Sonntag, 9. Juni 2013

Bericht von der Speicher Tagung des VDI

Bericht von der Speicher Tagung des VDI 

Zum dritten Mal fand die VDI - Fachkonferenz "Energiespeicher für die Energiewende", diesmal in Mainz, unter der Leitung von Professor Michael Sterner statt.
Die komplexe Gesetzgebung für Energiespeicher, visualisiert von Hauptmeier (RWE)

Überblick von T. Bischoff

Im Überblicksvortrag von Thorsten Bischoff aus dem Referat 14 des Bundesministeriums für Umwelt erläuterte einige Fehler bei der Speicher Diskussion.
Unternehmen suchen neue Geschäftsmodelle für Speicher, dabei muss man zwischen netzdienlichen* Leistungen im Sekunden und Minutenbereich und auf der anderen Seite mittel- und längerfristiger Speicherung unterscheiden. Bisher wurden alle diese Leistungen von Großkraftwerken erbracht, ohne dass man über einen Markt für diese Leistungen nachgedacht hat.
Im Gegensatz zur offiziellen Regierungsmeinung geht Bischoff davon aus, dass 2020 bereits 45% fluktuierenden Erneuerbare Energien (EE) am Netz sind und damit die Speicherung von großen Strommengen früher kommen wir.
Zunächst ist es billiger, Überschussstrom wegzuwerfen als zu speichern, aber nach der schwierigen Übergangsperiode werden Speicher sehr wichtig.
Die aktuelle Förderung von Batterien macht nur Sinn, wenn sie netzdienlich sind, da es damit möglich wird, die Mitttagsspitze bei der Solarenergie zu kappen, wie er eindrucksvoll zeigte.
Ein wichtiger Hinweis war noch, dass es sehr teuer ist wenn nationale Autarkie angestrebt wir, im Verbund mit den Nachbarstaat gewinnt jeder.

Verschiedene Speicheraspekte

Professor Albert Moser von der RWTH Aachen analysierte fünf Szenarien des Speichersausbaus. Dabei zeigt sich, dass erst ab 80% EE Anteil Langzeitspeicher ökonomisch sinnvoll werden. Allerdings hat er die Rechnung mit Power-to-Gas durchgeführt, das einen sehr schlechten Speicherwirkungsgrad hat (gezeigt sind bisher 25%, es wurde sehr optimistisch mit 40% gerechnet.)
Ein Szenario das gegenüber einer vollständigen Speicherung nur die halbe Speicherkapazität hat erreicht die wirtschaftlichste Nutzung. Es sei angemerkt, das dies empfindlich von der Flexibilität der Kraftwerke abhängt, wie Hans-Martin Henning zeigte, mithin von der Anzahl der Erdgas Turbinen die Strom ins Netz liefern können. Clemens Triebel zeigte, dass 1GW Batterien etwa 10GW "must run" Kapazität wie Braunkohle oder Kernkraftwerke im Bezug auf Netzstabilisierung ersetzen kann.
Professor Dirk Sauer, ebenfalls von der RWTH Aachen, analysierte den aktuellen Batterie Markt. Die Preise für Bleibatterien liegen im Bereich von 600–2500€/kWh und Lithium-Ionen-Akku im Bereich von 2000–3800€/kWh. Offensichtlich sind diese Preise weit überhöht, wenn man die Preise der Autobatterie-Systeme vergleicht. Hier werden offensichtlich die hohen Entwicklungskosten gerade umgelegt.
Thomas Bruckner von der Universität Leipzig zeigte, dass in einigen Regionen Norddeutschlands die Zukunft in Form von sehr hohen Windenergie Anteilen bereits begonnen hat und man dabei ein gutes Modell für das zukünftige Stromnetz hat.

