Samstag, 6. April 2013

Ist der Lageenergiespeicher realistisch?

Strom mit dem Lageenergiespeicher speichern

Als Erfinder des Konzepts Lageenergiespeicher muss ich natürlich vorwegnehmen, dass ich etwas voreingenommen bin, was die Machbarkeit betrifft. Aber ich werde versuchen, so gut wie möglich, objektiv zu sein.

Arbeitsweise Lageenergiespeicher

Das Prinzip des Lageenergiespeichers

Im Prinzip ist der Betrieb eines hydraulischen Lageenergiespeichers [1] sehr einfach, ein Felszylinder wird mit elektrisch angetriebenen Pumpen durch den Wasserdruck angehoben, bei Strombedarf wird das Wasser aus der Druckkammer über eine Turbine geleitet und liefert Strom. Dass man entsprechende Pumpen und Turbinen bauen kann, die im Stromnetz ökonomisch arbeiten, ist unbestritten, sonst gäbe es keine Pumpspeicherkraftwerke. In der obigen Abbildung ist dies auf der linken Bildhälfte vereinfacht angedeutet. Dass Pumpspeicherkraftwerke momentan wenig Gewinn abwerfen ist ein anderes Problem, das ich unter "paradoxe Marktsignale" schon diskutiert habe.

Bau des Zylinders

Wesentlich schwieriger ist die rechte Hälfte im Bild zu realisieren, der anhebbare Steinzylinder. Hier geht es zuerst um die Frage, kann man einen solchen Felsen freilegen. Ein einfaches Beispiel ist das künstliche Loch des Höwenegg Vulkans, das, bei recht senkrechten Außenwänden, einem "Lageenergiespeicher" mit 100m Radius recht nahe kommt.

Gesägte Steinwände in Salzburg (Googlemaps)

Senkrechte Wände kann man auch sägen, das sieht man in jedem Marmorsteinbruch. Originell ist die Situation in Salzburg, dort wurde versucht, einen Teil des Burgbergs abzusägen, trotz des schlechten Nagelfluh-Gesteins steht die senkrechte Wand immer noch sehr gut:
Noch überzeugender sollte aber das folgende Bild vom Kanal von Korinth sein:

Kanal von Korinth (Bildquelle Wikipedia)

Der Kanal von Korinth besteht aus zwei fast senkrechten Wänden, ähnlich wie beim Lageenergiespeicher, nur sind hier die Wände nicht zu einem Zylinder gerundet.

Geht man davon aus, dass man die Wände frei sägen kann, bleibt bei der Freilegung die Abtrennung des Zylinderbodens ein Problem. Hier könnte eine Maschine zum Einsatz kommen, wie sie im Bergbau oft Verwendung findet, eine Schrämmaschine. Damit werden im Kohleflöz die Kohlen aus dem Berg geholt, aber auch bei vielen anderen Aktivitäten im Bergbau entfernt man damit Gestein.

Schrämmwalze (Bildquelle: Wikipedia)

Abdichtung

Die Abdichtung des Systems besteht aus zwei Teilproblemen, zum Einem muss man alle Oberflächen die mit Wasser in Berührung kommen, mit einer wasserdichten Folie bekleben. Dies geschieht heute bei Staudämmen regelmäßig mit Geo Membranen (Hintergrundartikel: Geomembrane). Das sind Kunststofffolien, die haltbar mit dem Untergrund verschweißt werden. Bekannte Hersteller geben auf diese Folien sogar 100 Jahre Garantie, da sie hier nicht mit Sonnenlicht in Kontakt kommen, sollte es daher kein Problem mit der Dauerhaftigkeit geben.
Der zweite Teil der Abdichtung bezieht sich auf den Dichtungsring. Dieser muss den Wasserdruck von einigen 10 Bar aufnehmen. Bei einem Speicher mit 125m Radius und 8GWh Kapazität beträgt der Druck an der Dichtung etwa 50 Bar. Damit dieser Druck homogen abgeführt wird, werden mehrere Dichtungsringe mit jeweils 10 Bar Dichtungsdruck verwendet. 10 Bar ist etwa der Druck in jeder Wasserleitung oder in einem Lkw Reifen, nicht sehr ungewöhnlich. Allerdings erfordert eine Dichtung immer eine Wand, an der sie gut entlang laufen kann, hierfür ist es notwendig die entsprechende Außenfläche des Schafts mit blanker Metallfolie zu belegen. Die Form des Dichtungsrings, sehr groß, ist aus dem Tunnelbau bekannt, dort werden ebenfalls Dichtungen eingesetzt, damit ein Wassereinbruch an der Tunnelbohrmaschine abgefangen werden kann.

