energieversorgung von Schiffen. Hahn betont die Dezentralität dieser Technologie, die unabhängig von großen Stromnetzen funktioniert und damit geopolitische Abhängigkeiten reduziert. Ein weiterer Vorteil ist die Lösung des Endlagerproblems: Die Spaltprodukte der Thorium-Reaktoren haben eine deutlich kürzere Halbwertszeit (10–300 Jahre) im Vergleich zu herkömmlichen Reaktoren, wodurch das Problem langlebiger radioaktiver Abfälle minimiert wird.

Persönliches Engagement und Ausblick

Neben seiner unternehmerischen Karriere ist Hahn auch sportlich aktiv, etwa als Basketballer und Trainer. Sein Interesse an Technik und Wissenschaft treibt sein Engagement für die Kernenergie und den Klimaschutz an. Er plädiert für eine offene, wissenschaftsbasierte Diskussion über Energielösungen, die frei von Ideologien ist. Für die Zukunft sieht Hahn eine Energiewelt, die auf einem Mix aus Solar, Wind und Kernenergie basiert, wobei die Kernenergie eine stabile Grundversorgung bietet. Er betont die Notwendigkeit besserer Bildung, um die nächste Generation auf die Herausforderungen der Energiewende vorzubereiten.

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Wichtige Stichworte: 

Mittwoch, 30. Juli 2025

Prof. Dr. André Thess

 

Gespräch mit Prof. Dr. André Thess

Das vollständige Gespräch mit Prof. Dr. André Thess auf YouTube.

Werdegang und Einstieg in die Energietechnik

Prof. Dr. André Thess, Professor für Energiespeicherung an der Universität Stuttgart, hat einen beeindruckenden internationalen Werdegang. Geboren 1964 in Sankt Petersburg, promovierte er 1991 an der TU Dresden und war unter anderem Gastprofessor an der Stanford University und der Nagoya University. Seine Leidenschaft für Energietechnik entwickelte sich während eines Praktikums am Zentralinstitut für Kernforschung in Rossendorf. Dort kam er mit Thermodynamik, Reaktorphysik und Energietechnik in Berührung, was sein berufliches Leben prägte. „Ich bin zwar am Ende nicht Kernphysiker geworden, aber durch diese Entscheidung bin ich mit Energietechnik in Kontakt gekommen und habe sie lieben gelernt“, sagt Thess.

Energiewandlung und Wärmekraftmaschinen

Ein zentrales Thema des Gesprächs ist die Energiewandlung. Thess erläutert, dass die heutige Energiewelt von fossilen Brennstoffen und Wärmekraftmaschinen wie Dampf- oder Gasturbinen dominiert wird. Diese wandeln Wärme in mechanische Energie und letztlich in Strom um. Der Wirkungsgrad solcher Systeme ist begrenzt durch die Temperaturdifferenz zwischen heißer und kalter Seite, wie sie Carnot 1824 definierte. „Wir sind dank der 200-jährigen Geschichte der Wärmekraftmaschinen dieser theoretischen Grenze schon relativ nahe gekommen“, betont Thess. Dennoch sieht er in den nächsten Jahrzehnten eine Transformation hin zu erneuerbaren Energien wie Wind, Solar und Kernenergie.

Energiespeicherung: Die Zukunft der Energiewende

Die Energiewende erfordert neue Ansätze zur Speicherung von Strom aus fluktuierenden Quellen wie Wind und Sonne. Thess fokussiert auf sogenannte Carnot-Batterien, die Strom mittels Wärmepumpen in Wärme umwandeln, diese speichern und bei Bedarf wieder in Strom zurückverwandeln. Solche Systeme könnten Speicherkapazitäten von mehreren hundert Gigawattstunden erreichen, was für eine Industrienation wie Deutschland essenziell ist. Thess hebt hervor: „Die große Herausforderung besteht darin, Wärmepumpe, Wärmespeicher und Wärmekraftmaschine so zu optimieren, dass der Wirkungsgrad möglichst nahe an 100% kommt.“ Im Vergleich zu Lithium-Ionen-Batterien sind Carnot-Batterien für großskalige, langfristige Speicherung geeignet, während Batterien für kurzfristige Speicherung besser sind.

Kernenergie: Emotionen versus Fakten

Ein kontroverses Thema ist die Kernenergie. Thess kritisiert die emotionale Ablehnung in Deutschland, die nicht immer auf wissenschaftlichen Fakten basiert. Er verweist auf Studien, die zeigen, dass die Kernenergie im Vergleich zu Kohle deutlich weniger Todesopfer pro Terawattstunde verursacht (0,1 gegenüber 25). Er bemängelt, dass Medien oft ungenau über Kernenergie berichten, etwa durch Vermischung von Tsunami- und Reaktoropfern in Fukushima. Thess fordert eine sachliche Debatte und verweist auf die internationale Nutzung der Kernenergie in Ländern wie den USA, Frankreich und Japan.

Wasserstoff und CO2-Vermeidungskosten

Wasserstoff wird als potenzieller Energiespeicher diskutiert, doch Thess sieht hier ökonomische Hürden. Grüner Wasserstoff kostet etwa sechs Euro pro Kilogramm, während fossiler Wasserstoff nur einen Euro kostet. Die Herausforderung besteht darin, die Kosten zu senken. Thess plädiert für Technologieneutralität und einen CO2-Preis, der den Markt steuert, anstatt politische Vorgaben. Bei der CO2-Vermeidung betont er die Effizienz: „Die Modernisierung eines indischen Kohlekraftwerks spart eine Tonne CO2 für etwa 50 Euro, ein Elektroauto in Deutschland kostet 500 Euro pro Tonne.“ Kernkraftwerke liegen bei 100–200 Euro pro Tonne, was sie zu einer effizienten Klimaschutzmaßnahme macht.