Neue Speichertechnologien

Am 2.Tag präsentiert Horatio von John, Geschäftsführer von der gravity power GmbH Deutschland, einen neuen Typ Schwerkraft Speicher, wie er von Jim Fiske in Kalifornien erfunden wurde. Das System ähnelt dem hier allen bekannten Lageenergiespeicher, allerdings arbeitet es vollständig unterirdisch, was erhebliche Erd-, Gesteinsbewegungen erfordert. Leider hat das Unternehmen auch noch keinen Kunden für eine Pilotanlage gefunden.
Betonkugeln statt Betonköpfe, kreative Speicherlösungen, hier von Jochen Bard präsentiert.
Ein weiterer Schwerkraftspeicher wurde von Jochen Bard präsentiert, dabei werden Betonhohlkugeln im Meer in 700m Tiefe versenkt und mit Überschussstrom leergepumpt. Dies ist für viele Offshore Windparks interessant, allerdings nicht in der Nordsee, da diese nur 20–50m tief ist. Auch hier gibt es noch keinen Prototypen, allerdings plant die Firma Hochtief demnächst eine kleine Versuchsanlage.
Richard Brody aus den USA präsentierte ein weiteres physikalisches Verfahren, indem Luft komprimiert wird und die Wärme zum Verdampfen von Wasser eingesetzt wird. Originell an dem Konzept war, dass ein Generator, wie er in Windkraftanlage eingesetzt wird, mit einem Schiffsdiesel kombiniert wurde, beides relativ günstige Maschine, da aus der Serienproduktion. Die Dieselmaschine übernimmt die Verdichtung und wird vom Generator mit Überschussstrom angetrieben, es wird daher kein Diesel eingesetzt! Die Pressluft wird in preiswerten Pipelinerohren gespeichert. Bei Strombedarf wird der Vorgang einfach umgekehrt. Laut Brody hat solch ein System einen Wirkungsgrad von 55%,sehr viel im Vergleich zu den 42%, die man bisher bei nichtadiabatischen Druckluftspeichern erreicht, allerdings wurde der Wert nicht experimentell gezeigt, so hat der Autor Zweifel.
Interessant war der Hinweis, dass in den USA immer, gesetzlich vorgeschrieben, geprüft werden muss ob eine neue Hochspannungsleitung nicht durch einen Speicher vermieden werden kann.

Power to Gas für Autos

Hermann Pengg-Bührlen von Audi zeigte, wie ein Erdgasfahrzeug komplett CO2 neutral werden kann. Dazu wurde der Lebenszyklus eines Autos analysiert:
20% der CO2 Belastung entstehen bei der Herstellung, 79% während der Nutzung durch den Treibstoffverbrauch und 1% bei der Entsorgung.
Erneuerbare Kraftstoffe, wie Ethanol stehen im Wettbewerb zu Nahrungsmittel und sind damit nicht nachhaltig. Die Lösung von Audi ist, aus Windstrom Erdgas zu erzeugen, und dieses Erdgas an normalen Erdgastankstellen zu tanken. Dieser Ansatz ist sogar geringfügig besser als ein Elektroauto, da es keine CO2 aufwendige Batterie benötigt.

Fazit

Die Energiewende hat ein grundlegendes Nachdenken über die technische Struktur unseres Stromversorgungssystems eingeleitet. Viele neue Erkenntnisse zum Funktionieren eines zuverlässigen Stromnetzes sind untersucht worden oder werden gerade genauer betrachtet.
Inzwischen gibt es auch immer mehr Ideen zum Bau von Speichern. Dabei werden verschiedene Ideen der Schwerkraftnutzung immer wichtiger.
Welche Lösungen sich durchsetzen beleibt also spannend.

*netzdienlich: Ein Stromnetz muss die Frequenz halten und kurze Lastspitzen abfangen, alle Systeme die das unterstützen sind netzdienlich. 

5 Kommentare:

  1. Lieber Herr Dr. Heindl,

    vielen herzlichen Dank für die tolle Zusammenfassung, leider konnte ich nicht elbst teilnehmen.

    mfG
    C. Wiesner, Rotokinetik

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  2. Die Zusammenfassung umreißt die gegenwärtigen Entwicklungsrichtungen der Energiespeichertechnik, lässt aber auch erkennen, wie weit man noch von den Zielen entfernt ist.