Verkannten und Erdbeben

Häufig wird gefragt, kann ein so großer Zylinder nicht im Schaft festklemmen? Nein, das kann er nicht, wenn die Dichtung oberhalb des Schwerpunkts liegt, das liegt daran, dass er dann wie ein Schiff schwimmt, und ein richtig gebautes Schiff ist in einer physikalisch stabilen Lage. 
Die Situation bei Erdbeben ist etwas komplizierter. Ein Erdbeben ist eine elastische Welle im Gestein, dabei bewegt sich das Gestein etwas nach Vorne und dann wieder zurück. Am Lageenergiespeicher wird diese Bewegung an das Wasser übergeben und dann an den Zylinder. Die Welle läuft sozusagen durch den Speicher hindurch, da sowohl Wasser wie auch Fels praktisch inkompressibel sind. Dass bei einem Erdbeben Gebäude einstürzen liegt hingegen daran, dass die Seitenwände zwar hervorragend die Kräfte in der Senkrechten aufnehmen können, jedoch kaum Scherkräfte, die bei einem Erdbeben so zerstörerisch wirken.

Verbleibende Probleme

Das größte Problem ist vermutlich, einen Investor zu finden, der das Risiko eingeht, einen solchen Speicher zu bauen, da er neu ist. Insbesondere kann man keinen sehr kleinen Lageenergiespeicher bauen, da der Preis aus geometrischen Gründen mit 1/r² fällt. Das bedeutet, große Speicher haben einen sehr kleinen Preis pro kWh Kapazität, sehr kleine aber einen sehr hohen Preis. Ab einem Radius von etwa 50 Meter sollte der Lageenergiespeicher aber wirtschaftlich zu bauen sein.

Weitere Information:

11 Kommentare:

  1. In der Zeitschrift Technology Review April 2013 ist das Thema Stromspeicher das Focus-Thema. Darin wird der Lageenergiespeicher auch erwähnt (S. 69). Eine recht umfassende Zusammenstellung der Speichertechniken.

    Wie kann verhindert werden dass Teile des freigelegten Zylinders abbrechen, abrutschen und sich dann alles verkeilt ?
    Die Tunnelbauer in Österreich und der Schweiz befestigen Felswände mit Gebirgsankern
    http://www.dywidag-systems.at/produkte/tunnel-und-bergbau/anker-und-felsbolzen/spreizkopfanker-klebeanker-und-sn-anker.html
    Evtl. kann damit der äußere Bereich des Zylinders stabilisiert werden.
    Wenn man um den Zylinder eine Metallbeplankung bauen könnte die entsprechend Zugfest wäre, könnte diese den Fels-Zylinder wie einen Ring umschließen und dadurch ebenfalls stabilisieren. Oder man legt Ringe von Stahlseilen aus hochfestem Stahl um den Zylinder wie sie beim Spannbetonbau verwendet werden und spannt diese entsprechend vor.

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  2. Einen neuen Gedanken den ich kürzlich zu diesem grandiosen Projekt hatte. Es wäre das größte von Menschen errichtete Bauwerk aller Zeiten.
    Die Beschleunigungskraft die zusätzlich auf diesen Speicher wirkt ist äußerst gering, da sich das Gerät nur sehr langsam auf oder abwärts bewegt.

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  3. Sehr lustiges Konzept! Im Prinzip ist der Lageenergiespeicher nichts anderes als ein Pumpspeicherwerk, wobei die Menge des Wassers sich drittelt, aufgrund der 3fach höheren Masse von Fels. Dafür handelt man sich unheimlich viele neue Probleme ein. Die sind sicherlich beherrschbar, das ist alles nur eine Frage des Geldes und somit der Subventionen.
    Geht man von 30 TWh Stromspeicherkapazität aus, die Deutschland bei 60% Windstromanteil und den wetterbedingten Schwachwindphasen hat, dann brauchen wir also 'nur' noch 1000 Lageenergiespeicher von der Dimension Goldisthals anstatt 3000. Es werden also 'nur' noch 1000 Anlagen der finanziellen Dimension von Atdorf (heute 1,7 Milliarden Euro) gebraucht, um das deutsche Stromspeicherproblem einer Energiewende zu Zappelstrom zu lösen.

    Wie dämlich muss man eigentlich sein, um in diesem Schwachsinn eine Zukunft zu sehen. Die Welt baut moderne Kernenergie, entwickelt diese fort und macht sie sicher - Deutschland baut stattdessen Windmühlen wie Griechenland vor 2500 Jahren. Hat von den Energiewende-Freunden eigentlich schon mal jemand nachgerechnet, wieviele Windmühlen wir überhaupt brauchen? Es sind gut und gerne 300.000 Stück die für 60% Windstrom auf 350.000 qkm Fläche plus 50.000 qkm Nord- und Ostsee platziert werden müssen!

    Manchmal hilft einfaches plausibles Denken, um Schwachsinn als solchen zu erkennen! Wie dämlich (oder verlogen) müssen Politiker sein, die solches untertsützen und subventionieren.