Kulinarische Thermodynamik: Wissen mit Genuss verbinden

Ein ungewöhnlicher Aspekt von Thess’ Arbeit ist seine Vorlesung „Kulinarische Thermodynamik“, die Thermodynamik mit Kochen verbindet. Ziel ist es, Studierende für das Fach zu begeistern und sie zum Kochen zu motivieren. Beispielsweise wird die Wärmeübertragung anhand von Bratpfannen analysiert, gefolgt von Verkostungen. Thess kritisiert humorvoll EU-Vorschläge wie die Leistungsbegrenzung von Wasserkochern und schlägt stattdessen einen „Deckel-Zwang“ für Töpfe vor, da dies Energie spart.

Ausblick auf die Energiewelt 2100

Zum Abschluss wagt Thess eine Prognose für 2100: Fossile Energien werden durch Innovationen in Wind, Sonne, Kernenergie und möglicherweise Kernfusion zurückgedrängt. „Die Zukunft sieht anders aus, als wir sie uns heute vorstellen“, sagt er und betont, dass technologische Fortschritte und ein CO2-Preis die Energiewelt CO2-arm und kostengünstig machen könnten, ähnlich wie Innovationen die Steinzeit beendeten.


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Stichworte: Energiewandlung, Carnot-Batterien, Kernenergie, Wasserstoff, CO2-Vermeidung

Dienstag, 29. Juli 2025

Marcus Craul


Energiegespräch mit Markus Craul

Das vollständige Gespräch mit Markus Craul auf YouTube.

In diesem Energiegespräch mit Prof. Dr. Eduard Heindl spricht Markus Craul, ein erfahrener Experte im Bereich Energie- und Rohstoffhandel, über die aktuellen Entwicklungen in der Energiewirtschaft, insbesondere über Wasserstoff, Energiehandel und die Herausforderungen der Energiewende. Craul, der nach einer Bankausbildung und Tätigkeiten im Risikomanagement bei Saudi Aramco und RWE die Beratungsfirma Drasdo Collegen & Partner gründete, bietet fundierte Einblicke in die komplexen Zusammenhänge von Energiemärkten und Klimaneutralität.

Wasserstoff: Die Farbenlehre der Energiewende

Ein zentrales Thema des Gesprächs ist Wasserstoff, der als Schlüssel für die Energiewende gilt. Craul erklärt die verschiedenen „Farben“ des Wasserstoffs, die sich nach Herstellungsverfahren und CO₂-Belastung unterscheiden. Grauer Wasserstoff wird durch Dampfreformierung aus Erdgas gewonnen, ein weitverbreitetes, aber CO₂-intensives Verfahren. Blauer Wasserstoff nutzt ebenfalls Erdgas, speichert jedoch das entstehende CO₂ unterirdisch mittels CCS-Technologie (Carbon Capture and Storage). Türkiser Wasserstoff entsteht durch Methanpyrolyse, bei der fester Kohlenstoff anstelle von CO₂ anfällt, was ihn klimafreundlicher macht. Grüner Wasserstoff, der „Champagner der Energiewende“, wird durch Elektrolyse mit Strom aus erneuerbaren Quellen wie Wind oder Sonne hergestellt und ist vollständig CO₂-neutral. Weitere Varianten wie roter (aus Kernenergie) oder gelber Wasserstoff (aus einem unklar definierten Strommix) werden ebenfalls erwähnt. Craul betont, dass grauer Wasserstoff derzeit am günstigsten ist, da er etwa neunmal weniger Strom als grüner Wasserstoff benötigt.

Herausforderungen der Wasserstoffwirtschaft

Die Herstellung und der Transport von Wasserstoff stellen große Herausforderungen dar. Grüner Wasserstoff ist aufgrund hoher Stromkosten und der teuren Elektrolyseure deutlich teurer, mit Produktionskosten von etwa 4,50 bis 8 Euro pro Kilogramm. Für den Transport wird Wasserstoff oft in Ammoniak umgewandelt, was zusätzliche Energie erfordert. In Deutschland würde der importierte Ammoniak wieder in Wasserstoff zurückverwandelt, was die Prozesskette komplex und energieintensiv macht. Craul hebt hervor, dass Wasserstoff besonders in Brennstoffzellen effizient genutzt werden kann, um Strom zu erzeugen, jedoch sind viele Anlagen noch nicht „wasserstoffready“, da Wasserstoff korrosiv ist und Anpassungen erfordert.

Energiemärkte und Preisbildung

Im Bereich des Energiehandels erläutert Craul die Funktionsweise der Strombörse, insbesondere der EEX in Leipzig. Dort werden Terminkontrakte für Strom (Futures) gehandelt, von Jahres- bis Tagesprodukten. Die Preisbildung folgt dem Merit-Order-Modell, bei dem der Preis durch das teuerste eingesetzte Kraftwerk bestimmt wird, oft Gaskraftwerke. Erneuerbare Energien wie Wind und Sonne haben nahezu keine Grenzkosten, was bei hohem Angebot zu negativen Strompreisen führen kann. Dies stellt eine Herausforderung für die Zukunft dar, wenn der Ausbau erneuerbarer Energien weiter zunimmt. Craul betont, dass Speichertechnologien wie Pumpspeicherkraftwerke oder Elektrolyseure notwendig sind, um Überschussstrom sinnvoll zu nutzen.

Klimaneutralität und globale Herausforderungen

Die Diskussion über Klimaneutralität zeigt die globalen Unterschiede auf. Während Deutschland nur etwa 2 % der weltweiten CO₂-Emissionen verursacht, wachsen die Emissionen in Ländern wie China und Indien durch den Ausbau fossiler Kraftwerke. Craul schlägt vor, dass ein globaler CO₂-Preis oder Zölle auf CO₂-intensive Produkte die Wettbewerbsfähigkeit grüner Technologien steigern könnten. Allerdings warnt er vor Handelshemmnissen, die durch solche Maßnahmen entstehen könnten. Die EU fördert klimaneutrale Technologien durch den Green Deal und die EU-Taxonomie, die bestimmte Energiequellen wie Kernkraft und Erdgas unter Auflagen als „grün“ klassifiziert, um Investitionen in nachhaltige Projekte zu lenken.