    Aber, einmal „um die Ecke gedacht“, gibt es auch noch eine andere Möglichkeit, riesige Energiemengen „zu speichern“.
    Wie auf der Seite http://dual-energy.de skizziert, ist Deutschland von einem gut ausgebauten Gasnetz und einem leistungsfähigen Stromnetz durchzogen. Die einfache Lösung ist, diese beiden Netze einfach zu verbinden und die riesige Speicherkapazität des Gasnetzes (über 220 TWh) als Zwischenspeicher einzusetzen. Dazu werden spezielle Großverbraucher für einen bivalenten Betrieb ertüchtigt. Solche Anlagen der Chemischen Industrie, der Papierindustrie, aber auch der Lebensmittelindustrie beziehen normalerweise Prozessenergie aus dem Gasnetz, können aber auch durch Elektroheizer vom Stromnetz versorgt werden. Ist nun beispielsweise zu viel Windenergie im Netz, dann fällt der Börsenpreis für Strom unter den Gaspreis und dann beziehen diese Anlagen Strom statt Gas. Das nicht verbrauchte Gas verbleibt in den Speichern. So verhält sich das System wie ein riesiger zyklenfester Energiespeicher, bei dem eine kWh elektrisch in einer kWh thermisch „gespeichert“ wird. Die Börsenpreise für Strom finden einen definierten Boden und das EEG kann besser kalkuliert werden.
    Der Wirkungsgrad wird weitgehend durch die weitere Nutzung (GuD Verstromung, KWK Kraftwerke, oder Mobiliätssektor) bestimmt. Aber wichtiger als der Wirkungsgrad sind die sehr günstigen Kosten.

    Speicher müssten nicht geschaffen werden, sondern Speicher müssten nur organisiert werden.
    Doch leider stimmen die Rahmenbedingungen nicht. So dürfen die ÜNB wegen des unbunding nicht aktiv werden , bzw. sie haben derzeit auch kein Interesse, denn bei einer garantierten Investitionsrendite von 9,3% sind einfache Lösungen, die den ganzen Netzausbau noch einmal infrage stellen würden, nicht gefragt.

    MfG

    B. Brauer

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    1. @B. Brauer
      Power to Gas ist eine schöne Idee, aber leider mit einem Wirkungsgrad von 25% völlig unpraktisch für die Stromspeicherung:
      http://energiespeicher.blogspot.de/2012/11/power-to-gas.html

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    2. Sie haben recht, Power to Gas ist gänzlich ungeeignet, da man mehrere verlustbehaftete kostenintensive Umwandlungsprozesse berücksichtigen muss.
      Hier handelt es sich aber darum, durch bivalente Verbraucher, die gleichwertig Gas und Strom für einen laufenden Prozess einsetzen können, Gas durch Windstrom zu ersetzen. Strom ersetzt also Gas in einem laufenden Prozess und das nicht verbrauchte Gas verbleibt in den Speichern. Es ist also kein Speicherverfahren im engeren Sinn, sondern ein Gasspeicher schonendes Verfahren, eben eine Substitution. Wenn Windstrom die Prozessenergie zur Verfügung stellt, dann müssen für diese Zeit die Gasspeicher nicht angezapft werden. Das System ist aber gleichwertig mit einem zyklenfesten Großspeicher.

      Bei der Substitution wird eine kWh Strom quasi in einer kWh therm.Gas „gespeichert“, da der Wirkungsgrad der elektrischen Heizelemente nahe 100% liegt. Dann muss man nur noch die thermischen Umwandlungsverluste bei der Verstromung durch die Gasturbine berücksichtigen. So kommt man zu einem Systemwirkungsgrad von 55 – 60%.

      MFG
      B. Brauer

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    3. @Brauer, Möglicherweise wird künstliches Methan im Bereich Automotiv große Bedeutung bekommen, da es möglicherweise besser ist, mit einem Methanauto zu fahren als mit einem Elektroauto, jedesmal Strom-(Gas-)Erzeugung aus Wind vorausgesetzt. Dieses Resultat hat zumindest eine Studie von Audi ergeben.

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