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    1. Wenn Atomkraft so sicher ist, dann könnte der ganze Atommüll bei jwabu gelagert werden! Aber bei Umzug, immer bitte schön mitnehmen und notariell festhalten wer im Falle vom Tode jwabu den Atommüll erbt :)
      Es werden heutzutage soviele Milliarden Euro an Steuergeldern verschwendet, warum nicht für ein vielversprechendes Projekt!
      Aber schon im Mittelalter hat man Visionäre und Vordenker für Ihr fortschrittliches verhalten verbrannt.
      Beruht unser wirtschaftlicher Erfolg in Deutschland nicht auch auf unserem Erfindungsgeist. Auch die Nutzung der Atomkraft wurde mal erfunden und mit vielen Steuergeldern bezahlt.
      Aber ich bin froh das jwabu den Atommüll nimmt und nicht ich oder meine Kinder das Endlager auch noch bezahlen müssen ;)

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    2. @ Anomym:

      "Geht man von 30 TWh Stromspeicherkapazität aus, [..] dann brauchen wir also 'nur' noch 1000 Lageenergiespeicher von der Dimension Goldisthals anstatt 3000."

      Aber auch nur, wenn man irrtümlicherweise annimmt, dass der Felszylinder nur so hoch ist wie der Wasserstand in einem Speichersee...

      Aber das wäre ziemlich... wie sagten Sie? Dämlich?

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  4. Hallo Professor ! Rechnen Sie mir bitte den Druck aus, der in dieser Anlage entsteht und sich ja nicht verändert, also unabhängig vom Ladezustand ist und vermutlich mit Hilfe der Grundrechnungsarten exakt errechnet werden kann. Mich wundert, dass Sie bei dem Beispiel einer Anlage mit 125 m Durchmesser den entstehenden Druck auf etwa 50 Bar
    schätzen(!), wenn er exakt errechnet werden kann.
    Ebenso wie sich die Kosten mit zunehmendem Durchmesser potenziell verringern, dürfte auch der Druck in der Potenz zunehmen, also bei 1000 Metern einige 1000 Bar betragen, den zu beherrschen mir Laien als unmöglich erscheint, zumal das ein Druck wäre, der dem bei einer Sprengstoffexplosion nahekommen dürfte, also eine nicht zu beherrschende Gefahr darstellen könnte.

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  5. Zur Frage von alfredmayer
    Der Druck hängt von der Zylinderlänge, der Gesteinsdicht und der Montageposition der Dichtung ab. Wenn wir eine Anlage mit 125 m Radius und 4000 MWh netto Speicherkapazität haben, die Gesteinsdichte 2650 kg/m³ beträgt hat der Kolben eine Länge von 213 m und an der tiefsten Stelle einen Druck von 64 Bar, 100 m weiter oben entsprechend 54 Bar (Dort könnte etwa die Dichtung liegen).
    Ein Kolben mit 1000 m Länge würde zu einem Druck in 500m Tiefe von 200 Bar führen, das ist der Druck den ein Kärcher Haushaltsreinigers verwendet. Allerdings ist eine derartige Größe aktuell nicht geplant.

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  6. Können Sie das vorrechnen, also zB. 1250 x 1250 x 2130 x 2,6 = Gewicht des Kolbens in Kilogramm, das auf die Flüssigkeit drückt...
    Wie geht die Rechnung weiter ?

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  7. Druck ist definiert als Kraft pro Fläche. Wir betrachten einen Quadratmeter, über den 213 m Gestein mit einer Dichte von 2650 kg/m³ liegen. Die Kraft wird durch die Schwerebeschleunigung 9,91 N/kg erzeugt. Die Rechnung lautet:
    213 m * 2650 kg/m³ * 9,81 N/kg = 5537254,5 N/m² oder 5537254,5 Pa (die SI Druckeinheit). Jetzt rechen wir das noch in die übliche Größe Bar um, 100000 Pa sind ein Bar und erhalten 55,3 Bar.

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  8. Induzierte Erdbeben

    Sehr geehrter Herr Heindl,

    GEGEN Erdbeben scheint Ihr Lageenergiespeicher immun zu sein; wie groß ist aber die Gefahr, dass er selbst Erdbeben AUSLÖST? Erstens durch die enorme punktuelle Gewichtszunahme, die an seinem Standpunkt entsteht? Zweitens durch seine Auf- und Abbewegung (= Erzeugung von Schwingungen durch Belastung-Entlastung), welche vermutlich einigermaßen regelmäßig stattfinden wird, Stichwort Resonanzkatastrophe?
    Zu möglichen -auch schon sehr schwachen- Auslösern von Erbeben folgender Link zur ETH Zürich: http://www.seismo.ethz.ch/de/knowledge/things-to-know/causes-of-earthquakes/induced/.
    Hier wird über „induzierte Seismizität“ durch Regenfälle (!), Geothermieprojekte, Einpressen von CO2 oder Abwässern, Förderung von Erdöl / Erdgas mittels Fracking, Berg- und Tunnelbau sowie das Befüllen von Stauseen berichtet.

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    1. Ein typischer Lageenergiespeicher, 8 GWh, bewegt 6,7 Mio. Kubikmeter Wasser zwischen Vorratsgefäß und Druckkammer unter dem Kolben. Das ist etwa die Wassermenge die täglich vom Schluchsee abgelassen wird. Dadurch wurden bisher keine Erdbeben ausgelöst.

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