Zukunft der Energieversorgung

Blickend in die Zukunft (z. B. 2050) glaubt Craul, dass fossile Brennstoffe weiterhin eine Rolle spielen werden, da die globale Umstellung auf erneuerbare Energien Zeit benötigt. Kernenergie wird in vielen Ländern weiter genutzt, da sie eine zuverlässige und CO₂-arme Energiequelle darstellt. Fortschritte in der Kernfusion könnten langfristig eine Rolle spielen, sind aber noch nicht serienreif. Elektromobilität und Wasserstofftechnologien werden zunehmen, doch der Übergang wird von wirtschaftlichen und politischen Anreizen abhängen.

Finanzierung und Investitionen

Die Finanzierung erneuerbarer Energien wird durch die EU-Taxonomie und ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) gefördert. Investoren, darunter große Fonds wie der norwegische Staatsfonds, lenken Kapital zunehmend in nachhaltige Projekte. Dies beeinflusst Unternehmen, nachhaltige Produkte zu entwickeln, um Zugang zu günstigeren Finanzierungen zu erhalten. Craul betont, dass die steigenden Zinsen die Finanzierung großer Infrastrukturprojekte wie Solarparks erschweren, da die Anfangsinvestitionen hoch sind und die Erträge unsicher bleiben.

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Wichtige Stichworte: Wasserstoff, Energiewende, Energiehandel, Klimaneutralität, EU-Taxonomie

Montag, 28. Juli 2025

Robert Werner

 

Gespräch mit Robert Werner

Das vollständige Gespräch mit Robert Werner auf YouTube.


In diesem Energiegespräch spricht Prof. Dr. Eduard Heindl mit Robert Werner, einem erfahrenen Experten für Energiewende und Mitbegründer des Hamburg Instituts, über die Herausforderungen und Chancen der Energiewende. Das Gespräch beleuchtet Themen wie erneuerbare Energien, Wärmeversorgung, Naturschutz und die Rolle der Stadtwerke. Werner teilt seine langjährigen Erfahrungen und bietet Einblicke in innovative Lösungen für eine klimaneutrale Zukunft.

Werdegang und Motivation

Robert Werner engagiert sich seit seiner Jugend für Umwelt- und Energiethemen. Schon als Schüler interessierte er sich für Alternativen zur Atomkraft, die in Deutschland lange Zeit ein zentrales Thema war. Über die Jahre hat er sich im Anlagenbau, beim Aufbau eines grünen Stromanbieters (heute Green Planet Energy) und in der Beratung für Industrie und Kommunen spezialisiert. Seit über zehn Jahren arbeitet er beim Hamburg Institut intensiv an Lösungen für die Energiewende, mit Fokus auf deren praktische Umsetzung.

Wasserkraft und Naturschutz

Ein Schwerpunkt des Gesprächs ist Werners Erfahrung als kaufmännischer Geschäftsführer der Planungsgesellschaft für das Weserkraftwerk in Bremen, eines der größten Wasserkraftprojekte Norddeutschlands. Die Planung begann 2002 und zeigte, wie komplex Genehmigungsprozesse für erneuerbare Energien sind. Besonders der Naturschutz spielte eine zentrale Rolle, da die Durchlässigkeit für Fische gewährleistet werden musste. Mit einer Fischtreppe und einer Grundströmung, die den Fischen Orientierung bietet, wurde ein Kompromiss gefunden, der jedoch den Energieertrag reduzierte. Dieses Spannungsfeld zwischen Naturschutz und Ausbau erneuerbarer Energien prägt Werners Verständnis für die Energiewende.

Wärmeversorgung und Fernwärmenetze

Ein weiteres zentrales Thema ist die Wärmewende. Während der Stromsektor Fortschritte gemacht hat, stagniert die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung. Werner betont die Bedeutung von Fernwärmenetzen, die durch Technologien wie Solarthermie, Großwärmepumpen und saisonale Wärmespeicher klimaneutral gestaltet werden können. Er beschreibt innovative Speicherlösungen wie Aquiferspeicher im Untergrund oder Erdbeckenspeicher, die heißes Wasser für den Winter speichern. Diese Technologien ermöglichen eine flexible und nachhaltige Wärmeversorgung, sind jedoch kapitalintensiv und erfordern langfristige Investitionen.

Die Rolle der Stadtwerke

Stadtwerke stehen vor der Herausforderung, ihr Geschäftsmodell von fossilen Brennstoffen hin zu erneuerbaren Energien umzustellen. Werner kritisiert mengenbasierte Geschäftsmodelle, die Anreize setzen, mehr Energie zu verkaufen, statt Effizienz zu fördern. Er plädiert für Dienstleistungsmodelle, bei denen Energieeinsparung wirtschaftlich attraktiv wird. Stadtwerke könnten durch den Ausbau von Fernwärmenetzen eine Schlüsselrolle spielen, um stabile Preise und Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu gewährleisten. Dänemark wird als Vorbild genannt, wo Versorger langfristige Verträge mit stabilen Preisen anbieten.

Wasserstoff und globale Perspektiven

Wasserstoff wird als wichtiger Baustein für die Industrie und den Schwerlastverkehr gesehen, weniger für den PKW-Bereich. Werner betont, dass Wasserstoff vor allem dort eingesetzt werden sollte, wo Erdgas schwer ersetzbar ist. Die Produktion von grünem Wasserstoff erfordert jedoch einen massiven Ausbau erneuerbarer Energien, was wiederum Flächenprobleme aufwirft. International sieht Werner Kooperationen zwischen Ländern mit unterschiedlichen Stärken, z. B. Solarenergie in sonnenreichen Regionen oder Windkraft an Küsten, als Schlüssel für eine globale Energiewende.

