Sonntag, 27. Juli 2025

Prof. Dr. Wolfram Münch

 

Energiegespräch mit Prof. Dr. Wolfram Münch

Das vollständige Gespräch mit Prof. Dr. Wolfram Münch auf YouTube.


In einem ausführlichen Energiegespräch mit Prof. Dr. Eduard Heindl erläutert Prof. Dr. Wolfram Münch, Leiter der Forschung bei der EnBW in Karlsruhe, aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen der Energiewende. Als Physiker und außerordentlicher Professor an der Universität Ulm bringt Münch seine umfassende Expertise ein, um Themen wie Geothermie, Wasserstoff, schwimmende Windenergie und Elektromobilität zu diskutieren. Das Gespräch beleuchtet die Forschungsschwerpunkte der EnBW, die Bedeutung erneuerbarer Energien und die technischen sowie regulatorischen Hürden auf dem Weg zu einer klimaneutralen Zukunft.

Geothermie: Potenzial und Herausforderungen

Ein zentrales Thema des Gesprächs ist die Geothermie, die Münch als „dunklen Elefanten im Raum“ beschreibt. In Deutschland wird sie vor allem zur Wärmebereitstellung genutzt, da die Temperaturen in drei bis fünf Kilometern Tiefe dafür geeignet sind. Die EnBW betreibt eine Geothermieanlage in Bruchsal, die zuverlässig Wärme und Strom liefert. Münch betont, dass Geothermie auch zur Stromerzeugung genutzt werden kann, allerdings mit hohem technischem Aufwand. Projekte wie in Suhl im Elsass, wo bis zu 5000 Meter tief gebohrt wird, zeigen das Potenzial, sind jedoch noch Forschungsvorhaben. Die hohen Kosten und bohrtechnischen Herausforderungen machen Geothermie derzeit weniger wirtschaftlich, doch Münch sieht langfristig großes Potenzial, insbesondere im Wärmesektor, wo erneuerbare Energien noch am Anfang stehen.

Wasserstoff: Schlüssel zur Dekarbonisierung

Wasserstoff spielt eine zentrale Rolle in der Energiewende, insbesondere als Ersatz für fossiles Erdgas. Die EnBW forscht an der Produktion von grünem Wasserstoff aus erneuerbarem Strom, etwa in einer Demonstrationsanlage am Hochrhein. Münch erklärt, dass Wasserstoff vor allem dann benötigt wird, wenn kein Wind weht oder die Sonne nicht scheint. Die Elektrolyse, obwohl mit einem Wirkungsgrad von 60–70 % nicht optimal, wird durch die Verfügbarkeit günstigen erneuerbaren Stroms wirtschaftlich interessant. Herausforderungen liegen in der fluktuierenden Produktion und der Notwendigkeit, Elektrolyseure flexibel hoch- und herunterzufahren. Münch sieht auch Potenzial in „blauem Wasserstoff“, der aus Erdgas mit CO₂-Abscheidung hergestellt wird, als Übergangslösung, um die Wasserstoffwirtschaft anzukurbeln.

Schwimmende Windenergie: Innovation für Küstenregionen

Die Forschung an schwimmenden Offshore-Windanlagen ist ein weiterer Schwerpunkt der EnBW. Münch beschreibt ein Projekt, bei dem ein 1:10-Modell erfolgreich getestet wurde, gefolgt von einem 1:1-Modell in China mit einer Leistung von 16–17 MW. Diese Technologie ist besonders für Küsten mit steil abfallendem Meeresboden geeignet, wie in Frankreich oder den USA, da sie unabhängig von flachen Gewässern ist. Die Herausforderung liegt in der Verbindung zur Strominfrastruktur, da Kabelverluste die Standortwahl beeinflussen. Münch betont, dass solche Projekte langfristig dazu beitragen können, erneuerbare Energien global auszubauen, auch wenn sie derzeit noch nicht wirtschaftlich sind.

Elektromobilität: Infrastruktur und Akzeptanz

Elektromobilität ist ein weiteres Kernthema der EnBW, die sich als führender Akteur beim Ausbau der Ladeinfrastruktur in Deutschland etabliert hat. Münch hebt hervor, dass die Nachfrage nach Ladesäulen steigt, wie die stets besetzten Stationen auf dem EnBW-Parkplatz zeigen. Herausforderungen liegen in der Kommunikation zwischen Fahrzeugen und Ladesäulen sowie in der Personalisierung des Ladevorgangs, die Fragen zur Privatsphäre aufwirft. Münch sieht die Zukunft der Ladeinfrastruktur eng mit der Entwicklung der Batterietechnologie verknüpft: Schnellladefähige Batterien könnten die Notwendigkeit von Laternenladen reduzieren. Der Netzausbau ist entscheidend, da Elektrofahrzeuge die Netzleistung stärker beanspruchen als herkömmliche Anwendungen.

Forschung und interdisziplinäre Zusammenarbeit

Die EnBW-Forschung ist interdisziplinär aufgestellt und arbeitet mit Geologen, Maschinenbauern und Elektrotechnikern zusammen, um die Vielfalt der Energiethemen abzudecken. Münch empfiehlt Studierenden, sich auf ein Fachgebiet wie Informatik oder Maschinenbau zu spezialisieren, da diese Kompetenzen in der Energieforschung Anwendung finden. Er betont, dass die Energiewende an Attraktivität gewonnen hat und viele Talente anzieht. Forschungsvorhaben wie Flugdrachen zur Stromerzeugung in großen Höhen zeigen die Innovationskraft, stehen jedoch vor technischen und regulatorischen Hürden, etwa bei der Steuerung oder Genehmigung.

Ausblick: Die Energiewende im Jahr 2100

Münch blickt optimistisch in die Zukunft und geht davon aus, dass im Jahr 2100 keine fossilen Energieträger mehr genutzt werden. Erneuerbare Energien wie Wind, Photovoltaik und Geothermie werden dominieren, unterstützt durch Wasserstoff als Speichermedium. Die Dekarbonisierung wird die globale Wirtschaftsstruktur verändern, wobei Regionen mit günstigen Bedingungen für erneuerbare Energien eine Schlüsselrolle spielen. Münch betont, dass der Wohlstand weiterhin auf hohem Energieverbrauch basieren wird, der jedoch nachhaltig gedeckt werden muss. Er sieht großes Potenzial in neuen Technologien, die heute noch unbekannt sind, und plädiert für offene Forschung, die auch scheinbar unrealistische Ideen wie kalte Kernfusion nicht ausschließt.

Sie finden alle Videos unter https://energiespeicher.blogspot.com/p/energiegesprache-mit-eduard-heindl.html

Stichworte: Geothermie, Wasserstoff, schwimmende Windenergie, Elektromobilität, Energiewende

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