Vision für 2100

Blickt man ins Jahr 2100, sieht Werner eine Welt, in der Solarenergie, Windkraft und Speichertechnologien die Grundversorgung sichern. Die Formel „Solar + Wind + Speicher = Energiesicherheit“ könnte global zur Standardlösung werden. Fortschritte in der Fassaden-Photovoltaik und landwirtschaftlicher Doppelnutzung könnten die Abhängigkeit von Energieimporten reduzieren. Kernenergie wird weiterhin eine Rolle spielen, vor allem in Ländern mit sicherheitspolitischen Interessen, während innovative Technologien wie Thorium-Reaktoren diskutiert werden.

Fazit

Das Gespräch zeigt, dass die Energiewende technische Lösungen bereitstellt, aber politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen entscheidend sind. Werner plädiert für mutige Experimente im Marktdesign, langfristige Investitionssicherheit und eine stärkere Fokussierung auf Energieeffizienz. Vertrauen in Politik und Stadtwerke ist essenziell, um Bürger für die Energiewende zu gewinnen.

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Stichworte: Energiewende, Wärmeversorgung, Naturschutz, Fernwärmenetze, Wasserstoff

Sonntag, 27. Juli 2025

Prof. Dr. Wolfram Münch

 

Energiegespräch mit Prof. Dr. Wolfram Münch

Das vollständige Gespräch mit Prof. Dr. Wolfram Münch auf YouTube.


In einem ausführlichen Energiegespräch mit Prof. Dr. Eduard Heindl erläutert Prof. Dr. Wolfram Münch, Leiter der Forschung bei der EnBW in Karlsruhe, aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen der Energiewende. Als Physiker und außerordentlicher Professor an der Universität Ulm bringt Münch seine umfassende Expertise ein, um Themen wie Geothermie, Wasserstoff, schwimmende Windenergie und Elektromobilität zu diskutieren. Das Gespräch beleuchtet die Forschungsschwerpunkte der EnBW, die Bedeutung erneuerbarer Energien und die technischen sowie regulatorischen Hürden auf dem Weg zu einer klimaneutralen Zukunft.

Geothermie: Potenzial und Herausforderungen

Ein zentrales Thema des Gesprächs ist die Geothermie, die Münch als „dunklen Elefanten im Raum“ beschreibt. In Deutschland wird sie vor allem zur Wärmebereitstellung genutzt, da die Temperaturen in drei bis fünf Kilometern Tiefe dafür geeignet sind. Die EnBW betreibt eine Geothermieanlage in Bruchsal, die zuverlässig Wärme und Strom liefert. Münch betont, dass Geothermie auch zur Stromerzeugung genutzt werden kann, allerdings mit hohem technischem Aufwand. Projekte wie in Suhl im Elsass, wo bis zu 5000 Meter tief gebohrt wird, zeigen das Potenzial, sind jedoch noch Forschungsvorhaben. Die hohen Kosten und bohrtechnischen Herausforderungen machen Geothermie derzeit weniger wirtschaftlich, doch Münch sieht langfristig großes Potenzial, insbesondere im Wärmesektor, wo erneuerbare Energien noch am Anfang stehen.

Wasserstoff: Schlüssel zur Dekarbonisierung

Wasserstoff spielt eine zentrale Rolle in der Energiewende, insbesondere als Ersatz für fossiles Erdgas. Die EnBW forscht an der Produktion von grünem Wasserstoff aus erneuerbarem Strom, etwa in einer Demonstrationsanlage am Hochrhein. Münch erklärt, dass Wasserstoff vor allem dann benötigt wird, wenn kein Wind weht oder die Sonne nicht scheint. Die Elektrolyse, obwohl mit einem Wirkungsgrad von 60–70 % nicht optimal, wird durch die Verfügbarkeit günstigen erneuerbaren Stroms wirtschaftlich interessant. Herausforderungen liegen in der fluktuierenden Produktion und der Notwendigkeit, Elektrolyseure flexibel hoch- und herunterzufahren. Münch sieht auch Potenzial in „blauem Wasserstoff“, der aus Erdgas mit CO₂-Abscheidung hergestellt wird, als Übergangslösung, um die Wasserstoffwirtschaft anzukurbeln.

Schwimmende Windenergie: Innovation für Küstenregionen

Die Forschung an schwimmenden Offshore-Windanlagen ist ein weiterer Schwerpunkt der EnBW. Münch beschreibt ein Projekt, bei dem ein 1:10-Modell erfolgreich getestet wurde, gefolgt von einem 1:1-Modell in China mit einer Leistung von 16–17 MW. Diese Technologie ist besonders für Küsten mit steil abfallendem Meeresboden geeignet, wie in Frankreich oder den USA, da sie unabhängig von flachen Gewässern ist. Die Herausforderung liegt in der Verbindung zur Strominfrastruktur, da Kabelverluste die Standortwahl beeinflussen. Münch betont, dass solche Projekte langfristig dazu beitragen können, erneuerbare Energien global auszubauen, auch wenn sie derzeit noch nicht wirtschaftlich sind.

Elektromobilität: Infrastruktur und Akzeptanz

Elektromobilität ist ein weiteres Kernthema der EnBW, die sich als führender Akteur beim Ausbau der Ladeinfrastruktur in Deutschland etabliert hat. Münch hebt hervor, dass die Nachfrage nach Ladesäulen steigt, wie die stets besetzten Stationen auf dem EnBW-Parkplatz zeigen. Herausforderungen liegen in der Kommunikation zwischen Fahrzeugen und Ladesäulen sowie in der Personalisierung des Ladevorgangs, die Fragen zur Privatsphäre aufwirft. Münch sieht die Zukunft der Ladeinfrastruktur eng mit der Entwicklung der Batterietechnologie verknüpft: Schnellladefähige Batterien könnten die Notwendigkeit von Laternenladen reduzieren. Der Netzausbau ist entscheidend, da Elektrofahrzeuge die Netzleistung stärker beanspruchen als herkömmliche Anwendungen.

Forschung und interdisziplinäre Zusammenarbeit

Die EnBW-Forschung ist interdisziplinär aufgestellt und arbeitet mit Geologen, Maschinenbauern und Elektrotechnikern zusammen, um die Vielfalt der Energiethemen abzudecken. Münch empfiehlt Studierenden, sich auf ein Fachgebiet wie Informatik oder Maschinenbau zu spezialisieren, da diese Kompetenzen in der Energieforschung Anwendung finden. Er betont, dass die Energiewende an Attraktivität gewonnen hat und viele Talente anzieht. Forschungsvorhaben wie Flugdrachen zur Stromerzeugung in großen Höhen zeigen die Innovationskraft, stehen jedoch vor technischen und regulatorischen Hürden, etwa bei der Steuerung oder Genehmigung.

Ausblick: Die Energiewende im Jahr 2100

Münch blickt optimistisch in die Zukunft und geht davon aus, dass im Jahr 2100 keine fossilen Energieträger mehr genutzt werden. Erneuerbare Energien wie Wind, Photovoltaik und Geothermie werden dominieren, unterstützt durch Wasserstoff als Speichermedium. Die Dekarbonisierung wird die globale Wirtschaftsstruktur verändern, wobei Regionen mit günstigen Bedingungen für erneuerbare Energien eine Schlüsselrolle spielen. Münch betont, dass der Wohlstand weiterhin auf hohem Energieverbrauch basieren wird, der jedoch nachhaltig gedeckt werden muss. Er sieht großes Potenzial in neuen Technologien, die heute noch unbekannt sind, und plädiert für offene Forschung, die auch scheinbar unrealistische Ideen wie kalte Kernfusion nicht ausschließt.

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Stichworte: Geothermie, Wasserstoff, schwimmende Windenergie, Elektromobilität, Energiewende

Freitag, 25. Juli 2025

Prof. Dr. Wolfgang Eberhard

 Gespräch mit Prof. Dr. Wolfgang Eberhardt

Das vollständige Gespräch mit Prof. Dr. Wolfgang Eberhardt auf YouTube

Einführung in die Energiewende

Im Gespräch mit Prof. Dr. Eduard Heindl erörtert Prof. Dr. Wolfgang Eberhardt, ein renommierter Energieexperte, die Herausforderungen und Lösungen der Energiewende. Mit seiner langjährigen Erfahrung, unter anderem bei Exxon und als wissenschaftlicher Geschäftsführer des Helmholtz-Zentrums Berlin, beleuchtet er die Entwicklung und den aktuellen Stand der erneuerbaren Energien. Das Gespräch fand an der Hochschule Furtwangen statt, einer Region mit hohem Solarpotenzial, und thematisiert die Rolle von Photovoltaik, Batterietechnologien und politischen Rahmenbedingungen.

Fortschritte in der Photovoltaik

Eberhardt betont, dass die Photovoltaik-Technologie, insbesondere mit kristallinem Silizium, ausgereift ist und 80 % des theoretischen Wirkungsgrads erreicht. Die Herausforderung liegt nicht mehr in der Technologieentwicklung, sondern in der kostengünstigen, großflächigen Produktion, wie sie etwa in China erfolgreich umgesetzt wird. Perowskit-Schichten als Alternative werden kritisch gesehen, da sie instabil sind und problematische Materialien wie Blei enthalten. Multischichtsysteme auf Siliziumbasis könnten jedoch die Effizienz weiter steigern.

Elektromobilität und Effizienzgewinne

Ein zentrales Thema ist die Elektromobilität. Eberhardt, selbst Tesla-Fahrer, hebt die hohe Energieeffizienz von Elektromotoren hervor, die im Vergleich zu Verbrennungsmotoren einen vierfachen Effizienzgewinn bieten. Batterien haben sich als langlebiger erwiesen, als oft angenommen, mit Lebensdauern von über 170.000 km. Dennoch sieht er Herausforderungen bei schweren Nutzfahrzeugen, wo die Energiedichte noch optimiert werden muss. Wasserstoff wird als Ergänzung für spezielle Anwendungen wie die Luftfahrt diskutiert, ist aber aufgrund der geringen Energiedichte pro Volumen für Flugzeuge problematisch.

Herausforderungen der Energiespeicherung

Die Speicherung von Energie, insbesondere zur Bewältigung saisonaler Schwankungen, bleibt eine große Herausforderung. Eberhardt schlägt vor, Überschussstrom durch Elektrolyse in Wasserstoff umzuwandeln, der dann in Gasturbinen oder für synthetische Kraftstoffe genutzt werden kann. Superkondensatoren könnten kurzfristige Leistungsspitzen abfangen, wie in Shanghai bei elektrischen Bussystemen bereits erfolgreich demonstriert. Langfristig sieht er die Notwendigkeit, die europäische Strominfrastruktur auszubauen, um geografische Schwankungen in der Erzeugung auszugleichen.

Kernenergie und politische Rahmenbedingungen

Eberhardt plädiert für eine differenzierte Sicht auf die Kernenergie, insbesondere auf Thorium-Reaktoren, die weniger problematische Abfälle produzieren und nicht für Waffen geeignet sind. Er kritisiert die deutsche Energiewende, die die vorhandenen Kernkraftwerke abschaltet, während andere Länder wie Polen oder Frankreich neue bauen. Politische Entscheidungen, die von Wählerstimmen beeinflusst werden, behindern oft den Ausbau von Übertragungsleitungen und erneuerbaren Energien. Er fordert eine ehrlichere Kommunikation mit der Bevölkerung über notwendige Infrastrukturmaßnahmen.

Globale Perspektiven und Klimaschutz

Das Gespräch thematisiert auch globale Ansätze, wie das Desertec-Projekt, das Solarenergie aus der Sahara nutzen könnte, aber durch politische Instabilität erschwert wird. Eberhardt betont die Notwendigkeit, CO2-Emissionen drastisch zu reduzieren, um die Anreicherung in der Atmosphäre zu stoppen. Er verweist auf die Keeling-Kurve, die zeigt, dass die Natur bereits einen Teil des CO2 absorbiert, und plädiert für eine europaweite Kooperation, um die Energiewende erfolgreich zu gestalten.

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Wichtige Stichworte: Photovoltaik, Elektromobilität, Energiespeicherung, Kernenergie, Klimaschutz

Prof. Dr. Gregor Dorfleitner

 Prof. Dr. Gregor Dorfleitner: Nachhaltigkeit in der Finanzwelt verstehen

Das vollständige Gespräch mit Prof. Dr. Gregor Dorfleitner auf YouTube


Vom Derivate-Spezialisten zum Pionier nachhaltiger Finanzierungen

Prof. Dr. Gregor Dorfleitner, Direktor des Center of Finance an der Universität Regensburg, hat einen ungewöhnlichen Werdegang: Nach seinem Mathematikstudium fand er über eine Stelle am Statistiklehrstuhl zum Thema DAX-Futures in die Finanzwissenschaft. Als Professor in Wien befasste er sich zunächst mit Financial Engineering. Doch die Vorboten der Finanzkrise 2008 ließen ihn zweifeln, ob er auf dem „richtigen“ Weg sei. Sein Interesse verlagerte sich auf sinnstiftendere Forschung – insbesondere in der nachhaltigen Finanzierung.

Sein Einstieg erfolgte über Mikrofinanzinstitutionen: Kredite an Menschen in Entwicklungsländern, die damit wirtschaftlich eigenständig werden. Daraus entwickelte sich seine bis heute andauernde Auseinandersetzung mit Impact Investing, das neben Rendite auch ökologische und soziale Wirkungen anstrebt.


ESG: Dreidimensionale Bewertung von Unternehmen

Ein zentrales Thema des Gesprächs ist die ESG-Bewertung – Environmental, Social, Governance. Dorfleitner erklärt die Unterschiede zwischen klassischen Ratings (etwa Triple-A für sichere Staatsanleihen) und ESG-Ratings, die zusätzlich Nachhaltigkeitsaspekte messen.

Während klassische Ratings die Rückzahlungswahrscheinlichkeit bewerten, beurteilen ESG-Ratings z. B. CO₂-Emissionen (Scope 1–3), Arbeitsbedingungen, Lieferketten, Korruptionsprävention oder Diversität im Management. Die Datenlage ist komplex: Ratingagenturen verarbeiten teils 800 Kennzahlen pro Unternehmen, gewichten sie unterschiedlich – was zu abweichenden Ergebnissen führen kann.

Dorfleitner plädiert dafür, diese Vielfalt nicht als Makel zu sehen: Es existieren eben unterschiedliche ethische Maßstäbe. Was für den einen nachhaltig ist (z. B. eine Brauerei), ist für den anderen ein Ausschlusskriterium.


Grüne Anleihen und Informationskosten

Ein Beispiel aus der Praxis: Ein Unternehmen gibt eine Anleihe heraus, um seine Produktionshallen mit Photovoltaik auszustatten. Wird die Mittelverwendung zweckgebunden und nachvollziehbar grün, spricht man von einem „Green Bond“. Für solche Anleihen gibt es wiederum eigene Ratinganbieter.

Private wie institutionelle Anleger nutzen ESG-Informationen, um ihre Investments mit persönlichen Werten oder Risikoeinschätzungen abzugleichen. Dorfleitner erläutert den Effekt der Informationskosten: Wer auf ESG-Kriterien achtet, zahlt z. B. für Datenbanken oder Analysten – was aber gut investiertes Geld sein kann, wenn es hilft, Risiken zu vermeiden.


Unternehmen und nachhaltige Investitionen: Rendite entscheidet

Unternehmen wiederum investieren nur dann in „grüne“ Projekte, wenn sie sich rechnen – oder entsprechende Förderungen erhalten. Ein CFO berichtete etwa, dass sich eine Investition in einen Hybridofen (Gas/Strom) ohne staatlichen Zuschuss nicht lohnt, obwohl er nachhaltiger wäre.

Hier zeigt sich die Rolle der Politik: Mit gezielten Zuschüssen kann der Staat Investitionsentscheidungen lenken, ohne die Marktlogik zu sprengen. Aber: Nachhaltige Investitionen müssen langfristig auch wirtschaftlich tragfähig sein – sonst sind sie nicht nachhaltig im ökonomischen Sinne.


EU-Taxonomie: Normierung mit Nebenwirkungen

Mit der EU-Taxonomie kommt eine staatlich regulierte ESG-Klassifikation ins Spiel. Sie schreibt Unternehmen vor, welche Aktivitäten als „ökologisch nachhaltig“ gelten, orientiert an sechs Umweltzielen (u. a. Klimaschutz, Biodiversität, Kreislaufwirtschaft). Unternehmen müssen selbstständig berichten, wie viel ihres Umsatzes, ihrer Investitionen oder Tätigkeiten diesen Kriterien genügen.

Kritiker bemängeln den bürokratischen Aufwand, besonders für kleine und mittlere Unternehmen. Dorfleitner erkennt die Systematik der Taxonomie an, warnt aber vor einer möglichen Planwirtschaft durch übermäßige Regulierung. Transparenz sei wichtig – doch Aufwand und Nutzen müssten im Gleichgewicht bleiben.


Greenwashing und Wirkung von ESG-Investments

Greenwashing – also der Versuch, sich durch gezielte PR oder Zertifikate „grüner“ darzustellen als man tatsächlich ist – bleibt eine Herausforderung. Insbesondere, wenn über CO₂-Zertifikate eine vermeintliche Klimaneutralität erreicht wird, ohne realen Wandel im Unternehmen.

Trotzdem sieht Dorfleitner ESG-Investitionen nicht nur als „Wohlfühlentscheidung“ (warm glow), sondern als rationalen Weg, Risiken zu minimieren und Unternehmen langfristig resilienter zu machen. Die Renditeunterschiede zwischen grünen und herkömmlichen Anleihen seien gering, doch die Marktdynamik wachse stetig.


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Stichworte: ESG-Rating, nachhaltige Geldanlage, Green Bonds, EU-Taxonomie, Unternehmensfinanzierung

Donnerstag, 24. Juli 2025

Prof. Dr. Matthias Bethge

 Prof. Dr. Matthias Bethge: Wie Maschinen lernen – und was das mit unserem Gehirn zu tun hat

Das vollständige Gespräch mit Prof. Dr. Matthias Bethge auf YouTube.

Von der Physik zur Künstlichen Intelligenz

Matthias Bethge studierte Physik und Mathematik, promovierte in Bremen und forschte in Berkeley am renommierten Redwood Center for Theoretical Neuroscience. Heute ist er Professor an der Universität Tübingen und eine der führenden Stimmen in der KI-Forschung Europas. Sein Interesse an neuronalen Netzen begann zufällig: Ein Seminar zur „nichtlinearen Dynamik in neuronalen Systemen“ weckte sein wissenschaftliches Feuer. Von der Synapsenforschung ging es über Bildverarbeitung bis zur modernen KI.

Wie kommt die Welt in den Kopf?

Bethge beschreibt die grundlegende Frage seiner Forschung so: „Wie kommt die Welt in den Kopf?“ Dabei ist das menschliche Gehirn ein System von rund 100 Milliarden Neuronen, die in komplexer Weise Informationen verarbeiten. Besonders fasziniert ihn die Netzhaut, da man hier exakt messen kann, wie Lichtreize verarbeitet und weitergeleitet werden. Diese biologische Signalverarbeitung liefert Vorbilder für KI-Systeme. Anders als klassische Computer, die Informationen in klaren Schritten verarbeiten, arbeitet das Gehirn mit massiv parallelen, oft nichtlinearen Prozessen – und ist dabei erstaunlich effizient.

Lernen in Mensch und Maschine

Während KI-Modelle wie ChatGPT mit riesigen Datenmengen und der sogenannten Backpropagation lernen, verwendet das Gehirn andere Strategien. Trotzdem gibt es Überschneidungen: Lokale Lernregeln im Gehirn – etwa das sogenannte „Häppchenlernen“ – ähneln in Grundzügen dem maschinellen Training. Bethge beschäftigt sich intensiv mit „Continual Learning“: der Fähigkeit, ständig neues Wissen aufzunehmen, ohne das Alte zu vergessen. In dieser Disziplin ist das Gehirn der KI noch deutlich überlegen.

Sprache als Schlüsseltechnologie

Ein Meilenstein in der KI war die effektive Verarbeitung natürlicher Sprache. Bethge betont: Sprachmodelle wie ChatGPT haben durch Skalierung (mehr Daten, größere Modelle) eine neue Qualität erreicht. Besonders spannend findet er den Übergang von reiner Textverarbeitung zu Systemen, die Werkzeuge benutzen, Aufgaben selbstständig erledigen und mit ihrer Umwelt interagieren – sogenannte Agentensysteme. Diese Entwicklungen könnten auch unsere Gesellschaft transformieren.

KI, Gesellschaft und Verantwortung

Bethge sieht die Menschheit vor einer doppelten Herausforderung: Technologisch schreitet KI rasant voran, während gesellschaftliche Strukturen mit dieser Dynamik kaum Schritt halten. Besonders wichtig ist ihm die Frage, wie wir KI so gestalten, dass sie den Menschen unterstützt – etwa durch persönliche Assistenten, die unabhängig von kommerziellen Interessen agieren. Auch der Datenschutz, Bildung und ein fairer Zugang zu Technologie sind für ihn zentrale Themen.

Europa muss Verantwortung übernehmen

Angesichts geopolitischer Verschiebungen, etwa dem wachsenden Autoritarismus in den USA, sieht Bethge Europa in einer entscheidenden Rolle: „Wir müssen unsere Werte verteidigen – mit Technologie, Ideen und Zusammenarbeit.“ Das Tübinger Forschungsumfeld sei stark, aber er wünscht sich mehr private Investitionen und eine bessere Verknüpfung von Grundlagenforschung und industrieller Umsetzung. Der Brain Drain Richtung USA sei lange Realität gewesen – nun könnten sich neue Chancen ergeben, Talente zurückzugewinnen.


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Stichworte: Gehirn und KI, Lernen, neuronale Netze, Sprachmodelle, Europa und Technologiepolitik

Mittwoch, 23. Juli 2025

Anna-Julia Storch

 Anna-Julia Storch – Zwischen Skispitze und KI-Start-up

Das vollständige Gespräch mit Anna-Julia Storch auf YouTube

Vom Skirennen ins Stanford-Labor

Anna-Julia Storch, aufgewachsen in Marktneukirch, hat einen bemerkenswerten Lebensweg eingeschlagen: Mit Disziplin und Ehrgeiz schaffte sie den Spagat zwischen Leistungssport und Schulbildung – und zwar auf höchstem Niveau. Ein 1,0-Abitur, sportliche Spitzenleistungen bis zur westamerikanischen Meisterschaft im Skirennen, und später ein Masterstudium in Data Science an der renommierten Stanford University prägen ihren Werdegang. Früh lernte sie, dass Priorisierung, wenig Schlaf und konsequentes Arbeiten entscheidend sind, wenn man Großes erreichen will.


Zwischen kalifornischem Fortschritt und deutscher Gründlichkeit

Storch kennt beide Welten: das leistungsorientierte, technologiegetriebene Kalifornien ebenso wie die eher konservative, differenzierte Hochschullandschaft Deutschlands. In Stanford, erzählt sie, sei der Leistungsdruck hoch, aber inspirierend – man umgebe sich mit Menschen, die die Welt verändern wollen. In Deutschland hingegen mangele es oft an Leistungsfreude, die sich etwa auch in der Rücknahme von Formaten wie den Bundesjugendspielen zeige. Für sie ist klar: Wettbewerb und Anstrengung führen zu Glück und Erfüllung – sowohl im Sport als auch im Beruf.


KI für die reale Welt: Das Start-up Drift

Mit ihrem Start-up Dryft, gegründet in den USA, entwickelt Anna-Julia Storch KI-Agenten zur Optimierung von Lieferketten. Zielgruppe: mittelgroße und große Industrieunternehmen mit komplexen Produkten. Die KI analysiert unstrukturierte Daten, erkennt Veränderungen und schlägt autonom Handlungen vor – etwa Bestellungen verschieben oder Lieferanten absagen. Der Effizienzgewinn kann Millionen einsparen. Besonders wichtig war ihr, ein Produkt zu entwickeln, das greifbaren Nutzen für bodenständige Industrieunternehmen schafft – nicht nur digitale Spielereien.


Technologie, Gesellschaft und Zukunft

Storch sieht den Klimawandel als ernstes, aber lösbares Problem – durch Innovation, nicht durch Panik oder Verbote. Sie schätzt Demonstrationen als Katalysatoren gesellschaftlicher Aufmerksamkeit, lehnt aber radikale Formen des Protests ab. Den Kernenergieausstieg hält sie für einen strategischen Fehler Deutschlands: In ihren Kreisen gilt der Ausstieg überwiegend als falsch.

Künstliche Intelligenz ist für sie das zentrale Zukunftsthema – auch in Bezug auf Energieverbrauch, Regulierung und gesellschaftlichen Wandel. Die größte Herausforderung: die sogenannte AGI (Artificial General Intelligence), also KI mit menschenähnlicher Intelligenz. Sie sieht in ihr Chancen, Arbeit von Routine zu befreien – hin zu mehr Mensch-zu-Mensch-Interaktion und sinnstiftender Tätigkeit.


Gründerin, Frau, Vorbild

Als Frau in der Tech-Start-up-Szene fühlt sie sich nicht diskriminiert, sieht aber strukturelle Gründe für den geringen Anteil an Gründerinnen: fehlende Vorbilder und geringere Risikobereitschaft. Umso mehr will sie selbst zum Vorbild werden – ohne sich aufzudrängen. Ihr Leitspruch: "Ich will weise und nützlich sein." Geld sei zweitrangig, entscheidend sei ein spannendes, bedeutungsvolles Leben.


Blick nach vorn: Bildung, Arbeit und Verantwortung

Storch plädiert für ein Bildungssystem, das fordert und inspiriert. Noten und Wettbewerb seien in jungen Jahren wichtige Motivatoren. Die zunehmende politische Zersplitterung sieht sie kritisch: Deutschland brauche wieder Persönlichkeiten, die über Parteigrenzen hinweg Einigkeit stiften können. Die Rolle Europas in der globalen Tech-Welt sieht sie gefährdet, wenn Talente weiterhin vor allem in die USA abwandern.


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Stichworte:
Künstliche Intelligenz, Leistungssport, Start-up-Gründung, Energiepolitik, Bildungssystem

Dienstag, 22. Juli 2025

Jürgen Schöttle

 Jürgen Schöttle

Das vollständige Gespräch mit Jürgen Schöttle auf YouTube.

Vom Schlosser zum Kraftwerksprofi

Jürgen Schöttle, Jahrgang 1942, begann seine berufliche Laufbahn mit einer Schlosserlehre, gefolgt von einem Maschinenbaustudium in Konstanz. 40 Jahre war er bei Siemens tätig – im Kraftwerksbau, insbesondere bei Kernkraftwerken. Seine Aufgaben reichten von der Konstruktion über die Montage bis zur weltweiten Leitung des Servicebereichs thermischer Kraftwerke. Seine tiefe technische Erfahrung und sein lebenslanger Umgang mit Energieanlagen prägen auch seine Sicht auf aktuelle Entwicklungen.

Technik, Sicherheit und jahrzehntelange Erfahrung

Schöttle spricht mit Respekt über die hohe Sicherheit und technische Raffinesse der Kernkraftwerke. Er schildert, wie auf jedes Detail geachtet wird: Schweißnähte an Reaktordruckbehältern wurden per Ultraschall mehrfach kontrolliert, Berechnungen doppelt geprüft. Die Sicherheitskultur – geprägt von konservativem Design und mehrstufiger Redundanz – sei ein Markenzeichen deutscher Ingenieurskunst.

Vom Bau zum Service – weltweit im Einsatz

Ab 1992 verantwortete Schöttle bei Siemens den Servicebereich thermischer Kraftwerke weltweit. Ob Gas-, Kohle- oder Kernkraftwerke: sein Team sorgte für Instandhaltung, Modernisierung und Reaktionsfähigkeit bei Problemen. Dabei erlebte er die Internationalisierung der Energieversorgung – mit teils sehr unterschiedlichen Standards und Herangehensweisen je nach Land.

Der Ausstieg und die verlorene Expertise

Kritisch betrachtet Schöttle den deutschen Atomausstieg. Die sichere und leistungsstarke Technologie sei aufgegeben worden – und mit ihr auch das über Jahrzehnte aufgebaute Know-how. Junge Ingenieure hätten heute kaum noch Zugang zu praktischer Ausbildung an Reaktoren. Eine Wiederinbetriebnahme abgeschalteter Anlagen hält er aus rechtlichen und politischen Gründen für ausgeschlossen, rein technisch aber möglich.

Stromnetz unter Stress – neue Anforderungen, alte Probleme

Mit Sorge sieht Schöttle die zunehmenden Herausforderungen im Stromnetz. Die fluktuierende Einspeisung aus Wind und Sonne stellt hohe Anforderungen an die Netzstabilität. Früher sei die Netzfrequenz mit rotierenden Massen der Turbinen stabilisiert worden – heute fehlt diese Trägheit. Ohne Grundlastträger wie Kern- oder Kohlekraftwerke werde das System instabiler und störanfälliger.

Energietechnik in der Schule

Nach dem Berufsleben brachte Schöttle seine Erfahrung ehrenamtlich in einer Realschule ein – insbesondere im Fach Physik. Sein Ziel: jungen Menschen ein realistisches Verständnis von Energie, Technik und physikalischen Grundlagen zu vermitteln. Für ihn ist klar: Energiedebatten müssen auf Fakten beruhen, nicht auf Wunschdenken.


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Stichworte: Kernkraftwerke, Siemens, Netzstabilität, Energietechnik, Reaktorsicherheit